Das Leben hier ist für uns zur Zeit noch jeden Tag ein Abenteuer.
Unser Haus, unser Auto, unsere Fenster (2. Stock)
Das Fahren mit dem Auto (wir hatten den Patrol vom Pastor geliehen, was dieser verkaufen will) ist schon ein besonderes Erlebnis.
Unvermeidlich, bei der 2. Fahrt den Peykan eines Taxifahrers an der Stoßstange zu touchieren. Er machte kurz die Tür auf , ob es einen Schaden gegeben hätte, fuhr dann weiter, um, als wir ihn im Stau eingeholt hatten, per Blickkontakt festzustellen, ob alles oK sei. Also, ob Autofahren so ganz das Richtige für uns ist, wissen wir nicht. Spaß macht es schon irgendwie, weil alle nach allen Seiten aufpassen, und schnell geht es eh kaum voran. Also erstmal kaufen wir nicht – zu teuer.
Am spannendsten ist es sowieso immer, wenn wir mit einem wagemutigen Taxifahrer fahren. Einbahnstraßen gelten da nicht, Fahrspuren sowieso nicht.
Hier mal unsere Wohnung in die andere Richtung:
Wir nähern uns vorsichtig an die Art des persischen Essens an. Immerhin sind Kinder sehr konservativ und wollen immer das gleiche essen. Auch hier meistens Nudeln mit nix oder Ketchup. Oder Kartoffeln mit Salz und Butter. Wie zu Hause eben.
Also müssen wir sehr behutsam vorgehen. Morgens gibt es Brot, nur nicht wie zuhause mit Vollkorn, sondern das gefährliche Weissbrot. Es gibt welches abgepackt, das Ciabatta heisst, aber meistens aus 5 trockenen Stück Brötchen besteht. Wir Erwachsenen essen da lieber das morgens und nachmittags frisch gebackene Brot aus der nahgelegenen Bäckerei. Am meisten verbreitet ist das auf einer heißen Drehscheibe gebackene Fladenbrot, das kaum 2 mm dick ist. Es wird mit einer Art bemehltem Kissen auf die Metallscheibe geknallt, die im Kreis läuft, der Bäckerkollege schwingt den Teigfladen auf das Kissen und mit dem Raufknallen wird zugleich der nach dem Rundlauf fertige Fladen runtergeholt und den Käufern hingeworfen.
Meistens werden 10 oder 20 Brote gekauft. Daher stehen meistens lange Schlangen vor den Bäckereien.
Die Bäckerei, die uns am nächsten liegt, macht das Brot, was ich am liebsten esse: Hinter einer steinernen Öffnung im Ofen liegen Kieselsteine wie auf einem Geröllfeld, die mit Gas beheizt werden. Der Ofen ist vielleicht 3 Meter in der Tiefe. Bäcker No. 1 nimmt aus der Riesenschüssel ein Teigstück, das er auf einen gebogenen Schieber aus Metall flachklopft. Mit lockerer Handbewegung hat vorher Bäcker No. 2 einige Sesamkörner auf den angefeuchteten Schieber geworfen. Die Brote werden rechteckig ausgeklopft, aber kommen komischerweise länglich, mit einer Spitze, wieder aus dem Ofen. Manchmal müssen die Steine wieder flachgeschoben werden. Ein dritter Mann steht an einem Drahtrost, wo er das Geld entgegen nimmt und die beiden Schlangen von Leuten verwaltet, die auf Brot warten. Rechts stehen Leute, die mehr als 2 Brote wollen. Links ist die Schlange von Leuten, die nur 1 oder 2 Brote brauchen. Wenn es mit einer Art Enterhaken aus dem Ofen kommt, kleben meist noch Steine am Brot, die durch das Schmeißen auf den Rost abfallen. Den Rest erledigt der Kunde selbst, wenn er auf das nächste Brot wartet. Die Brote sind so heiß, dass man sie mit bloßen Fingern kaum anfassen, geschweige denn nach Haus tragen kann. Daher liegen Zeitungen aus, in die sie gewickelt werden. Manchmal gibt es auch keine. Ein großes Brot (reicht für unser Abendessen) kostet 5000 Rial = 35 Cent. Einfach heiss in Joghurt stippen – herrlich!
Merkwürdig ist das Waschen von Früchten und Gemüsen, zu was wir durch die zur Zeit umgehende Cholera gezwungen sind. In der Anfangszeit sagte man uns, wir sollten alles in Spüliwasser einweichen, abwaschen und trocknen, bevor wir es essen. Inzwischen haben wir ein Desinfektionsmittel für Grünzeug, das hoffentlich ähnlich ungiftig ist.
Der Obsttisch ist jedenfalls stets reich gedeckt: Melonen in allen erdenklichen Größen, grüne Pfirsiche, Nektarinen, Trauben, Granatäpfel, 2€-Stückgroße Zitronen, Bananen, Ananas, Birnen, Äpfel sowieso. Es gibt nicht immer alles, also muss man manchmal improvisieren.
Beim nächsten Großeinkauf werde ich Pfirsichmarmelade kochen. Frau Pastor hat noch Gelierzucker, den es hier nicht gibt, abzugeben. Wo ich die leeren Gläser hernehmen soll, die ich dafür brauche, weiss ich noch nicht. Im Glasenberg 9 hab ich 50 Stück rumstehen…
Die Einschulung war sehr schön:
Alle Grundschulklassen hatten in der ersten Woche etwas vorbereitet, das sie vorspielen oder -tragen konnten. Und bei schönstem Wetter bei 33 Grad fand es natürlich draußen auf dem Schulhof statt.
Mit 9 Kindern ist die Klasse von Solveigh und JanIngmar die kleinste in der Grundschule, Martje hat 16 Klassenkameraden.
Der erste eigentliche Schultag für unsere Zwillinge war heute, Sonntag, danach durften sie mit zu Schulkameraden, die nahe der deutschen Botschafter-Residenz leben, und die einen Swimmingpool haben. Eigentlich haben nur wir keinen.
Das Haus, das die Familie bewohnt:
ein Traum aus den 60ern, auf 800 qm, eingequetscht zwischen Hochhäusern und anderen Villen.
Die 4000 $ Miete, die der Bund zur Zeit für das Anmieten zahlt, sind kein Grund, die Wohnung weiterhin zu vermieten. Nächstes Jahr wird das Haus abgerissen, da der Besitzer sich mit dem Erlös von 3 Mio € zur Ruhe setzen möchte. Dann entsteht hier wohl ebenfalls ein 15-stöckiges Luxusappartmenthaus.
Und so sieht die Gegend von 2600 m Höhe aus: