China #3, Xi´An

Diesmal ist alles ganz einfach. Unsere Gastfamilie bringt uns rechtzeitig zum Bahnhof, und zum ersten Mal kommen wir in den Genuss eines Schlafwagens. Wir werden an Ort und Stelle platziert, so dass wir direkt auf unsere Plätze können und fahren auf die Minute ab. Aus Kostengründen habe ich nicht die Softsleeper-, sondern Hardsleepertickets gekauft. Ich hatte gelesen, dass sie sich nur darin unterscheiden, dass die Softsleeper über Rollos(statt Vorhänge) und über Türen verfügen. Vielleicht sind sie auch noch etwas weicher.

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Heißes Wasser wird bereit gestellt, so dass man sich Tee und Nudelsuppe machen kann. Am Ende der Waggons gibt es Boiler, die zur freien Verfügung stehen, Thermoskannen stehen unter den Abteiltischen und Wägelchen mit Essen werden in regelmäßigen Abständen durch die Gänge geschoben. Eine Suppe kostet 5,5 ¥.AbteilChinabahn

Um 20:47 sind wir in PingYao losgefahren, um 7:12 kommen wir in Xi´An an. Mit einem Sammel-Taxi lassen wir uns in die Nähe des Hotels bringen, das leider an Komfort vermissen lässt. Die Stadt fasziniert aber, denn die Stadtmauer ist beeindruckend. Wir sind im muslimischen Viertel untergebracht und haben alles vor der Haustür, was das Herz begehrt. Abends pulsieren die Straßen mit Straßenverkäufern und Shops, an denen sich Touristen und Einheimische entlang schieben und ihren Spaß haben. Wer am liebsten an einem schwedischen See sitzt und angelt, ist hier fehl am Platze.

Unser erstes Frühstück besteht aus Pfannkuchen, der aus Stalaktiten und Stalagmiten hergestellt wird. Jian Bing ist lecker und enthält Salat, Ei, Frühlingszwiebeln, eine braune Soße und ein Knäckebrot ähnelndem crunchmunch.X1008576

Der Nachrichten-Raucher braucht kein Zigarettenpapier. Eine Zeitung reicht ihm:X1008591

Martje´s Mobile erfährt eine Touchscreenerneuerung für 200 Kuai.X1008603

Es zieht uns am ersten Tag auf den Glocken- und auf den benachbarten Trommelturm, die im Stadtzentrum liegen.

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Am Süßigkeitengeschäft:am Süßigkeitenstand

Der Vogelbauer-Bauer:X1008675

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Der türkische Eisverkäufer macht sich einen Spaß mit unseren Kindern und lockt so neue Kunden an. X1008888

Am kommenden Tag befahren wir die imposante Stadtmauer. Mit mehr als 16 km ist sie nicht ohne weiteres zu Fuß zu erkunden, also leihen wir Fahrräder und schaffen es gerade, in den erlaubten 100 Minuten einmal gemütlich die Runde zu fahren. Die Stadt innerhalb der Mauern ist nicht so ursprünglich wie die von PingYao, aber es gibt immer wieder schöne Ausblicke.X1008703

Der tibetische Lama-Tempel:X1008736

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Die Kleine Wildganspagode ist 14 Stockwerke hoch und bietet einen zauberhaften Ausblick über die Stadt und den angrenzenden Park. X1008857

Weswegen wir eigentlich nach Xi´An gekommen sind, ist aber die Terrakotta-Armee. Wir buchen eine geführte Tour, weil sie kaum teurer ist als der Eintrittspreis zur Ausgrabungsstätte. Dort kann man sich gegen Geld in dem 3D-Bild der Tonkrieger fotografieren lassen.X1008962

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Die flächenmäßig riesigen Ausgrabungsstätten sind schon sehr beeindruckend.X1008952

 

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Und Jan Ingmar und Solveigh haben dem Entdecker der archäologischen Stätte die Hand geschüttelt. X1009001

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Am Tag unserer Abreise fängt es an zu regnen. Wir müssen sogar Regenschirme kaufen, weil wir gedacht haben, 1000 km südlich von Beijing gibt es Wärme und blauen Himmel.X1009096

Die Große Moschee, eine Besonderheit im sonst buddistisch-konfuzianischen China:X1009065

Und im Xi´An-Museum finden wir die Tonkrieger noch einmal von ganz nahem zu sehen. Am Kartenschalter ärgern wir uns ziemlich: Um Eintritt zu erlangen, muss man in der Reihe anstehen und Karten erwerben. Die kosten nichts, aber man muss seinen Pass vorzeigen. Die Chinesen haben es noch einfach, sie zeigen ihre ID-Karte vor, die auf einen Scanner gelegt wird und fertig. Wir Langnasen müssen uns mit Namen und Passnummer eintragen. Ich denke, ich trage meinen Namen ein und bekomme 10 Karten. Nein, alle müssen IN DER REIHE stehen. Die, die nicht zwischen der Absperrung stehen, sollen sich wieder hinten anstellen. Das hat alleine schon 20 Minuten gedauert und unser Zug fährt bald. Fast werde ich laut, aber ich weiß, es bringt nichts. Also schreibe ich Passnummern und unsere Vornamen in die Liste und heimlich steigen alle über die Absperrung in die Reihe. Ich hätte auch MickyMaus und 12345678 hinschreiben können, es hätte keinen Unterschied gemacht.

Schande über den Bürokratismus der Chinesen!X1009100

Auch während der Besuchszeit wird Staub gewischt.X1009108

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Am Bahnhof werden wir wieder mehrfach kontrolliert, fast als würden wir einen Kontinentalflug unternehmen. Der Warteraum ist ein Saal, und die Pforten werden 30 Minuten vor Abfahrt geöffnet. Dann werden die Tickets ein weiteres Mal kontrolliert (ohne wären wir nicht mal in den Bahnhof gekommen) und wir dürfen mit dem Strom die Treppe rauf zum Bahnsteig schieben. Es geht ganz gesittet ab, aber es ist doch aufregender als würde man zum Flugzeug gehen. Rolltreppe, Koffertransportband Fehlanzeige.X1009143

Die Fahrt von Xi´An bis Shanghai dauert 17 h. X1009145

 

 

China #2, PingYao

Dass wir nach PingYao gefahren sind, ist reiner Zufall. Erstmal liegt es auf dem Weg nach Xi´an, und zweitens schreibt der LonelyPlanet-Reiseführer, dass es faszinierend ist. „Das China deiner Träume, so wie es vor Jahrhunderten war, findest du hier.“

Glauben wir, und dass wir das TianYi-„Hotel“ mit seiner reizenden Betreiber-Familie gebucht haben, hat es uns als Gruppe noch einfacher gemacht, einen gemeinsamen Anfang für die Reise zu finden. Drei unserer Zimmer haben nämlich ein Gruppenzimmer mit Sofas, in das sich die Kinder in Decken gehüllt einkuscheln, denn es ist wesentlich kälter 700 km weiter südlich als in Beijing. Fast kaufen wir uns Pullover, aber immer wenn es ernst wird, kommt die Sonne raus und glüht uns einmal durch.

PingYao hat einen intakten, von einer ebenfalls unzerstörten Mauer umgebenen Stadtkern. Selbst Leuchtreklame kommt hier nicht zum Einsatz. Am Morgen des folgenden Tages steht ein Pferdeanhänger mit Holzbottichen vor unserer Tür und der Kloakenentsorger trägt Eimer für Eimer nach draußen. Brot und andere Lebensmittel werden nach jahrhundertealten Techniken hergestellt. Es ist wie ein Freilichtmuseum, aus dem man abends nicht rausgeschmissen wird. Autos sind auch nicht erlaubt, so dass es schön ruhig ist.

Grund für den guten Erhalt des Städtchens mit 280.000 Einwohnern ist, dass es früher als Bankenzentrum mit viel Macht ausgestattet, durch den Börsencrash an Bedeutung verlor und bei der Revolution 1911 von den Revolutionären als nicht wichtig erachtet und sozusagen links liegen gelassen wurde.

Schön für die Nachwelt und für uns. Die 10 m hohe Mauer kann man für 120 ¥/Person betreten, was uns erst teuer vorkommt, wir haben aber auch Eintritt in die meisten anderen Attraktionen wie Bankhäuser und Tempelanlagen.

Viel Kunsthandwerk, aber auch viel Blödsinn wird angeboten. Als kleines Bonbon setzen wir uns in ein neumodisches Fish Kiss Pedicure und lassen uns von hungrigen Fischen die Hornhaut abknabbern. Ist natürlich alles Quatsch, immerhin haben wir hinterher saubere Füße und können sagen, wir haben es ausprobiert.Barstreet PingYao Pano PingYao Temple Pano Pingyao1 Pano Watchtower Pingyao X1008081 X1008083 X1008087 X1008091 X1008105 X1008110 X1008116 X1008145 X1008197 X1008204 X1008264 X1008292 X1008297 X1008317 X1008321 X1008345 X1008354 X1008403 X1008416 X1008433 X1008435 X1008482 X1008503 X1008522 X1008531

Am Abend geht es wieder zum Bahnhof, diesmal verpassen wir nicht den Zug und wir bekommen richtige Betten als Schlafplatz.X1008551

 

 

China #1

Bisher haben wir nur einen kleinen Ausschnitt von China gesehen. Mehr als 100 km sind wir der Hauptstadt noch nicht entfliehen können. In den letzte Wochen habe ich immer wieder am Ticketschalter der Eisenbahn, von denen es etliche in der Stadt gibt, gestanden und für uns und unsere Gäste Zugfahrkarten gekauft. Man kann frühestens 20 Tage vor Reisebeginn Tickets kaufen, also stiefel ich für jeden Teilabschnitt nach unten und kaufe jeweils 10 Karten. Man muss dafür seine Passnummer angeben, die auf der Karte auch eingetragen wird. Somit ist die Karte nicht übertragbar, wie bei einem Flug.

Bevor es losgehen soll, müssen wir noch wissen, von welchem der Bahnhöfe wir abfahren. Es ist wie bei Monopoly. Im Internet finde ich angegeben, dass der Zug nach Pingyao vom Westbahnhof abgeht. Zwei Stunden vorher lassen wir uns durch den Stau dorthin transportieren, weil wir so viele sind, müssen wir drei Taxi´s nehmen. Als ich mit meinen Zwillingen beim wuseligen Riesen-Bahnhof angekommen bin, sind die Andern nicht da. Zum Glück gibt es Mobiltelefone. Es stellt sich raus, dass der andere Teil unserer Reisegruppe am anderen Tor des Bahnhofs gelandet ist. Wie kommen wir dorthin? Wir haben nur noch eine Stunde fürs Einchecken und ich habe die Karten. Taxi. Schnell. Der Fahrer bleibt cool: 50 Kuai. Was soll ich machen? 10 endlose Minuten später sind wir am anderen Ende des Bahnhofs, gegen den der Hamburger HBF ein Furz ist. Am Einlass geht es nicht weiter. Auf den Karten steht doch: Beijing. Nicht Beijing XiZhan, Westbahnhof. Wir sind falsch, müssen zum Hauptbahnhof, haben noch 50 Minuten. Nicht über LOS, wir müssen direkt dorthin. Taxi, diesmal ein großes. Wir haben keine Wahl, als der Fahrer sagt, er kann nicht alle in seinem klapperigen Bus mitnehmen. Wir zahlen aberwitzige 560 Kuai und fahren mit zwei Minibussen. Am Ende steigen wir aus, unser Fahrer sagt: 50 m, in die Richtung, schnell! Und gehetzt zwängen wir uns durch die Menschenmassen, die an so einem Bahnhof rumlungern, stehen in der Schlange für den Einlass in den Bahnhof, zeigen Pässe und Tickets am Schalter, der Kontrolleur lässt uns schnell passieren, als er die Zeit sieht, zu der wir fahren sollen. Dann Gepäck- und Personenkontrolle und Rolltreppe zum Bahnsteig. Wir haben noch 2 Minuten. Wir werden von Bahnsteig zu Bahnsteig geschickt und sehen eine Minute vor Abfahrtszeit den Schaffner, wie er dem abfahrenden Zug hinterherkuckt. Wir glotzen. Unser Zug fährt uns gerade vor der Nase weg. Wir sehen die Positionslichter im Smog verschwinden. Er hat sich eine Minute vor Abfahrtszeit in Bewegung gesetzt. Später erfahren wir, dass wir es auch nicht geschafft hätten, wären wir 3 Minuten früher da gewesen, denn die Tore zum Bahnsteig schließen 5 Minuten vor Abfahrt.

X1007964Jetzt haben wir Zeit. Ein Chinese, der unser Gerenne mitbekommen hat, zeigt uns sein Mobile, auf dem die Alternativzüge aufgelistet sind. K609 fährt am Abend, um 23:51, sechs Stunden später. Mathias und ich zum Ticketschalter, der außerhalb des Bahnhofs ist. Ja, es gibt noch Plätze, aber keine Schlafwagenbetten. Wie denn auch, ich habe 20 Tage vorher diesen Zug gebucht. Sitzplätze übrigens auch nicht. Also werden wir die Nacht über mit übermüdeten Kindern im Gang stehen. Die Karten sind billiger, und wir bekommen die Differenz zu den Schlafwagentickets erstattet.

Als wir am Zug um 23:10 einchecken, der nächste Schock. Wir haben nur 9 Karten! Alles durchsucht, nix. Haben wir nur 9 bekommen? Ich raus aus dem Bahnhof, zum Schalter zurück. Pass vorzeigen. Neue Karte ausstellen. Noch mal 102 Kuai bezahlen. Die Karte soll ich dem Schaffner zeigen. Das Geld soll ich dann am Zielbahnhof erstattet bekommen. 15 Minuten vor Abfahrt stehe ich auch am Bahnsteig, wir müssen noch einige Wagen ablaufen und werden von einem freundlichen Schaffner abgefangen, der uns in den Speisewagen bugsiert. Alle anderen Schaffner, die nichts zu tun haben stehen um uns herum, als ein Formular ausgestellt wird, das den Sachverhalt beschreibt. Dann dürfen wir sitzenbleiben und die Nacht auf den Restaurantstühlen schlafen. Besser als im benachbarten Stehwaggon ist es allemal, auch wenn alle einen etwas steifen Hals haben.

Am Morgen in PingYao bekomme ich tatsächlich 100 Kuai zurück. 2 Kuai waren Bearbeitungsgebühr. Ein Hoch auf den Unbürokratismus der Chinesischen Bahn.

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Wie die Mongolen. Aber wir Deutschen überwinden die Mauer auch.

Wir wollen unseren 6 Besuchern ordentlich was zeigen. Eine Reise nach China ist nichts ohne ein Mauerbesuch. Daher habe ich am letzten Schultag vor den Osterferien noch schnell einen Schulbus gemietet. Um neun steht der 20-Sitzer vor unserer Haustür, und auch ZhiYi ist meiner Einladung gefolgt. Nur Steffi muss noch arbeiten, um entspannt in die Ferien zu gehen.

Wir haben in einem Wanderbuch eine Route von 9 km gefunden, die uns einen Großteil auf der Mauer entlang führen soll. Vier Stunden Wandern ist der Plan.X1007792

Dass der Busfahrer uns an einer anderen Stelle als im Buch beschrieben rauslässt, merken wir erst, als wir nach einer gemütlichen Kraxelei an der Mauer landen und es keinen Weg gibt, hochzukommen. JanIngmar ist der einzige, der sich nicht gleich abschrecken lässt von dem Bollwerk, das die Chinesen vor dem mongolischen Angriff schützen sollte. Er ist vorgelaufen und als wir um den nächsten Wachturm biegen, hängt er bereits 5 m über uns in der Wand. Auf diesen Moment hat er, glaube ich, nur gewartet, denn jeden Freitag übt er in der Kletter-AG. Dort ist er allerdings angeleint. Wir bekommen alle einen ziemlichen Schreck und zunächst kommt er auch auf unser aller Bitte wieder runter, aber an einer anderen Stelle entzieht er sich meiner väterlichen Befehle und verschwindet wie Peter Parker auf der anderen Seite der Mauer.X1007799

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Ich bin natürlich auch ein bisschen stolz auf meinen furchtlosen Sohn. JanIngmar bringt uns durch seine Kletterei auf den Gedanken, es auch zu versuchen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Oben stellt er für uns fest, dass es recht weit keine Öffnung der Mauer gibt, also finden wir eine weniger hohe Stelle, an der  genug Grifflöcher sind, um uns alle sicher hochzulotsen.

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Ich klettere als zweiter und sichere unsere Sportler von oben. Ein vorbeikommender Chinese passt ein bisschen auf, dass ich dabei nicht runterfalle.

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Hinterher sind alle stolz und ich muss mir anhören, ich hätte die Strecke absichtlich so gewählt. Stimmt aber nicht.X1007815

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Wir verbringen ein paar Stunden auf diesem Abschnitt der Great Wall. Wir sind nämlich viel zu schnell in MuTianYu angekommen, wo uns der Schulbusfahrer wieder aufsammeln soll. X1007871

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Der Abstieg wird zur Abfahrt, denn wir nehmen die Toboggan-Schlittenbahn. Das ist eine Sommerrodelbahn von 1,3 km Länge.  X1007861

X1007928Irgendwo hab ich mal T-Shirts gesehen: „I climbed the Great Wall!“ Aber deren Träger sind gegen uns alle Warmduscher.

 

Ich hab Lappen! Und einen neuen Namen!

Lappen ist eigentlich zu viel gesagt, denn der Führerschein in China besteht nur aus einem Kärtchen mit Mini-Passfoto. Ohne chinesischen Führerschein darf ich hier jedoch kein Auto bewegen. Heute war Prüfung. Um es vorwegzunehmen: Ich hab bestanden.

Vor den Erfolg hat die chinesische Behörde natürlich einige Hürden gesetzt: Zunächst einmal muss der Proband klitzekleine Passbilder machen lassen, die auf das Antragsformular und auf die Gesundheitsuntersuchung geklebt werden müssen. Diese Zettel hat mir mein Freund ZhiYi freundlicherweise ausgedruckt. Er hat gerade seinen Führerschein gemacht und weiß, was man braucht.

Vor allem einen chinesischen Namen. Nach etwas Nachdenken entscheide ich mich aufgrund der Namensähnlichkeit für Wu YouHe, das heißt „außergewöhnlicher Kranich“. Wu ist mein neuer Familienname. Der ist bedeutungslos. Aber jetzt kann die Stempeljagd beginnen.

Mit dem Gesundheitscheck-Formular gehe ich in ein zertifiziertes Krankenhaus, in dem mir ein freundlicher, aber halbherzig wirkender Arzt ein Augenpaddel zum Abdecken gibt und mich E´s auf Drehrichungen abfragt. Jeder kennt das. Obwohl meine Altersgebrechen auch vor einer Unschärfe im Auge nicht Halt gemacht haben, bekomme ich die volle Punktzahl. 10 ¥ ärmer bin ich einen Schritt weiter. Dann fehlt noch die Übersetzung meines vorhandenen EU-Führerscheins. Ich dachte, das wird ein Riesenakt mit Inanspruchnahme eines offiziellem Übersetzerdienstes, aber ZhiYi macht sich an die Arbeit, fertigt ein schönes Word-Dokument an, das ich nicht lesen kann und geht zwei Wochen später auch noch mit mir zur Anmeldung.

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Alles wird akzeptiert, ich bezahle 50 ¥, und ich soll schon 8 Tage später wieder dort antreten.

Klar, bis dahin muss ich vorbereitet sein. Ich hätte alles bisher auch um die Zahlung von 1200 ¥ durch eine Dienstleistungsfirma machen lassen können, aber das Vorbereiten auf die theoretische Prüfung hätte auch die mir nicht nehmen können. Daher lade ich die Software herunter, die mir von einigen Seiten empfohlen wurde und bereite mich 7 Tage lang intensiv vor. Auf Deutsch. Man kann auch Englisch und Französisch und noch ein paar andere Sprachen auswählen. Die Fragen sind manchmal etwas merkwürdig und die Übersetzung ist gewöhnungsbedürftig, aber man versteht meist, was gemeint ist. Nur welche Frage ist richtig beantwortet?

„Fahrer, die gegen Verkehrsregeln verstoßen, nach einem schweren Unfall fliehen und Todesfälle verursachen, werden mit 3 – 7 Jahren Gefängnis bestraft.“ Antwort: FALSCH. Aber: „Fahrer, die Verkehrsregeln missachten, einen schweren Unfall mit Todesfolge und fliehen, verbringen wie viele Jahre im Gefängnis?“ Antwort: 3 – 7 Jahre. Wie denn nun?

Noch mehr Beispiele? Regenschirme (seit Monaten keine 5 mm Niederschlag), Fußgänger, Studenten. So ist das Leben in China. Die Regeln sind kaum anders als in Deutschland, außer dass man hier viel mehr hupen darf (und soll), die Realität sieht anders aus.

Fussgaenger

Heute sitze ich mit Leuten aus aller Herren Länder im Wartesaal und werde um 2 Uhr in einen Raum mit lauter Elektrohirnen, wie der Chinese sagt, gespuckt, darf die Sprache wählen und habe 45 Minuten, um 100 Fragen zu beantworten, von denen 90 richtig sein müssen. Nach der Hälfte der Zeit kann ich auf den Hand-in Knopf drücken und bekomme ein grünes Fenster zu sehen, das mir 92% bescheinigt. Bestanden. Noch mal 10 ¥ werden für die Ausstellung des Führerscheins fällig und für 20 ¥ kann ich mir das Kärtchen schicken lassen.

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Ich vor dem Verkehrsamt:X1007642a

Bis ich den in Händen halte, dauert noch etwas, denn wir haben heute auch Besuch aus Deutschland bekommen und werden in den nächsten 2 Wochen durch China reisen. Geplante Route: Pingyao, Xi´an, Shanghai. Also bitte nicht wundern, wenn hier erstmal nichts neues zu lesen steht.

Trikes sind unglaublich

Mit Dreirädern wird einfach alles transportiert. Altpapier, Heizkörper, Säcke mit Sonnenblumenkernen, Passagiere, ganze Umzüge, was bewegt werden kann, wird per Drahtesel bewegt. Kein Auto, auch nicht als Kombi kann mit diesen Fahrzeugen mithalten. Sie sind zwar nicht ganz so schnell, aber passen in jede Gasse. Manchmal befürchte ich, dass die Dinger in der Kurve umkippen, aber ich habe noch keinen Unfall gesehen. Sie wanken manchmal allerdings schwer.

Diese Frau passt auf, dass ihrem Mann während der Fahrt nichts runterfällt.L1058488_1

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Um die Verbotene Stadt

Ein Ausflug ganz nahe der Verbotenen Stadt mit der Fotogruppe bringt uns in den angrenzenden ZhongYuan-Park, in dem gerade die Tulpen in schönster Pracht zu sehen sind. Unter dem großen Mao-Bild, das jedes Jahr neu gemalt werden muss, sind drei Eingänge in die Verbotene Stadt, durch die man aber nicht wieder herausgelangt. Dafür muss man einen der Seitenausgänge durch die Parks oder den Nordausgang benutzen.

Der Vorplatz ist schon so voller Touristengruppen aus anderen Bezirken Chinas, dass nur zusammen bleiben kann, wer sich an den Badmintonschlägern mit Gruppennummern orientiert. Wie geregelt wird, dass keine gleichen Kopfbedeckungen an die Reisegruppen verteilt werden, ist mir ein Rätsel.

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Momentan werden die Seitenflügel zum eigentlichen Eingang restauriert. Die Mauer zeigte heftige Ausblühungen, als wir zum ersten Mal hier waren.Pano_Verbotene Stadt

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Nachdem wir wieder draußen sind, schlendern wir durch einen angrenzenden Hutong. Manche haben es sich dort richtig nett eingerichtet.L1058773

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Im JingShan-Park (Kohlehügel) haben wir einen schönen Blick über die Verbotene Stadt, aber nach der langen Zeit des Winters ist es ganz schön, mal wieder Grün zu sehen.L1058802

Auch wenn es in Form von Hausanzügen ist.X1007464

Klasse Leute

Ich mag die Chinesen. Sind irgendwie authentisch. Kümmern sich nicht so viel um das, was andere Länder und Sitten so sagen. Doch, die Jungen tun das schon, und sie übertreiben dabei allzu oft. Trotzdem.

Es gibt sie noch, die die Traditionen hochhalten und der Toten gedenken, indem sie am entsprechenden Feiertag falsche Geldscheine und Papier, das mit Geld initialisiert wurde, verbrennen. Soll ja kein Toter arm sterben. Im Jenseits.L1058643_1

Aber das ist schon wieder Geschichte und die Tage werden wärmer und daher gibt´s jetzt noch ein paar Bilder vom letzten Parkspaziergang zu sehen. Diesmal aus dem Tiantan-Park, dem Himmelstempelpark.

Gesungen und Musik gemacht wird mitten im Weg. Wir bleiben stehen, um etwas von der tollen Gesangseinlage zu genießen. Leute, die vorbei wollen, singen mit, wenn sie hören, welches Stück gespielt wird und nehmen die Melodie ein Stück des Weges mit. Jeder kennt die Stücke. Überall werden scheinbar Smash-Hits gespielt.L1058679

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Und wo nicht Musik gemacht wird, werden Karten oder Schach gespielt.L1058670

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Wieder draußen in der Realität geraten wir in einen Hutong. Wir könnten uns direkt vorstellen, in so einer Umgebung zu wohnen, hätten wir nur keine Kinder und würde es nur nicht so weit weg sein von der Deutschen Schule. Und als Frostkötel ist es sicher auch nicht so toll im Wimter. Die Toiletten sind auch nicht so klasse; wenn man bedenkt, dass man aus dem Haus in die öffentliche Bedürfnisanstalt muss, in der es nur halbhohe Abtrennungen zwischen den Löchern im Boden gibt… Das Foto ist leider etwas verschüttelt. Bleiben wir erstmal wohnen, wo wir wohnen.L1058686

Auch tagsüber kann man im Pyjama auf die Straße.L1058687_1

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Gespielt wird mit anderen Dingen als bei uns in Deutschland.L1058700

Sommerpalast

Mit Ingrid und ihrer angereisten Verwandtschaft darf ich bei hochherrschaftlichem Wetter zum Sommerpalast mitfahren, wo ich auch noch nicht gewesen bin, obwohl man ihn ganz einfach mit der U-Bahn erreichen kann. Ingrid ist ganz stolz, mit dem eigenen Auto, das sie erst seit etwa einer Woche haben, fahren zu können. Das ist natürlich ein schöner Luxus, den wir uns nicht leisten werden. Na, wer weiß. Um wenigstens mal ein Auto leihen zu können, mache ich ja jetzt den chinesischen Führerschein. Wie das geht, schreibe ich, wenn ich ihn bestehen sollte.

Um einen riesigen See herum angelegt liegt der Palast da, an den Berg herangebaut. Von ganz oben hat man einen schönen Blick über den See und Beijing.L1058574_CF

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Ganz besonders ist es, mit einem frisch zur Welt gekommenen Erdenbürger unterwegs zu sein. Dauernd muss man anhalten, weil jemand streicheln oder anfassen will und vielleicht ein Foto als Erinnerung. Hat mich sehr an unsere Erfahrung in Iran erinnert, auch wenn unsere nicht mehr so klein waren.

Es ist übrigens ganz modern, Brillen zu tragen, die keine Gläser haben. Modisches Accessoire eben. Ich frage mich, wann dieser Trend nach Europa kommt.L1058545_CF

Von so nah bekommt man die Dachreiter selten zu sehen. Nur Gebäude, die des Kaisers sind, dürfen alle 7 Figuren tragen, gewöhnliche Häuser müssen sich meist mit 5 oder 3 begnügen, wenn sie denn überhaupt welche haben. Auch die Hakenkreuze sieht man hier sehr schön.L1058530

Irgendwie kann ich diesmal nur Postkartenbilder machen, es ist alles so schön hier. Der Drache ist gegen das Angefasstwerden so begittert, Sonst wäre er wohl komplett blank gerieben. L1058526

Und hier haben wir noch mal einen Camouflage-Baum, es scheint also doch keine Neuzüchtung zu sein.L1058520

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Die Prinzessin war auch da.L1058512

Kurzes Aufatmen.

Die Heizung ist mit Wirkung vom 1. April endlich ausgestellt worden. Bis die richtig warme Zeit kommt, schwitzen wir nicht mehr dauernd. Es gab sogar ein paar Tage, da mussten wir den Cooler anstellen, obwohl die Heizkörper glühten. Wie schwachsinnig ist das? Die Ventile sind übermalt oder verrostet oder beides. Die Fenster konnten wir nämlich auch nicht aufmachen bei Werten um 350. Leider kommt das Management unseres Compounds nicht auf den Gedanken, bei dauerhaft frühlingshaften Temperaturen die Heizung auszustellen. Vorschrift ist Vorschrift.

Wenn es in Deutschland einen Wert um 100 hätte, würde schon geschrieen: „Fahrverbot! Alle in die Hütte!“ Für uns ist das ein Smögchen. Weder will ich angeben, noch mich beschweren. Tatsache mit vier Buchstaben: Isso. Als es in die Winterzeit ging, hatte ich gelegentlich einen Geschmack von Kohle auf der Zunge. Das hatte ich schon lange nicht mehr.

Wir haben uns das so ausgesucht und müssen da jetzt durch. Und ich hoffe mal, dass wir uns und unsere Kinder gut genug schützen, dass es uns nicht zum Schaden gereicht.