3. Oktober 2014

Kaum von der Klassenfahrt zurück geht es gleich auf das nächste Event.
3.Oktober
Der Botschafter hat Frau Grundschulleiterin und Begleitung auf die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit eingeladen. Immerhin gibt es in der Botschaft für über 3000 Leute zu Essen und zu Trinken.
3. Oktober 2014
Ist das nicht? Ist er doch, oder? Ja, ist er. Letztes Jahr waren wir zu spät, da war er schon wieder weg.
Lange diskutieren wir, ob man das denn macht, als Deutscher, einfach hingehen und fragen, ob man mal ein Foto…? Nee, wir sind doch nun mal bekannt als zurückhaltend und tugendhaft. Steht sogar in unserem chinesischen Namen, Land der Tugend. Ach egal, wenn doch die meistverkauften Magazine in Deutschland Bunte und Gala sind.
3. Oktober 2014

Klassenfahrt 2014

Alle Fünf sind wir diese Woche auf Klassenfahrt unterwegs.
Solveigh und JanIngmar sind mit den 7. Klassen nach ChengDe in den Norden gefahren, Martje ins Bierbraustädchen Qingdao (auf den Flaschen steht Tsingtao) und wir Erwachsenen ins beschauliche BeiDaiHe. Pro Quadratkilmeter wohnt in diesem Bezirk 280 km von BJ entfernt etwa 1 Person, also sind 80.000 Leute dauerhaft hier. Im Sommer ist es bestimmt schrecklich hier, weil überfüllt, und im Winter auch, weil leergefegt.
Wir wohnen im Resort for the Foreign Experts, was mal in den 50er Jahren angelegt wurde, als Russland und China noch politische Freunde waren. Alle Beschriftungen sind auf chinesisch und kyrillisch. Damals brauchten die Landwirtschafts- und Fünfjahresplanexperten auch mal Urlaub am Meer und sind hier untergekommen. Auch wenn es ewig dauert, bis Warmwasser aus den Leitungen kommt, sind doch die Zimmer in gutem Zustand und das Essen viel und vielseitig.
BeiDaiHe
Die Arrangements zeugen von lustigen Parties, die den Grundschülern noch verwehrt bleiben.
BeiDaiHe
Wir wohnen mit 47 Schülern in drei Häusern und es wird unter einer offenen Überdachung mit Blick aufs Grün gespeist.
BeiDaiHe
Leider ist das Wetter erst am letzten Tag richtig strandreif, daher machen wir mit Regenjacken Erkundungen der Gegend.
BeiDaiHe
Bekannt ist BeiDaiHe für den Abschnitt der Chinesischen Mauer, der im Meer endet. Wir haben uns das etwas anders vorgestellt, aber es hat auch so seinen Reiz.
BeiDaiHe
Na gut, etwas mehr Postkartenidylle geht auch:
BeiDaiHe
BeiDaiHe
Besonders beeindruckend finde ich dieses Stück Wurzelholz, das am Eingang des Mauerparks steht.
BeiDaiHe
Am Strand sind wir mit dem Haufen blonder Kinder die Attraktion und es wird auch schon mal in die Wange gekniffen vor lauter Begeisterung. Man kennt das ja aus Iran.
BeiDaiHe
Interessant finde ich besonders die Fußduschen. Die sind so im prüden Iran nicht denkbar.
BeiDaiHe
Man kann sagen, dass nicht mehr so viel los ist und vielleicht sind wir die letzen Gäste in diesem Jahr.
BeiDaiHe
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TaoRanTing-Park

TaoRanTing
Ist es eine womöglich unerlaubte Demo? Oder gar eine vom Staat organisierte Protestkundgebung? Beides gibt es.
Nein, ich bin in einen Park gelustwandelt und dabei zufällig Zeuge eines Kalligrafie-Wettbewerbs geworden. Nicht so wie man sich das vorstellt, auf Papier und mit Tinte, nein, Wasser schreibt auf Granit. In Deutschland undenkbar bei all der feuchten Luft. Jeder Teilnehmer hat ein Zettelchen mit einem Gedicht oder Spruch bekommen und soll das nun möglichst in Schönschrift aufschreiben. Entweder hat man ein Eimerchen mit Wasser dabei oder der Pinsel selbst hat ein Dauerspendesystem eingebaut, damit man nicht absetzen muss.
Diese offensichtlich neuzeitliche Erfindung wird für 20 ¥ das Stück angeboten und gebührend inspiziert.
TaoRanTing
Man übt schon, bevor der Startschuss fällt, ganz fleißig.
TaoRanTing
Auch Frauen machen mit. Merkwürdigerweise hab ich noch nie vorher das schöne Geschlecht dies Hobby ausüben sehen.
TaoRanTing
TaoRanTing
Auf los gehts los!
TaoRanTing
TaoRanTing
Rückwärts bewegen sich die Meister vor und für die zweite Zeile geht es an den Ausgangspunkt zurück.
TaoRanTing
Die Siegerehrung schau ich mir nicht mehr an, dafür verstehe ich zu wenig von allem.
TaoRanTing
Es gibt ja auch noch so viel mehr zu sehen:
TaoRanTing
Der See, auf dem man auch mit Schwanenhalsbooten fahren kann:
TaoRanTing
Die Fotoshootings:
TaoRanTing
Das weithin zu hörende Trommeln:
TaoRanTing
Die Drachensteigenlasser, auch eine Männerdomäne:
TaoRanTing
Der blinde Masseur, der für 20 ¥ eine halbe Sunde auch mich bearbeitet, denn ich hab mir letztens einen Muskel am Rücken verspannt.
TaoRanTing
Die mobile Karaoke-Bar:
TaoRanTing
Die Lotusblüte ist schon fast vorbei, Riesen-Quietsche-Entchen ist der am weitesten sichtbare Farbfleck.
TaoRanTing
Parks in China, quirlig, laut und doch so erholsam.
Und Klick für noch mehr Bilder.

Wangfujing

Ich muss in die Nähe der Haupteinkaufsstraße, weil meine DSLR zur Justage in der Werkstadt war.
Anschließend schlendere ich noch ein wenig durch die Wangfujing, DIE Einkaufsstraße, vergleichbar mit der Mönckebergstraße in HH oder dem Ku-Damm in Berlin. Um in den Fußgängerbereich zu kommen, muss man eine kleine Kreuzung überqueren und wie an so vielen Kreuzungen, sorgt man sich so sehr um das Leben von uns, dass trillerpfeifenbewaffnete Aufpasser jeden anpfeifen, der bei Rot gehen möchte.
Wangfujing
Wangfujing
In den Seitenstraßen werden die Gaumenfreuden befriedigt, jedenfalls dessen, der vor Insekten als Eiweißspender nicht die Lippen verschließt. Ich hatte diesmal keine Lust, es war ja niemand mit, der mich bewundert. Hühnerfüße hatte ich schon mal probiert, die sind nicht schlecht. Ein bisschen wenig Fleisch ist wohl dran.
Aber wenn ich auch Skorpione, ohne jemals schlechte Erfahrungen gemacht zu haben, nicht gerne hab und deshalb durchaus essen würde, so finde ich es doch schändlich, Seepferdchen von ihrem Seegras und Mann und Kindern zu trennen, um sie auf Stöckchen zu spießen. Auch Seesterne kann ich mir noch nicht lecker denken.
Wangfujing
Die Tierchen leben allesamt noch, wenn sie gespießt werden, vor allem die Skorpione zappeln noch ordentlich.
Wangfujing
Mehr Wasser läuft mir da schon bei meinem selbstgebackenen Schwarzbrot im Munde zusammen.
Wangfujing
Aber es gibt ja auch noch anderes Essbares. Die Maronenernte hat begonnen.
Wangfujing
In traditionellen Supermärkten sind die Verkäuferinnen schon alle unter der Haube.
Wangfujing
Und für den geistigen Hunger kann man in der gegenüberliegenden wahrscheinlich größten Buchhandlung Chinas sich gut versorgen. Wenn man auf dem Boden sitzt, sogar umsonst. Sitzgelegenheiten gibt es leider nicht.
Wangfujing
Wer mag und etwa 45 € investiert, kann sich in Knetgummi nachbilden lassen. Die Figuren, auf die der Kopf montiert wird, stehen schon Schlange.
Wangfujing

Für solchen Blödsinn haben die Wanderarbeiter bestimmt kein Geld, denn alles, was sie nicht wirklich zum Leben brauchen, schicken sie zu ihren Familien aufs Land. In der U-Bahn sind viele von ihnen mit all ihrem Hab und Gut zu sehen, die von Baustelle zu Baustelle tingeln.
Diese müssen allerdings wirklich stark sein, denn es sind harte körperliche Arbeiten zu erledigen und wer nicht gefällt, kann sich an keine Gewerkschaft wenden.
Wangfujing

Wangfujing
Wer durstig ist, braucht einen Freund mit Leiter, sonst muss er, bis die Baustelle fertig ist, hinter Gitter bleiben. Kleiner Scherz am Rande..
Wangfujing

In der Metro kann man schon müde werden, auch wenn versucht wird, mit Neon-Röhren Tageslicht zu imitieren.Wangfujing

Wangfujing

Und Klick!

Mondfest

Wir haben heute das Mondfest. Groß und rund hängt er am Himmel, nachdem er gestern wegen Smog gar nicht zu sehen war. Pünktlich hat der Wind heut Nacht alle schlechte Luft weggeblasen und Beijing präsentiert sich von der besten Seite. Wir haben noch immer über 30°C. Alle Arbeitnehmer haben heute frei. Nur die deutsche Schule und alle, die was verkaufen, müssen  zur Arbeit. Der Rest, so scheint es, ist unterwegs, um zu shoppen. Ich muss auch los, um Protektoren für Jan Ingmar zu besorgen, denn der Trainer der Skateboard-AG muss ja schließlich mit gutem Beispiel voran gehen.
Hier ist die Milch- und Joghurttheke zu sehen, die in „unserem Carrefour“ stets von Anpreiserinnen mit Mikrofon belagert ist und die, schlimmer noch, per Lautsprecher ihre Proben anbieten, um auch den 10er-Pack loszuwerden.Ich kann es nicht verstehen, wie jemand auch nur eine Viertelstunde in diesem kakofonischen Lärm arbeiten kann, ohne wahnsinnig zu werden.
Moonfestival...
Wie es angehen kann, dass Einkaufswagen 300 m entfernt gefunden werden und zum Supermarkt zurücktransportiert werden müssen, versteh ich auch nicht ganz, denn es gibt Aufpasser, die verhindern, dass die Wagen den Parkplatz verlassen. Wieder ein Arbeitsplatz, der gerettet werden konnte, fällt mir da nur ein.
Moonfestival...
Wer ein Auto hat, hat auch einen mobilen Verkaufsstand, der im Fall, dass die Polizei den nicht vorhandenen Gewerbeschein sehen will, schnell wieder auf der Suche nach dem nächsten Verkaufs-Plätzchen sein kann.

Moonfestival...

Viele nutzen die Gelegenheit, mit ihren Kindern Zeit zu verbringen und sie nach Strich und Faden zu verwöhnen. In den Einkaufsmalls gibt es in den obersten Geschossen meistens einen Foodcourt, in dem verschiedene Restaurants ihre Speisen anbieten. Man kauft eine Guthaben-Karte und isst diese dann ab. Oft ist auch ein Kinderspielparadies in der Nähe. Dort können die lieben Kleinen sich in Plastikwelten austoben und Oma geht oft mit ins Bällebad.
Moonfestival...

Moonfestival

Moonfestival...

Moonfestival...

Erschöpft geht es abends nach Hause.
Moonfestival...

Vogelnest

Schweren Herzens habe ich vor einigen Tagen die Leica verkauft, unter anderem, weil sie manchmal einfach zu manuell war. Jetzt hab ich für das erlöste Geld eine Fuji gekauft, die ein prima Stellvertreter ist, ohne allzu manuell bedient werden zu müssen.
Klar, dass ich meine Fotomodelle an die schönsten Stellen Beijings mitnehmen muss, um ein paar Aufnahmen zu machen.
Olympiapark

Olympiapark

Olympiapark

Olympiapark

Gerade als wir die Besichtigung machen, probt die Crew eines Musicals oder einer sonstigen Aufführung ihre Luftakrobatik.
Olympiapark

Olympiapark

Das Bird´s Nest, das Olympiastadion ist auch schon etwas heruntergekommen, weshalb man mit Kränen dem Rost am Außentragwerk zu Leibe rückt.
Olympiapark

Pano Bird´s Nest II

Olympiapark

Wer hier Souvenirs verkauft, hat es auch nicht leicht.
Olympiapark
Wir hoffen, dass dieser Schaubudenbetreiber mehr Zulauf hat als seine Kollegin.
Beitucheng

Capital Museum

Die Kinder lernen seit einer guten Woche bereits wieder täglich Neues dazu und ich will auch nicht ohne Input bleiben, daher begebe ich mich mit Zhiyi nach MuXiDi, wo das monströse Hauptstadt-Museum steht. Keine Ahnung, von wem es ist, wann gebaut, aber dafür, dass es eigentlich eine Art Schuhschachtel ist, ist es atemberaubend.
Capital Museum BJ

Es beeindruckt vor allem durch seine schiere Größe, die Eingangshalle teilt die Ausstellungsräume in einen Klotz von 5 Geschossen und einen gekippt eingesetzten Zylinder, der außen als Keil durch die Fassade stößt. Darin werden ebenfalls auf 5 Geschossen Exponate gezeigt.
Capital Museum BJ

Zhiyi hat im Vorwege Karten für uns bestellt. Wie in allen staatlichen Museen ist der Eintritt frei, aber um die Besucherzahl zu begrenzen, muss man sich tags zuvor im Internet registrieren. Pro Tag werden 4000 Menschen hineingelassen. Zhiyi grinst, als wir uns treffen und sagt, es werde nicht voll. Wir haben die Ticketnummern 76 und 77.
Ein paar Schulklassen kommen noch dazu, Großeltern mit ihren Enkelkindern und ein paar Liebespärchen.
Capital Museum BJ

In dem Zylinder kann man glauben, einen hätte plötzlich eine Hornhautverkrümmung heimgesucht, denn ein Weg nach oben führt über eine Rampe an den Ausstellungsräumen vorbei.
Capital Museum BJ

Zwei Untergeschosse lassen diesen Riesen noch gewaltiger erscheinen.
Capital Museum BJ

Capital Museum BJ

Die Exponate sind hauptsächlich aus dem „Glorreichen Beijing“, wie man nicht müde wird, uns zu erzählen. 3000 Jahre alte Töpfe, porzellane und hölzerne Kopfkissen (echt jetzt), Mingvasen Münzen mit rechteckigen Löchern, Kaisergewänder, Gartenhocker aus Porzellan aus dem 15. Jht. und alte Tore aus Beijing. Selbstverständlich wird auch Mao noch etwas in Szene gesetzt. Diese Räume werden aber nicht besonders gut besucht.
Capital Museum BJ

Capital Museum BJ

Capital Museum BJ

Ein Kästchen fanden wir besonders skurril: Dort hatte jemand vermutlich als Spielzeug eine Art Maikäfer als Kunden und Mitarbeiter eines Wellness-Studios benutzt und auf winzige Möbel gesetzt.
Capital Museum BJ

Wie ein Besucher ins Gästebuch schrieb: „Das Museum ist sehr interessant, die Räume sind sehr schön, aber im zweiten Stock fehlen Becher am Wasserspender.“

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Wasserschreiber

„Warum machen die das?“, ist die Frage, die meiner Tochter spontan über die Lippen fährt. Es geht um die meist alten Herren, die in Parks oder auch mal auf der Straße mit Schaumstoffpinsel und Wassereimer bewaffnet, Gehwegplatte um Gehwegplatte beschreiben, bis das Gedicht fertig ist.

Mit dem letzten, den ich getroffen habe, bin ich etwas ins „Gespräch“ gekommen und hab mich dann selbst mal an Schönschrift mit Wasser versucht. Gar nicht einfach. Ich wollte mal zeigen, was so richtige Schreibschrift in Deutschland ist und hab das Wort „Deutschland“ geschrieben. Schön wurde das nicht, ich bin voll aus dem Ruder gelaufen und als ich den Pinsel zurückgab, schrieb der Meister in perfekter lateinischer Schönschrift erst seinen Namen (Geng Zhen Shan) und dann auf Chinesisch „De Guo Peng You Ni Hao“, was „Deutscher Freund Hallo“ bedeutet.

Living in BJ

Living in BJ

Solche Erlebnisse kann man jeden Tag haben, und um zur Eingangsfrage zurückzukommen, die machen es, weil sie Freude daran haben und weil sich oft um die Schreiberlinge eine Traube bildet, und wenn ein Gedicht besonders gut gelungen ist, wird geklatscht oder Schulter geklopft.