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Kebab-Trophy

Es gab 3 freie Tage, an denen wir von unseren Wüstenfüchsen Hassan, Mehrdad und Babak zu einem Ausflug eingeladen wurden. Gerne sagten wir zu, auch wenn die Startzeit mit 4 Uhr morgens etwas unmenschlich schien. Wir brachten einen pers. Freund mit, der die Wüste auch nur von Ferne gesehen hatte.
Mit schläfrigen Kindern im Kofferraum, für die wir ein Lager aus Gepäck gebaut hatten, (das erinnerte mich an Reisen nach Österreich, bei denen wir Kinder auf der Ladefläche schliefen, während mein Vater uns sicher 1000 km durch D transportierte) trafen wir uns an der Eisdiele, alles in allem 25 Leute in 8 Autos, auch diesmal ein harter Kern, zu dem wir uns jetzt auch zählen dürfen, und ein paar Leute, die wir noch nicht kannten. Ein Auto hatte ein Diplomatenkennzeichen, und wir hatten schon öfter gehört, dass das Reisen mit solchen Gefährten mit Schwierigkeiten verbunden ist.
Diplomaten müssen immer angeben, wohin es gehen soll, und das Ministerium muss eine Erlaubnis erteilen. In Semnan wurden wir das erste Mal angehalten, 2,5 Stunden wurde verhandelt, Faxe geprüft, Fotokopien von unseren Ausländerpässen gemacht, dann durften wir weiterfahren. Wenig später wurden wir schon wieder von der örtlichen Polizei entdeckt, und für weitere 1,5 h festgesetzt. Schließlich gabs ne Entschuldigung, und wir durften endlich Richtung Wüste abbiegen. Zunächst über Pässe mit Schnee,
dann durch Kopfkissenberge hindurch in die Ebene der Dasht-e Kavir.Der Weg führt über 30 km Piste, wo irgendwann ins Nichts abgebogen wird und man auf Sand weiterfahren muss. Bis zum Nachtlager gab es für uns keine Probleme, obwohl unser Auto mit 2,5 Tonnen das schwerste war. Um im Sand überhaupt voranzukommen, muss man die Luft aus den Reifen lassen, bis man denkt, jetzt sind sie aber platt. Erst am nächsten Tag sanken wir mehrmals ein, konnten uns teils mit Schaufel selbst befreien oder mussten rausgezogen werden. Zum Glück waren wir nicht die einzigen, denen es so ging. Oops! Dabei hab ich mich bemüht, in der Spur zu bleiben – es ging schlichtweg nicht. Aber das Fahren macht irre Spaß, und manchmal kamen wir uns wie auf der Camel-Trophy vor.
Unser Ausflug am nächsten Tag führte uns nicht weit – vielleicht 10 km entfernt vom Lagerplatz, aber es dauerte trotzdem den halben Tag. Dies Bild ist von einer Sandkuppe, wo wir unter 45 Grad nach unten mussten.
na gut, vielleicht sind es 40 Grad Gefälle.Holz muss man unterwegs sammeln, oder von zu Hause mitbringen. Etwas haben wir auf dem Weg aufgelesen, etwas wurde aus Teheran mitgebracht. Ich hab dann später gehört, wie teuer das war: 300.000 T pro m, etwa 200 €, und einen halben haben wir wohl in Luft aufgelöst. Ohne geht es aber nicht, es waren nachts Minusgrade, und selbst in Schlafsäcken in den Zelten war uns etwas klamm. Vorne im Bild sieht man die Kebab-Straße – es gab dauernd was zu essen.So gemütlich kann es sein, wenn man sich den stachligen Gesellen wegdenkt.Bevor es zurück auf die Straße geht, brauchen wir wieder mehr Luft in den Reifen. Bei acht Autos bedeutet das auch mit 3 Kompressoren etwa eine Stunde Zwangspause.
Beim Zwischenstop bemerkten wir, dass die mühsam eingefüllte Luft aus einem unserer Räder wieder entwichen war. Ich sah mich schon das ganze Gepäck auspacken, den Wagen hochbocken, Reserverad montieren und die Rückreise noch mehr verzögern. Aber nein, unsere Wüstenkenner holten Vulkanisiermasse aus ihrem Köfferchen, einmal beherzt reinpieken, den Überstand abschneiden, weiter gings.
Zurück über Firuzkuh schneite es ziemlich, bis wir THR erreichten. Obwohl wir um 11 Uhr losgefahren waren, kamen wir erst um halb 12 zu Hause an. 3 Tage Urlaub, 1200 km Fahrt, knapp 250 Liter Benzin.
Wir freuen uns schon aufs nächst Mal!

So´n Cirkus

Am letzten Donnerstag ging der ganze Circus los: Directorin Annette hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt und unser Zelt vom Schulzirkus auf die Bühne des Mahak-Krankenhauses im Nordosten THR´s gebracht und sogar mit Hilfe eines Baugerüsts eine Hochseilnummer ermöglicht.
Ich war spät dran, als ich meinen Kindern und Steffi, die mit dem Schulbus gefahren waren, zur ersten Vorstellung von zu Hause aus mit der „Maschine“ hinterherfuhr. Als ich die Afriqa hochfuhr, musste ich mit meinem 2 m breiten Geschoss einem U-Turner ausweichen und hab dabei den Kia, der schon ein Viertel auf der Straße war, nicht gesehen. Gaanz laangsaam knirschte ich ihm seinen linken Kotflügel zu Altblech. Da überall Polizisten den Verkehr „regeln“ (d.h. sie pfeifen in Trillerpfeifen, winken wild mit den Armen oder schreiben in kleine Bücher, manche bedienen auch Ampelkästen, mit denen nach Bedarf auf Grün geschaltet wird), dauerte es nicht lange, bis sich einer um mich kümmerte. Natürlich versuchte er mir begreiflich zu machen, dass ich Schuld hätte. So standen wir eine Weile rum, bis ich rausgefunden hatte, dass der Schaden vermutlich 80.000 Toman kosten würde. Ich hatte aber nur 50 Euro (etwa 75.000 T) dabei, und 50.000 T in iran. Währung. Beides hielt ich dem Geschädigten hin, weil ich nicht mit einem Versicherungsscheinschnipsel bezahlen wollte. Auch hier wird man höhergestuft, wenn man einen Schaden verursacht. Den Euroschein begutachteten die beiden eingehend und gaben ihn mir kopfanhebend zurück. Vermutlich gibt es hier sehr gute Farbkopierer. Ich kam dann mit der Gabe des iranischen Schecks aus, was ca. 35 Euronen bedeutet. Umpf. War zwar billig, aber ich hab mich doch geärgert. Achja, an unserem Auto ist nichts zu sehen.
3 Vorstellungen mit 300 Zuschauern an drei aufeinanderfolgenden Tagen gab es zu bestehen, und es war eine sehr schöne Erfahrung, zu sehen, wie sechs der Kinder, die in dem Krankenhaus Patienten sind, als Artisten ganz Teil des Zircus (wie schreibt man das denn nun eigentlich?) wurden. Die Behandlung war teilweise sogar so gelegt worden, dass sie nicht wegen Medikamentenübelkeit nicht teilnehmen konnten. Die Erlöse gingen dem Krankenhaus zu, das sich aus privaten Spenden finanziert, und worüber gesagt wurde, dass es Behandlungserfolge wie im Westen hat.
Annette hatte alles gut vorbereitet, um unsere Kinder mit dem Thema todkranker Kinder bekannt zu machen, mit einem Treffen in der Schule, wo die Ärzte Fragen beantworteten. Trotzdem war es besonders für Martje natürlich nicht einfach zu hören, dass eins der Mädchen, die einen Krebs bezwungen hatte, jetzt mit Leukämie geschlagen ist. Wenigstens ein Gutes hat es, hier Patient zu sein: die Lage des Krankenhauses ist ganz oben, der Blick auf die Stadt ist von hier immer schön.

Krankenhäuser bis fast zum Kotzen

Diese Woche fing ja noch ganz lustig an: am 11.11. war St. Martinstag (kennt man in Norddeutschland inzwischen glaub ich auch) für die Grundschule und den Kindergarten. Traditionell spielt der 2. Schulleiter den Bettler (ohne Brille, Ehering und Schuhe), der vom Hl. Martin gerettet wird. Er meinte, die Rolle passt zum Lehrer. Da hat einer mit A14-Gehalt und Auslandszulage aber gut reden.
Am nächsten Tag war ich mittags zu einem Bekannten bei Muttern eingeladen. Es war sehr herzlich und schön, so dass ich Steffi mit einem Taxi von der Schule dorthin bringen ließ.
Während die Kinder mit Steffi im Park waren, durfte ich auf AliReza´s Motorrad in THR eine kleine Runde drehen. Als wir zurückkamen, waren alle in heller Aufregung. Martje hatte sich unter einem Schaukelpferd, das nicht vom TÜV Rheinland abgenommen worden war, den Fuß eingeklemmt und wir mussten ausschließen, dass er gebrochen ist. Also ins Krankenhaus, das zum Glück nur ein paar Schritte entfernt liegt.
Die Prozedur ist für uns eine andere als in D: Zunächst wurden wir in die Ojans (Ambulance) geleitet, wo großer Trubel herrschte, da wir nicht die einzigen waren. Und alle in einem Raum ohne Privatsphäre. Wär mir im Notfall auch egal.
Haben Sie eine Akte ausgefüllt? Na gut, machen wir. Die Ärztin diagnostizierte. Lustig im Ernst war, dass alle Weißkittel erstmal M.´s Kopf und Brust abtasteten, da in die Akte jemand „Pferd“ reingeschrieben hatte, und „Schaukel-“ nicht. Dann wird man mit Zettel zum Röntgen geschickt, von dort wieder zurück zur Kasse, wo man die Bilder bezahlt.

Die Kasse liegt gleich beim Eingang, alle anderen Stellen wie Rö, Doktorenzentrale, Apotheke möglichst weit davon entfernt…
Mit dem Beleg zur Rö-Abteilung zurück. Dann Bild gemacht. (Hier hab ich übrigens zum ersten Mal eine Bleischürze gesehen, und ich kenn leider schon einige Röntgenabteilungen in IR.) Mit Bild zum Doc. Der sagt, mach noch eine Vergleichsaufnahme. Wieder zum Röntgen, und ein Zettel vom Doc mit Nummerncode sagt dem Mann an der Kasse, was es kostet. Beim Röntgen stell ich fest, dass der Zettel für die Arbeit des Arztes war. Beim Röntgen krieg ich einen neuen Zettel. Also wieder zur Kasse. Endlich kann Bild Nummer zwei gemacht werden. Doc sagt, ist nicht schlimm, aber wir wollen den Fuß für ein paar Tage ruhigstellen.
Also braucht er eine Gipsschiene. Die gibts in der KH-Apotheke. Ein Wisch mit Nummerncode sagt dem Apotheker, was er geben und nehmen soll. Er gibt aber lieber eine Rechnung, die ich an der KH-Kasse bezahlen soll.
Mit der Quittung bekomme ich die Heilmittel. Damit zum Gipsraum, wo zwei Gipser sich um Martje kümmern und die gekauften Sachen verarbeiten. Leider wurde das ziemlich schwer, so dass Martje eher unruhig als ruhiggestellt wurde.
Nach 3 Stunden konnten wir wieder nach Hause fahren. Inzwischen ist sie bis auf ihre Influenza wieder obenauf.

2 Tage später: Bei der Generalprobe für die Zirkusaufführung rutschte Solveigh im Flur aus und schlug sich ihr Gesicht blutig. Die eine Hand tat auch weh. Nun waren wir ja schon im KH, weil hier der Circus stattfindet. Also können wir auch einfach runter in die Ambulanz und sicherstellen, dass es nichts Ernstes ist. War leider nix: Wieder ein Röntgenraum mit Bleischürze benutzt – Finger gestaucht und Näschen gebrochen.
Jetzt fehlt nur noch JanIngmar, dann glaub ich an tiefere Mächte, die uns hier rausekeln wollen. Lustig fand ich, dass im Röntgen-Vorraum eine Plüschkuh im Rasta-Outfit hing, die einen Joint raucht und Steeldrum spielt.

Schweinegrippe sei Dank!

Dienstag gab die Schule bekannt, dass der Rest der Woche wegen Schweinegrippe frei wäre. Na ja Schweinegrippe nicht direkt, aber da die Hälfte der Schüler wegen unterschiedlicher Krankheiten fehlten, dachte man sich, es hat für den Rest auch keinen Sinn mehr, zu kommen.
Gut für uns, da wir so Mittwoch nachmittag nach Kashan (ca. 250 km) fahren konnten. Es ist eine ziemlich kleine Stadt mit nur 320.000 Einwohnern.
Wir fuhren einfach so drauflos, hatten aber die Telefonnummer von Kashanis in der Tasche.
Woher wir die kannten? Als wir auf der letzten Tour im Bagh-e Fin (Fin-Garten; warum mein Wörterbuch Fin mit Nasenschleim übersetzt, kann ich mir nicht erklären) Halt machten, bekam eine Frau mit, dass wir Deutsche seien. Sie bat uns zu warten und rief ihren 10-jährigen Enkel herbei, der seit 4 Jahren deutsches Fernsehen kuckt und so fließend Deutsch gelernt hatte. AliReza führte uns durch den Garten und den Hammam (Badezimmer) eines Hauses, und am Schluss luden sie uns mehrfach ein, bei ihnen über Nacht zu bleiben. Leider hatten wir keine Zeit.
So luden wir uns jetzt von unterwegs bei ihnen ein. Wenn es nicht gepasst hätte, wären wir in ein Hotel gegangen. AliReza wohnt mit seinen Eltern weiter außerhalb, aber die Großeltern haben ein relativ großes Haus in Kashan.Die Großeltern fuhren am nächsten Tag auf eine Reise nach Kerbala, Irak, wo sich das größte schiitische Heiligtum befindet. Somit waren AliReza und seine Mutter F. am nächsten Tag unsere Reiseführer über den Basar und in einige historische Häuser. Einige reiche Kaufleute bauten nämlich für sich oder ihre Schwiegertöchter wahre Paläste, die jetzt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.Hier erstmal ein Bild vom Bazar vom Timche-ye Amin-al-Dowleh, wo es ein Teehaus gibt. Der Teehausbesitzer ließ uns für ein großzügiges Trinkgeld und ohne kleinere Kinder auf das Dach, von wo man einen wunderbaren Eindruck vom Bazar und der Altstadt bekommt.Im Vordergrund seht ihr einen Badgir, einen Windturm, der an heißen Sommertagen durch seine Öffnungen den Wüstenwind nach unten führt, von wo er oft über ein Wasserbecken geleitet noch mehr gekühlt im Haus verteilt wird. Altertümliche Klimaanlagen sozusagen. Die neuen Badgirs sind strombetrieben und meistens von Samsung.Natürlich gibt es nirgendwo Geländer, und deshalb durfte Martje auch nur unter der Auflage mit, dass ich sie ständig an der Hand halte. Xatarnake, gefährlich! hörten wir in diesen Tagen öfter als sonst im Iran. Allgemein werden Kinder nicht viel eigener Experimentierfreudigkeit ausgesetzt. Wohingegen es nichts ausmacht, sein Kind auf dem Motorradtank und noch ein Neugeborenes unterm Arm der Sozia durch die Stadt zu kutschieren.
Auf das nächste Dach nahmen wir alle Kinder mit. Steffi liebt es dann, Geschichten aus 1000undeiner Nacht zu erzählen und den Kindern die Räuber mit ihren Eseln, die Ölschläuche tragen, vor den Augen Wirklichkeit werden zu lassen. Unsere Kinder sind ja nun nicht grade aufs Knie gefallen (außer JanIngmar, der einen dicken Verband tragen musste, weil er in der Schule von der Treppe gestürzt war), wir können einfach nicht verhindern, dass sie in diesen herrlich verwinkelten Palästen sich alles ankucken.
Alle dieser Häuser haben einen oder mehrere Chaharbaq´s (Vier-Garten, den von vier Pfaden oder Wasserkanälen geteilten Garten mit Wasserfläche in der Mitte; so stellte man sich hier das Paradies vor), das größte Haus (Xane-Ameriha) hat derer sieben, aber das bedeckt auch eine Fläche von 9000 qm. Als es Ende des 18. Jht. fertiggestellt wurde, war es das größte in ganz Persien. Selbst der Shah musste klein beigeben.Manchmal kam ich mir allerdings vor wie in einem Haus von M. C. Escher.
Dies ist aus dem Tabatabei-Haus, etwa 4500 qm groß, 200 Türen, 40 Räume. Jetzt stellt euch das noch mit wertvollen Teppichen und eingerichtet vor, und ein Haufen Angestellte – dann ist es wirklich wie das Paradies auf Erden.
Zurück in THR nahmen unsere Kinder gleich ein neues Katzenjunges aus der Mülltonne auf. (Das andere hat einen mehrtägigen Ausflug unternommen. Ob und wann es zurückkehrt, steht in den Sternen.)
Inzwischen gibt es einiges an Schee auf den Bergen zu sehen. Das Wetter ist noch immer T-shirt-Wetter, aber am Morgen braucht man inzwischen eine warme Jacke.
Bevor wir unsere Fahrt unternahmen, waren wir im italienischen Staatszirkus, wo wir uns auf den Auftritt des Zirkus Almani vor krebskranken Kindern einstimmten. Hier der Eingang zum Freizeitpark, in dem das Zelt aufgebaut ist.Es gab nur Männer und Tiere, keine einzige Frau zu sehen. Ein Tchador hindert vielleicht zu sehr beim Salto Mortale.Es wird aber noch einen eigenen Blogpost wert sein, wenn unsere Kinder ihre Vorführungen hinter sich haben.

Wieder Wüste und weite Welt

Das ist, was wir uns unter Orient vorgestellt haben…
Wir sind letzten Mittwoch um 6:00 morgens gestartet, wieder mit ein paar anderen Geländewagen (und den dazugehörigen Leuten, von denen wir einige noch nicht kannten) und ein Motorrad.
Ziel: die Salzwüste bei Kashan.

Freund R., der als Reiseführer arbeitet, wenn es das Studium zulässt, kam mit uns, um uns nach der Outbackzeit in seine Heimatstadt Shiraz zu begleiten und ein wenig von Iran zu zeigen.
Die Katze, die die Kinder angenommen haben, wurde leider von den Eltern verstoßen, so dass sie in unserer Abwesenheit vermutlich verhungert wäre. Also nahmen wir sie kurzerhand mit. Zum Glück nahm Lidia sie nach 2 Tagen Wüstentour mit nach THR zurück, so dass wir nicht auch noch für sie (die sich als „er“ herausstellte, weshalb sie den Namen von Tatinka zu Tsheshmo wechseln musste) sorgen mussten.Eine großartige Landschaft, die wir so noch nicht gesehen hatten, obwohl wir im Frühjahr nur wenige Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Bergkette auch schon in der Wüste gewesen waren. Eigentlich ist es wie auf Sylt, bloß dass es kein Meer gibt. Und das Salz im Salzsee ist an dieser Stelle gar nicht so, dass man sein Salzfass direkt voll machen kann. Es handelt sich nur um von Salz durchzogenen Sand. Und gut schmeckt es auch nicht.Es macht einen Heidenspaß, sowohl für die Kinder unter den Kindern als auch für die Kinder unter den Männern, in der großen Sandkiste zu spielen. Natürlich sind wieder einige Autos stecken geblieben, unseres auch. Nur mit fremder Hilfe kommt man raus. Schaufeln reichte nicht. Deshalb würde ich nie allein hier her fahren. Am schönsten ist es, den Sonnenaufgang zu sehen. Und den Sternenhimmel.
Und diese Ruhe!

Nach 2 Nächten verabschiedeten wir uns von unseren Begleitern und fuhren nach Süden. Die Straßen sind durchaus gut, man kann eigentlich beständig 120 fahren. Leider darf man nicht. Manchmal darf man 110, sonst ist 90 angesagt. Hier durfte ich 90. Kostet leider 30.000 Tuman.
Das ist eine der Sachen, um die uns die Iraner beneiden: Straßen, auf denen man so schnell fahren kann, wie man möchte. Sie wollen immer gar nicht hören, dass das nur auf ganz wenigen Strecken der Fall ist.
Abends um 11 kamen wir in Shiraz, etwa 600 km entfernt bei R.´s Schwester an und genossen die sprichwörtliche Gastfreundschaft. Wir durften das Souterrain bewohnen.
Hier sind wir mit der ganzen (heiligen) Familie zu sehen – im Vordergrund die gebenedeite Teekanne.2 Tage hatte R. noch Zeit, uns die Stadt zu zeigen, aus der der gleichnamige Wein stammt. Nach der Revolution wurden viele Weinstöcke rausgerissen, einige aber gerettet und erlangten in Australien und Südafrica eine neue Berühmtheit. Also wenn ihr die nächste Flasche Shiraz leert, denkt an uns, wir kriegen hier leider keine…

Nur 60 km von Shiraz entfernt liegt Persepolis, eine 2500 Jahre alte Palastanlage, die von Dariush angefangen wurde, um als Winterpalast und Feststätte für das Neujahrsfest zu dienen. 332 BC von Alexander erobert und vermutlich niedergebrannt. Ist so aber auch ganz schön… In der näheren Umgebung sind einige Altertümer aus der Zeit und vorher, die unsere Lehrer uns in Geschichte beibringen wollten.Hätten wir ein Fliegendes Klassenzimmer gehabt, hätte ich damals mehr Interesse gehabt. Hier Solveigh als Stewardess, quatsch Schülerin in Schuluniform, die die Mädchen ab der 1. Klasse tragen müssen. Obwohl offiziell erst ab 10 Jahren Hejab Pflicht ist, sind Maghna´e (Kopftuch zum Überziehen) in den Schulen vorgeschrieben.
Hier beobachtet JanIngmar einige Shirazi beim Beten im Emamzadeh (Wallfahrtsstätte eines Emams). Bei den Schiiten kommt es nicht so drauf an, ich hab auch schon Leute in der Moschee schlafen (ich weiss, kommt in deutschen Kirchen oft vor, bloß, dass nicht so bequeme Teppiche rumliegen) oder essen sehen. Die Lichter an den Wänden kommen von 1000-den von Spiegeln, die alle Wände und Decken als Mosaik bedecken.
Dies ist das Dach über dem Grabmal von Hafez, dem persischen Dichter, mit dem Goethe sich schon intensiv beschäftigte und daraufhin den West-östlichen Diwan schrieb. Shiraz hat noch so viel mehr zu bieten, wir sparten uns einiges für den nächsten Besuch auf.
Wir fanden noch 2 ganz schöne Teppiche für unsere Riesenwohnstube, die hier grade eingepackt werden. Auf dem Rückweg landeten wir u.a. in Natanz, weltbekannt für die Urananreicherungsanlage in den Bergen. Wir mussten hier halten, weil es schon so spät geworden war. Das Hotel hatte kein Frühstück. Eine Imbiss-Bude im Souterrain reichte Suppe, Brot mit Ei und ich kam in den Genuss, Kallehpaatche (Schafskopf und -fuß) zu essen. War durchaus lecker, aber zum Frühstück krieg ich Fleisch eigentlich nur bei echtem Hunger runter. Man kriegt natürlich nicht den Schädel und die Pfote gereicht, sondern nur Teile davon.

Natanz hat eine sehr sehenswerte alte Moschee und der Markt war so, wie man sich einen Markt hier vorstellt. Der letzte Abstecher war die Stadt Kashan, und hier auch nur den Bagh-e-Fin, einen 200 Jahre alten Garten, der mindestens genauso schön wie die Gärten in Shiraz ist. Der Moloch THR hat uns dann wieder so verwirrt, dass wir uns prompt verfuhren – ich habs noch nicht einmal ohne Herumirren geschafft, von Süden nach Hause zu finden. Irgendwann waren wir völlig orientierungslos. Wir fragten Leute am Straßenrand. Einer sagte, fahrt hinter meinem Motorrad her, und von Kreisverkehr zu Kreisverkehr leitete er uns eine halbe Stunde durch den Stop-and-Go-Verkehr, bis wir uns wieder auskannten. Aghaye Havij (Herr Karotte, wie wir ihn wegen seiner Möhren auf dem Gepäckträger nannten) verweigerte die Annahme des angebotenen Geldes durch empörtes Kopfheben und fuhr davon. Aber sowas passiert uns ständig.
Mit das Schönste war, dass unser Oldtimer uns eine Woche 3000 km durch Persien kutschiert hat, und das ganz ohne Macken.

Africa und wilde Tiere

Jetzt wohnen wir (fast) in Africa.
Die Nachbarn, auf die wir Richtung Garten blicken, sind Bank- und Bürogebäude. Leider reißen sie gerade 2 Häuser neben unserem ab. Das heißt, dass es lange nachts laut werden wird.Die Straße, von der unsere Gasse abgeht, heißt Afriqa, die früher unter dem Shah Jordan hieß. Hier sind etliche Nobelmarken mit ihren Shops vertreten. Der Name hält sich noch immer. Früher war ja sowieso alles besser – warum soll es hier anders sein als sonstwo in der Welt? Im Garten gibt es Katzen, für ein paar Tage haben die Kinder sich um das Kleine mit den verklebten Augen gekümmert.

Ich hab nicht viel Lust zu schreiben, es geht uns aber gut, nur das Leben ist etwas voller und schneller geworden.

Deshalb nur noch ein paar Bilder mit Äpfeln, die dem Kunden die schönste Seite zeigen,
Hunden, die wie Kuchen aussehen, von unfertigen, und fertigen Häusern: Diese Straße führt zur Afriqa, und abends ist es fast immer so voll.

Dann fahren Unmengen junger Leute im Auto die Afriqa-Straße hoch und runter, um sich nebeneinander her fahrend zu unterhalten, Telefonnummern auszutauschen und auf die Art jemanden kennenzulernen.
Da ist es sehr erholsam, mal wieder einen Ausflug in die Berge (hier zum Sad Latian Stausee) zu machen, Steine zu sammeln und die Kinder im eiskalten Wasser baden zu lassen.

An- und Entspannung

So, der Umzug ist gemacht und wir hausen in unserer wunderschönen Wohnung im nördlichen Tehran-Mitte. Der Umzug ging ruck-zuck von statten: in 2,5 h waren wir fertig. Das Umzugsunternehmen schickte 5 statt 4 bestellten Packern, die mit Wagen für 3 h 90.000 T bekommen sollten. Es ging ja etwas schneller, dann fingen die Verhandlungen an: der Freund, der uns die Verabredung gemacht hatte, hatte erzählt, jeder Packer bekäme 10.000 T Trinkgeld. Beim Bezahlen hielt ich ihnen großzügige 150.000 T hin, was der Chef durch abweisendes Grinsen ablehnte. Jeder bekäme 50.000 T. Das fanden wir jetzt frech, auch wenn sowohl Waschmaschine als auch 180cm Kühlschrank auf dem Rücken einer Person in unsere neue Wohnung kam. Unser Bekannter war inzwischen fort, ein Anruf bei ihm führte jedenfalls dazu, dass wir bei 20.000 pro Mann klein beigaben und noch 10.000 für die runde Summe von 200.000 T drauflegten. Naja, wenn wir mal umrechnen, sind das etwa 140 € – wir wollen nicht undankbar sein. Aber von meinem Chef weiß ich, dass z.B. ein Elektrofacharbeiter etwa 30.000 T, wenn er richtig gut ist, 50.000 T bekommt – pro Tag! (immer geteilt durch z.Zt. 1450 entspricht €)Heute war nun das Ende von Ramazan: Eid-e Fetr, das endgültig durch den Blick in den Mond durch den obersten Führer Chamenei festgelegt wird. Alle haben frei und endlich darf auf offener Straße wieder gegessen und getrunken werden. Wie so viele unternahmen wir einen Ausflug in die Berge nach Dizin.
Der Wagen, der in der letzten Woche eine neue Kupplung bekommen hat, wofür der Motor ausgebaut werden musste,machte zwar mal wieder etwas Probleme mit einem Benzinschlauch (die wir selbst lösen konnten), aber schließlich kamen wir heil und gesund in unserem neuen Zuhause an. Atemberaubende Landschaft. Oben an der höchsten Station,wo im Winter die Abfahrtsprofis wie Martje starten, gibt es heiße Suppe zu kaufen. Bei der Schiebkarre ist der nicht so wohlhabende, in dem Zelt dahinter der „stationäre“ Händler. Da es schon recht kalt ist, verkriechen sich die Verkäufer, wenn keine Kunden da sind, in ihre Zelte (oder wie man die Lappen mit Bretterverschlag sonst nennen mag).
Das wird ab morgen der Vergangenheit angehören. Dann müssen Steffi und die Kinder mit dem Taxi zur Schule. Ich fand durch Fragen beim Blumenhändler heraus, wo eine Taxi-Agence in der Nähe ist, und schaffte es immerhin für den folgenden Tag ein Taxi zu bestellen. Auch wenn ich noch nicht alles verstehe, bin ich schon etwas stolz auf meine Persisch-Kentnisse. Wir sind sozusagen hier angekommen.

Einschulung, Autobazaar und Vollkommenheit

Jetzt ist es schon ein Jahr her, dass JanIngmar und Solveigh eingeschult wurden (ging dies Jahr vielleicht schnell rum!); diesmal waren sie diejenigen, die das Programm für die zukünftigen Erstklässler mitbestritten. Solveigh wartet hier mit ihrer Ansage darauf, dass endlich alle still sind.

Mit 19 Kindern ist die erste Klasse die größte an der Schule, Solveighs und JanIngmars Klasse hat 10 Kinder, die vierte hat 8 Kinder und hier sieht man die Aufführung der dritten.
Ich war 2 Tage vorher mit 2 Bekannten in der Innenstadt, tagsüber, weil der Vergaser unseres Autos Probleme machte. Dorthin darf man aber nur mit einer Umwelt-Plakette, die unser Auto leider nicht hat. So fuhr ich auf der Spur, wo an der „Grenze“ grad kein Polizist stand. Babak hinter mir sagte die ganze Zeit: „Don´t stop, gaz bedeh!“ Ums Aufschreiben kamen wir damit trotzdem nicht rum, das ist dann unser erstes Ticket, was wohl 20 € kosten wird. Während die Dichtungen des Vergasers gewechselt wurden, konnte ich dann den ganzen Nachmittag auf dem Großen Bazaar für Autoteile verbringen.
Meine Begleiter schätzten, dass vielleicht 10% bei Ramazan mitmachen, wir gingen mittags ins Hotel, wo es sogar Kabab zum Mitnehmen oder auch Dortessen gab.
Die Straßen sind so dermaßen voll, man kann den ganzen Tag dort stehen und dem Treiben zuschauen, nie wird es mir langweilig, abgesehen davon, dass dauernd jemand kommt, um mir die Hand zu schütteln, zu fragen, woher ich komme, meine spärlichen Sprachkenntnisse zu loben (haha) und ein paar Brocken Englisch oder Deutsch loszuwerden.
Noch ein paar iranische Merkwürdigkeiten zum Schluss:
Dies ist nicht in der Stadt, sondern aus dem Norden (Tajrish). Und hier sind Blumenbeetübergänge für Fußgänger abgeladen worden, die nicht ganz passten – egal!
So sieht das Ende einer Kondensatleitung für die Klimaanlagen oft aus. Man wusste ja bei der Planung noch nicht, dass hier Wasser anfällt.
Auch bei diesem Neubau war wohl noch nicht klar, dass es drinnen mal heiß werden würde…Aber es ist auch nicht überall so wie bei diesen Beispielen – oft genug staunen wir über die Geschicklichkeit der Handwerker. Aber es hat fast nie den Eindruck des Perfekten. Ist aber auch etwas gewollt: In die Teppiche z.B., für die die Perser ja berühmt sind, werden absichtlich Fehler eingearbeitet – damit soll signalisiert werden, dass nur Gott zur Vollkommenheit fähig ist.

Wer hilft? Meistens keiner.

Gestern ging ich die Hauptstraße Richtung Shari´ati hinunter, weil ich in unserer neuen Wohnung die Lackierung des Parketts aussuchen sollte und dafür ein Taxi dorthin brauchte. Ich sah einen Mann am Kantstein des Bürgersteiges oder was man dafür halten soll auf dem Boden hocken, mit einem Bündel Klamotten zwischen seinen Beinen und einer Packung Nitroglycerin darauf.

Nein, kein Terrorist, ein Kranker.
Alle Passanten gingen vorbei, obwohl er hilfesuchende Gesten machte. Ich fragte ihn, ob ich helfen könne, aber er konnte nicht sprechen, hielt sich nur die Brust. Aber er bedeutete mir, vom Kantstein wegzuwollen zum fünf Schritte entfernten Hauseingang. Von den Nitro-Kapseln aus der Blisterpackung hätte er schon genommen. Ich half ihm hoch, was nicht ganz einfach war, trotzdem hielt keiner an, um ebenfalls behilflich zu sein. Der Hauseingang führte zu einer Apotheke. Dort setzte ich ihn auf einer Treppenstufe ab, ging rein, um um Hilfe zu fragen. Die Frau hinterm Tresen sagte nur, sie sei kein Arzt. Ob sie jemanden anrufen könnte? – Gegenüber im Hauseingang sei eine Arztpraxis. Ich hin, aber es machte keiner auf. – In der Zwischenzeit hatte sich mein Schützling soweit berappelt, dass er mir bedeuten konnte, Wasser zu wollen. Das konnte die Apothekerin denn wenigstens besorgen. Ich blieb noch eine kleine Weile, bis der Angina-Pectoris-Anfall offensichtlich besser war, hörte mir noch an, dass er aus einer anderen Stadt käme, und kein Geld habe. Schließlich machte ich mich auf den Weg zu unserem Haus, nachdem ich ihm noch 5.000 Tuman in die Hand gedrückt hatte.
Hier muss jeder für sich selbst sorgen, wenn er keine Familie hat, die ihn auffängt.
Ich erinnere auch eine Situation, die vor knapp einem Jahr war, als ich noch die Stadt erkundend durch die Straßen lief: Da stolperte eine ältere Tschadori-Frau über einen zu lang abgekniffenen Metallhaken im Asfalt, schlug lang wie ein Brett hin, trug einige Schürfwunden davon und schlug sich die Schneidezähne kaputt. Ein paar Stückchen fand ich noch auf dem Gehsteig. Ich war sofort zur Stelle, um ihr aufzuhelfen, aber ich merkte, dass sie das eigentlich nicht wollte. Schließlich war ich ein Mann, der sie gar nicht berühren darf. Eine Passantin nahm sich ihrer dann an.
So ähnlich sah ich mal, das eine ältere Frau zwischen Autos auf der Straße stolperte und Mühe hatte, wieder hochzukommen. Die Männer, die daneben standen, taten nichts ausser ihre Sachen bereitzuhalten, bis sie sich wieder berappelt hatte.
Steffi sagte, die selbstlose Hilfe ist im Islam einfach nicht angelegt, und trotzdem fühlen sich immer alle schuldig. Aber ganz so stimmt das nicht, die Gabe von Almosen gehört schon dazu. Aber vieles geschieht eben, und es gibt kein Entrinnen.
Erklären würde dies Verhalten, dass man für den, dem man hilft, verantwortlich ist und schließlich für die Krankenhausrechnung und mehr aufkommen muss. Aber das ist nicht verbrieft.
Manchmal sehen wir im Stau Krankenwagen, die auf dem Weg zu einem Krankenhaus sind. Weil es keine Rettungsgasse gibt (alle fahren so dicht auf, wie es geht, damit ja keiner einem den Platz wegnimmt), steht der Rettungswagen ungeachtet des Blaulichts und Martinshorns so lange, bis wieder Bewegung in die Schlange gekommen ist, und etwas Platz zum Durchkommen geschaffen wurde.
Ich fragte in so einer Situation Freund Reza einmal, was denn mit den Kranken sei, die wirklich dringende Hilfe bräuchten. – Lapidare Antwort: Der muss dann sterben, Gott hat es so bestimmt. Und es gibt so viele Menschen hier…
Da hat er ja nun auch wieder Recht.

Ramazan

Seit gestern sind wir tatsächlich schon ein Jahr in diesem Land. Und worüber schreibe ich jetzt? Wir kennen doch schon alles.
Aber jetzt ist Ramazan, was der islamische Fastenmonat ist. Nee, kein Druckfehler, hier heißt es nicht Ramadan. Es bedeutet, dass von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang keiner, der nicht Kleinkind, schwanger, menstruierend, krank oder auf einer Reise, die weiter geht als 40 km (sicher auch ´ne Regel aus Vor-Automobil-Zeiten), also dass so jemand, der das nicht ist, auch den ganzen Tag nicht essen darf. Letztes Jahr begann der Fastenmonat Anfang September – jedes Jahr ist er, da er nach dem islamischen Kalender berechnet wird, 11 Tage früher. Was jetzt misslich ist, da er Jahr für Jahr immer weiter in den Sommer fällt. Und es ist schon warm!
Ach ja, vergessen: Rauchen darf man auch nicht. Ich glaub, Sex ist auch verboten. Und TRINKEN sowieso. Und wie die Leute das ohne Flüssigkeit den Tag über aushalten, weiss ich nicht.
Am ersten Tag des Ramazan war ich auf dem Nachhauseweg über den Bazaar von Tajrish gegangen und ich hatte etwas Hunger, also kaufte ich mir eine Piroschki, so´n Fettgebackenes mit Fleischfüllung, kriegte es in einer kleinen Plastiktüte gleich mit Ketchup in der Tube. Ich hatte plötzlich richtig Hunger, also schnabulierte ich das im Gehen weg.
Als ich abends mit unseren Nachbarn sprach, fiel es mir ein, dass ja keiner in der Öffentlichkeit essen darf und dass ich das ja auch nicht durfte und verstand jetzt auch die verständnislosen Blicke der Passanten.
Amin erzählte, ich solle das doch in Zukunft lieber lassen. Ob mir was passieren könnte? Naja, die Polizei könnte mich schon mit zur Wache nehmen und etwas länger befragen. Aber als Xareji=Ausländer würde ich nicht eingesperrt werden.
Hat aber gut geschmeckt.
Es ist wie mit den Kopftüchern, alle Frauen müssen die Dinger tragen, wenn sie älter als 9 sind; jeder muss fasten, jedenfalls in der Öffentlichkeit. Hier ist wieder mal die Zweigesichtigkeit der Perser zu beobachten: zu Hause machen sie, was sie wollen…
Blöd ist, dass man natürlich auch kein Essen tagsüber im Deliveryservice bekommt. Da muss man sich sein Butterbrot mittags eben selber schmieren.
Aber wenn es gegen Sonnenuntergang geht, dann sind alle geschäftig unterwegs, um für das nächtliche Festmal einzukaufen, und der Geruch der metabolischen Azidose ist überall zu riechen.
Fastenspeise (süßer Pudding) wird aus großen Töpfen in Plastikeimern verkauft, leckere süße und saure Früchte gibt es überall. Und spezielle Backspeisen, die es sonst nicht zu kaufen gibt.
Als ich anschließend im Bus saß, saß eine Frau, die vielleicht die Mutter des neben ihr sitzenden jungen Mannes war, im vorderen Teil des Busses. (Frauen sind immer hinten, Männer immer vor der Mitteltür. Das ist bloß andersrum, wenn der Busfahrer eine Busfahrerin ist. Im Taxi sitzen alle, wie sie wollen, und getrennte Fahrstühle hab ich auch noch nicht gesehen…)
Und als der Busfahrer losfahren wollte, entdeckte er SIE! Er laberte so lange, bis sie sich nach hinten setzte. Und ich dachte, dass die Sache mit den Frauen in Ahmadi-Nejads Regierung, welche die Mullahs nicht dulden wollen, bloß so eine Obere-Ebene-Diskussion wäre. Man kann nur hoffen, dass Chamenei sich nicht dazu äußert, dann wird es wohl stillschweigend hingenommen. Als Frau hat Mann es bisher noch nicht so besonders gut hier.

Die noch nicht reifen Granatäpfel sind aus unserem zukünftigen Garten, die sauren Namenhabichvergessen werden mit Salz gegessen, und die crepeartigen Dinger mit dem Überzug wie ein Wundverband sind mit Zimt und Mandelsplitter gefüllt.Die Jungs sind von der Metro-Baustelle, kurz vor Sonnenuntergang, die Kollegen sind wohl gleich mit Kochen fertig, das Brot wird grade rangeschleppt, und dann wird gefeiert.
Und ich leg mich jetzt auch auf mein rotes Sofa. Oder setz mich mit meinen Freunden und der Familie auf die Straße und speise unser Festmahl.