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Verstand? Fehlanzeige. Aber Glück!

Seit wir in Iran zurück sind, suchen wir eine neue Wohnung für uns, weil wir in unserem Eckhaus ohne Garten und an einer Hauptstraße gelegen nicht glücklich waren. Diverse Makler haben wir in den letzten Tagen gesehen und gesprochen, meist auf Englisch. Und haben die Vorstellung, wie wir zu leben zu haben, in deren Köpfen geradezurücken versucht.
Gestern hatten wir einen dabei, der KEIN Englisch spricht, und auch da klappte es recht gut, klarzumachen, was wir uns wünschen. Immerhin zeigte er uns heute morgen das Beste, was wir während unsrer Suche überhaupt gesehen hatten.Und dann rief uns der Vater eines von Steffi´s Schulkindern an: wir hätten doch vor 2 Monaten mal darüber gesprochen, dass wir eine Wohnung suchen würden. Ob das denn noch der Fall sei? Sein Schwiegervater hätte jetzt eine Wohnung zu vermieten. Wann wir uns treffen können? Heut nachmittag wäre gut.
Und das ist ein Foto von der Rückseite. Wir werden den linken breiteren Teil im Obergeschoss bewohnen, können aber den Garten nutzen (Granatapfel- und Feigenbäume, Weintrauben, Rosmarin) und es hat einen Pool!

Es hat ca. 210 qm mit 3 Schlafzimmern, einem Vollbad, einem Duschbad und Gäste-WC, ein sog. Seat, wo man nichtrepräsentativ sitzen und rumlümmeln darf, ne große Küche und ein Riesenwohnzimmer. Ungewöhnlich für persische Wohnungen: Parkettboden in allen Wohnräumen. Und bevor wir einziehen, soll alles noch gemalt und eine neue Küche eingebaut werden.
Das einzige Blöde ist, dass die Kinder nicht mehr zur Schule gehen können.
Ach, hätten wir nur etwas Sekt zum Anstoßen…

Pause vorbei

Nach 4 Wochen, die wir in unserem eigenen Haus in D verbrachten, sind wir jetzt schon wieder ein paar Tage in THR. Schön war es schon.
5 Stunden Flug direkt von HH nach Tehran, und als wir um 22:00 das Flugzeug verließen, empfingen uns angenehme 33° C (bei max 15% Luftfeuchtigkeit) und das übliche Gewirr von Menschen und Maschinen. Wir freuten uns direkt, als wir um ca. 23:00 wieder einen Motorradfahrer mit Frau aufm Sozius und 3jähriger Tochter auf dem Tank an uns vorbeirasen sahen.

Wir hatten in der Schule darum gebeten, von einem Schulbus abgeholt zu werden. Unser Gepäck betrug nämlich fast 11 Fullsize-Koffer mit einem Gesamtgewicht von 182 kg (plus Handgepäck).
Was drinnen war, möchtet ihr wissen? Ihr Naseweis, ihr … Na, das kommt später im Jahr.
Aber einiges von dem, was es hier nicht oder nur selten gibt, wird verraten:
Haferflocken 5 Kilo (Es gibt nur Gersten- und Weizenflocken)
10 x Shampoo für BLONDES Haar,
6 x Nusspli, (es gibt zwar Nutella, aber das kostet 4 €/Miniglas)
Lakritze div. Sortierungen und WEINgummi
und na klar Mettwurst und Schinken und andere SCHWEINereien.
Und deutsche Bücher, vor allem für die Kinder und die Schule. Amazon liefert nämlich nicht in den Iran.
Mit den Dingen, die man hier nicht oder nur schwer bekommt, ist es natürlich wie mit allen Mangelwaren – sie sind teuer. Wein wie von Aldi für 1,59 € gibt es hier auch. Man ruft einen armenischen Christen an, der für die Religionsausübung Alkohol besitzen und konsumieren darf. Der kommt mit ner großen Tüte ins Haus und verkauft einem besagte Flasche für etwa 15-20 €. Da kann man für wenig mehr auch gleich harte Sachen bestellen. Die Gefahr für den Hehler ist nämlich gleich groß, Alkohol ist eben Alkohol, egal wieviel Umdrehungen er hat.
Kleine Geschichte von einer Bekannten: Sie fragte in ihrem kleinen Supermarkt ein paar mal, ob der Verkäufer ihr nicht mal etwas Alkohol besorgen könnte. Neinnein, das ginge nicht, da käme er nicht ran. Aber irgendwann – wars Freundlichkeit, Profitgier oder plötzliches Zutrauen zum regelmäßigen Kunden, wollte er doch was beschaffen. Bei den nächsten Einkäufen war er jedoch nicht da.
Und als er nach ein paar Wochen wieder da war, fragte sie ihn, wo er denn gewesen wäre. Tja, beim Versuch diese begehrte Flüssigkeit zu besorgen, fiel er der Polizei in die Hände und wurde weggesperrt. Ich glaub, sie hat ihn nicht noch mal gefragt…
Und wir halten uns damit auch zurück. Natürlich auch mit allen anderen Drogen, die einem auch schon mal auf der Straße angeboten werden.
Aber wenn man hier über das nötige Kleingeld verfügt, muss man buchstäblich auf nichts verzichten.
Für unsere Religionsausübung werden wir mit der Weinproduktion indes bald beginnen. Wir haben nämlich zwei 25-Liter Ballons geschenkt bekommen. Und aus D Weinhefe mitgebracht.
Ich will hier mal ein bisschen belehren, weil viele Fragen zu Hause kamen, die mir so selbstverständlich sind, dass ich darüber gar nicht berichtet habe:
Geld kann man natürlich auf der Bank abheben und einzahlen. Wir haben aber gar kein Konto hier, weil Steffi ihr Geld direkt in bar bekommt und ein Teil direkt nach D überwiesen wird. Aber ec-Karten oder gar Visa oder MasterCard – nutzloses Zeug. Iran ist eine Insel.
Eine Mehrwertsteuer von 3 % wird gerade diskutiert, na jetzt vielleicht ausgerechnet nicht mehr, weil es momentan andere Probleme gibt. Aber ausländische Autos kosten nahezu das Doppelte wie in Deutschland, wegen Einfuhrzöllen und Luxusabgaben. Für einen neuen Landcruiser muss man etwa 140 Millionen Toman berappen – wenig mehr als 100.000 €. So begegnen einem auch mal Mercedes und Co, von dem die Mitreisenden erzählen, dies oder jenes Modell koste 250.000€. Bei solchen Preisen verwundert es nicht, dass Luxuswagen auch noch teuer aufgepeppt werden – es ist fast wie beim Wein-Schnaps-Unterschied, wenn´s eh schon egal ist…
Aber wir wohnen mitten unter ganz normalen Iranern, soweit man sie als normal bezeichnen kann, wenn sie sich eine Wohnung leisten können, die 2000€ monatlich kostet.
Die meisten Dinge hier kosten allerdings etwas weniger als in D, wenngleich die Supermärkte in D ungeschlagen billig sind. Benzin kostet uns zur Zeit noch umgerechnet 8 Cent pro Liter, Bananen etwa einen €, Brot soviel wie 5 Brötchen 35 Cent. Milch 60 Cent. Aber 2.-Wahl Pfirsiche oder Äpfel können schon mal 3 € kosten, wofür ich in der Saison in D 99 Cent bezahle.
Natürlich trägt Steffi draußen IMMER ein Kopftuch. Auf dem Schulgelände kann sie es abnehmen, da dort exterritoriales Gebiet ist. Die Kinder reisen quasi jeden Schultag aus.
Anfangs hat sie den Hejab mal vergessen, aber sie kam nie weit. Nicht, dass jemand sie angesprochen wurde, die Gesichter selbst von kleinen Jungen waren so entgeistert, dass sie schnurstracks wieder umkehrte.

Alamut

Die Rufe von den Dächern kommen noch immer, aber sie sind weniger geworden. Es scheint, als ob die Proteste niedergeknüppelt worden wären.
Die Probleme hier muss die Bevölkerung ohne unsere Hilfe bewältigen, und wir erkunden ein wenig dieses schöne Land.
In den letztenTagen waren wir 2 und einen halben Tag auf einer Safari etwa 250 km von THR entfernt. Es war wunderschön und sehr anstrengend, weil wir erst um 1 Uhr nachts wieder zurückkamen, und Steffi mit den Kindern um halb sechs am Flughafen sein mussten – Sommerurlaub in D.
Aber vor Hassans ital. Eisdiele hatten wir noch Ideen fürs Leben:
Erklärtes Ziel unserer Reise war Fort Alamut. Der Weg dorthin ist sehr abwechslungsreich, Serpentinen führen einen von einem Tal zum nächsten. Und so grün haben wir Iran noch nicht gesehen. Hier die ersten Reisfelder, an denen wir vorbeikamen.Es ist eine Festung aus vergangenen Zeiten in knapp 3000 m Höhe, die uneinnehmbar schien, bis um die vorletzte Jahrtausendwende die Mongolen kamen und sie eroberten. Ich frage mich warum, denn es ist ein relativ kleiner Felsen, der allerdings in atemberaubender Gegend liegt. Oben sind Ställe und Wohnräume zu erklettern, und die Zisternen und Vorratskammern sollen für 17 Jahre Belagerung ausgereicht haben.
Man kann sich von Eseln für teures Geld nach halbhoch bringen lassen, was die Kinder sehr genossen.
Hier ist unsere illustre Gruppe von 7, zeitweise 8 Geländewagen und 2 Motorrädern zu sehen, eine heterogene Mischung unterschiedlichster Altersstufen und Nationalitäten (Iraner, Schweizer, Franzosen, Deutsche). Zählen lasst sich sowas ja schlecht, weil ständig irgendwer sich bewegt, aber einmal haben wir 31 Personen ausgemacht.
Der erste Platz zum Übernachten liegt an einem See mit Badestelle, wobei die Frauen nur dabeistanden und neidisch kuckten. (Sie hätten mit Tschador bekleidet etwas weiter hinten durchaus ins Wasser gehen können.) Steffi sagt immer, Iran ist ein Männerland, und ich muss ihr recht geben. Kinder kommen aber auch auf ihre Kosten.
Der zweite Zeltplatz war auf einem Hochplateau, das man über den schroffen Berghängen, die wir passierten, nicht vermutet hätte. Und die Kulisse! Auf 2700 m Höhe mit Blick auf die 4700 m hohen Berge.Denkt bloß nicht, wir wären dort allein gewesen, dauernd kamen irgendwelche Schäfer mit ihren Herden vorbei oder Frauen mit Kindern. Das Einheitsschwarz, das wir aus THR oder anderen Städten kennen, wird hier wenig getragen.Einer von uns hatte einen Paraglidingschirm dabei, der bei Alamut erfolgreich zum Einsatz kam. Runter auf die Wiese ging es einen steilen 4×4-Trail,zurück blieb wieder mal einer im Matsch stecken, was sofort den Ergeiz der Führungsriege hervorrief und alles Equipment endlich wieder benutzt werden konnte.Man sieht, auch ausweglose Situationen können Spaß machen.Wir waren heilfroh, dass unsere alte Kiste diesmal ohne Probleme durchgehalten hat und selbst das Anhalten im Sumpf kein Steckenbleiben zur Folge hatte.
Schön wars! – Xeili xosh gozasht!
Und endlich haben wir mal ein Bild von 5 Personen auf dem Motorrad machen können!

Circus

Die letzte große Aktion, die in der Schule stattfand, waren 3 Vorstellungen des Ersten Kinderzirkus in Iran, der sich aus 28 AG-Kindern aus der Grundschule rekrutierte. Seit Oktober wurde Jonglieren, Zaubern, Feuerspucken, Einradfahren geübt, Kostüme angefertigt, Clownsnummern einstudiert und zu guter Letzt ein Circus-Zelt angefertigt, alles auf Betreiben von unserer guten Freundin Annette, die auch 3 Kinder an der Schule hat.
Was für ein verrücktes Vorhaben, auf das alle Beteiligten sehr stolz sein können. Vor allem die Kinder sind selbstsicherer geworden.

Zu jedem Circus gehört auch eine Tiershow, diese bestand allerdings nur aus einem Tier, nämlich aus Lori, der Eselin, die extra aus dem THRer Vorort angekarrt wurde. Sie durfte 3 Tage auf dem Gelände der Englischen Residenz, wo auch die Dt. Schule untergebracht ist, wohnen.

Wir hatten tierisches Glück, dass es am Wochenende der Wahl war, weil seitdem alle Aktivitäten der Freude aus Pietätsgründen abgesagt sind, oder vom Iran. Außenministerium nicht zugelassen werden. Dann verweigern die Guards vor der Schultür allen dunkelhäutigen Menschen den Zutritt zum Gelände. So gibt es dieses Jahr wohl kein Sommerfest.

Es kamen schon Anfragen, ob wir als Wanderzirkus durch Iran ziehen würden.. Wer weiß?

 

Allah-u-Akbar

Da stehen sie, auf den Dächern und singen jeden Abend eine halbe Stunde lang „Gott ist Groß“.
Seit wir mitkriegten, dass in unserm Haus auch viele Junge wie Alte oben sind, gehen wir auch hoch, um zu schauen und gutes Gelingen zu wünschen. Und heute haben wir mal mitgeschrien.
Ach wenn es doch nur gut ausgehen könnte.

Auch aus unserm Haus wollen welche zur Demo morgen, obwohl es nach der Freitagspredigt vom obersten Führer klar zu sein scheint, dass es kein Spaziergang wird.
„in völliger Ruhe“

Dies Bild ist noch von der ersten Demo am Freitag, die noch als genehmigte Veranstaltung vom Enqelab-Platz bis zum Azadi(=Freiheit)monument ging. Eine bis eineinhalb Mio. Teilnehmer.

Spannung in der Luft

Die Wahl ist ja nun gewesen, den rechten Ausgang hat es irgendwie nicht genommen. Mit wem man auch spricht, alle sind unzufrieden. So können die Unruhen noch lange gehen..

Aber macht euch keine Sorgen um uns. Soweit ist also alles in Ordnung. Arbeit und Schule finden geregelt statt, entschieden wird aber jeden Tag neu darüber.Wir sind von den Unruhen nicht direkt betroffen. Unsere Gegend ist kein belebter Treffpunkt, und alles an Unruhen findet an anderen Orten statt.

Am Tag sind wir in der Schule und bekommen sowieso nichts mit. Der Weg nach Hause führt uns nur durch kleine und noch kleinere Straßen, auf denen sich sowieso nur Anwohner bewegen. Ansonsten hören und lesen wir nur, was in der Stadt los ist, bekommen davon aber nichts direkt mit. Die einzige Sache, die wir selbst erlebt haben, war gestern Abend. Um 21.15 Uhr ging aus den Fenstern von den Dächern und aus den Hauseingängen ein lautes Gerufe „Allahu akbar“ (Gott ist groß) los. Es war wie ein Rufen und Antworten und war – wie ich heute erfahren habe – verabredet von Musawi-Anhängern, um ihrer Ohnmacht eine Stimme zu geben. Uns hat es sehr irritiert, weil wir nicht wussten, was los war. Es blieb bei uns alles friedlich. Das war nicht überall so, aber die Berichterstattung aus Teheran ist – wie ich das so mitbekomme – ganz aktuell und kritisch. Es sind etliche ausländische Berichterstatter in der Stadt. So werden diese ganzen Schweinereien wie von der Polizei angezündete Fahrzeuge usw. einfach gefilmt und verbreitet. Wir bewundern die jungen Leute für ihren Mut, fragen uns aber auch, zu welchem Erfolg das führen wird.

Die Kinder bekommen einiges davon mit, und wir haben viel zu erklären. Natürlich wird in der Schule viel geredet. Viele Kinder wohnen an exponierten Plätzen, sodass sie vom Dach, Balkon oder aus dem Fenster einiges sehen. Die größeren sind zum Teil auch auf der Straße. Da wird viel erzählt. Unsere Kinder wissen aber auch, dass diese Unruhen die Unruhen unserer Gastgeber sind, und wir uns da nicht einmischen dürfen. Also bleiben wir brav nach der Schule zu Hause, spielen, lesen, malen und richten es uns gemütlich ein.

Internet ist zeitweise so lahm, dass es eigentlich nicht funktioniert und SMS-Dienste sowie handy-Netze werden vorübergehend blockiert. So will die Staatsmacht die Kommunikation zwischen den Musawi-Anhängern stören. Das können sie natürlich nur vorübergehend, weil auch staatliche Stellen auf diese Dienste angewiesen sind.
[Steffi]

Bald ist Wahl

Allerorten ist es zu spüren: der Wahlkampf tobt. Es ist gar nicht mal so, dass viele Plakate aufgehängt werden. Aber zumindest die Straßen im nördlichen Teil der Stadt sind voll mit hupenden Autos, die mit Zetteln beklebt sind, die für den jeweiligen Kandidaten werben.
Als ich heute von der Arbeit nach Hause fuhr, ausnahmsweise mit dem Auto, waren die Straßen ungewöhnlich frei. Dann erfuhr ich, dass die jungen Leute eine Menschenschlange auf der Vali-e-Asr vom Tajrishplatz bis zum Bahnhof machen würden. Und die Straße ist 30 km lang…
Sie machen das als Demonstration für den Kandidaten, der farblich heraussticht, das ist Mir Hossein Musawi, der eine höchst wirkungsvolle Kampagne laufen hat: alles ist grün. Die Anhänger tragen grüne Armbänder, unterm Tschador lugen grüne Kopftücher hervor und die Antennen der Autos tragen grüne Fetzen.
Dabei ist Musawi noch nicht mal besonders fortschrittlich. Sonst wäre er wohl auch kaum zugelassen worden. Immerhin hat er eine Frau, die gut reden kann und das auch öffentlich tut, so dass er oft als Mann von Sahra Rahnaward beschrieben wurde.
Aber es ist ein bisschen wie kurz vor einer Revolution, oder wenigstens eine große Party, es gibt viel Hoffnung, dass alles besser wird. Schließlich haben die Meisten der Bevölkerung nur die Islamische Republik kennengelernt. Vor allem die Frauen hoffen auf Erleichterung, so dass man sich mit seinem Liebsten nicht nur in der Wildnis treffen kann. Und in der Stadt haben wir schon Frauen gesehen, die T-Shirt-kurze Blusen trugen.
Diese hier ist eigentlich auch schon so alt, dass sie das nicht mehr dürfte, aber es war nicht so voll an dem Platz, den wir am letzten Wochenende ausfindig gemacht haben. Nur 20 Minuten Fahrt von unserer Wohnung eine Schlucht mit einem rauschenden Bach, der von Bäumen gesäumt ist. Herrlich zum Picknicken und natürlich an Gom´e, dem pers. Sonntag, total voll. Deshalb sind wir 2 Tage darauf noch mal hingefahren. Beeindruckt hat uns schon allein dieses Mosaik, das am Eingang zur Schlucht steht.Im Hintergrund unsere glücklichen Kinder, im Vordergrund der Rest von meiner Geburtstagstorte.

Aus Tehran berichtete Jochen Utecht, ich gebe zurück ins Wahlstudio.

Einladungen


Dies Wochenende hat uns der, der uns schon mal mit plattem Reifen geholfen hatte, wiederholt zu sich nach Hause eingeladen. Wir schaufelten uns den Abend frei, wollten kurz vor der Ankunft noch ´ne Wassermelone als Mitbringsel kaufen, und als wir danach losfahren wollten, sprang die Maschine nicht an. Große Aufregung und unser Gastgeber holte seine komplette Familie zur Verkehrsinsel, wo alle Frauen und Kinder sich auf die Picknickdecke setzten und diskutierten, ob man noch 2 oder lieber 3 Tage warten solle, bis der Wagen verkauft werden muss. Er sprang dann aber doch noch an – Batteriewackelkontakt.
Hier blieben wir liegen: ein riesiger Platz („Platz des Gebetes“)Die Familie wohnt ausserhalb THR´s in Eslam Shahr, und sie haben keine Möbel ausser Teppichen, einem Fernseher, 2 Kühlschränken, einem Computer (ohne Internet). Im Nebenzimmer steht noch ein Schrank, in dem Wäsche und wichtige Dinge untergebracht werden (die Hochzeitsfotos kamen von da). Die Küche und das Klo ist hinter dem Innenhof, so dass man im Winter erst durch die Kälte muss. Auch wenn es 100 qm sein sollen, sind es doch nur 2 Räume, in denen die Familie wohnt. Betten werden jeden Abend neu ausgerollt. Es gab nichts Großartiges zu essen, nur ein sehr schmackhaftes Khorescht mit Reis, aber vorher Obst, was einen Lastwagenfahrer im Schichtdienst sich bestimmt nicht aus dem Ärmel schüttelt. Obst kostet fast so viel wie in D. Und es reicht nicht, nur Äpfel hinzustellen… 200 Euro kostet das Haus, etwa 3mal soviel verdient unser Gastgeber. Wie man da ehrlich bleiben kann, ist mir schleierhaft. Wir waren jedenfalls sehr beeindruckt, wie aufrecht die Familie bei der einfachen Lebensweise sich hält.
Das Essen ist etwas anders bei einer Einladung in Iran: Man isst erst, nachdem man sich lange mit dem Gespräch beschäftigt hat, dann wird schnell gefuttert und man geht zügig. (Vielleicht liegt es am fehlenden Alkohol)

Das Kontrastprogramm war dann am nächsten Abend bei einer scheidenden Botschaftsangehörigenfamilie, die den Pool für die Kinder auf 29° hochgeheizt hat (ich glaube, Solveigh war tatsächlich 4 h im Wasser)Und danach generationenübergreifenden Tanz bis spät in die Nacht.

Shari`ati

Jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit gehe, mache ich vom selben Standort ein Bildchen. Da, wo man den Blick auf die Berge hat und auf den manchmal furchtbaren Verkehr. Ich steh da unter der Brücke Pol-e Sadr und gehe dann 50 m nach links weiter. Dort warten Taxis, die, wenn sie 4 Personen geladen haben, losfahren und einen auf festen Strecken zum nächsten Verkehrknotenpunkt bringen. Dort wird umgestiegen und man kann so schnell und günstig durch Tehran reisen. Bis zum Chamran, von wo ich noch 15 Minuten laufen muss, bezahle ich 300 Toman, etwa 25 Cent. Geredet wird in den Autos nicht viel – entweder man ist noch müde oder von der Arbeit erledigt. Auch Gelegenheitstaxifahrer gibt es, die nur mal Leute mitnehmen, um etwas Geld dazuzuverdienen. Der hier war allerdings direkt gierig:
Und jetzt einige Bilder über die letzten Monate von der Xiabune Shari´ati:
Je weiter unten die Bilder sind, desto älter sind sie. Is vielleicht nicht für jeden interessant, aber ich musste das unbedingt mal machen…
12.5.09:14.4.09:6.4.09:Dies, wo die Straße leer ist, ist an Nouruz (22.3.09) gewesen. Man konnte tatsächlich ohne Angst, überfahren zu werden, über die Straße gehen:
9.3.09:31.1.09:26.1.09:25.1.09:11.1.09: Die Fahnen sind noch Überbleibsel vom nach Nouruz grössten Ereignis im Jahr – Ashura.
16.12.08:15.12.08:8.12.08:2.12.08:18.11.08:16.11.08:11.11.08:10.11.08:
Hier noch eins vom März von der Straße, die auf der Brücke verläuft, unter der ich stehe. Nach etlichen Tagen Kälte und „heavy rain“ scheint jetzt die Sonne, der Himmel ist knallblau und es wird wohl so warm, dass wir uns wünschen werden, unsere Klimaanlage würde funktionieren…
In einer Seitenstraße der Shari´ati wohnt der dt. Botschafter mit Familie. Das ist der absolute Kontrast, wenn man dort z.B. eingeladen ist, weil bei ihm im Wohnzimmer das 1. Schulkonzert stattfindet. Das Schönste ist dann für die Kinder, sich im Garten auszutoben. Ein pers. Freund, der mit war, kriegte vor lauter Staunen über den Platz den Mund kaum noch zu. 10.000 m2 x 10.000 EUR , soviel dürfte das Gelände wohl wert sein.

Das ganz normale Leben

Diese Woche war zwar nicht langweilig, aber eigentlich tun wir nichts anderes als in D auch – Schule, Arbeit, kleine Ausflüge. Nachdem unser Auto klaglos startet und auch noch ohne Murren fährt, erkunden wir die Gegend um Tehran.Eigentlich wollten wir ganz woanders hin, aber die Straßen führten uns nach Ab Ali, wo wir vor ein paar Monaten schon mal waren. Hier transportieren Esel über Stock und Stein alles, was aus den Bergen raus (Steine, Walnüsse, Holz) und rein (Zement und andere Baumaterialien) muss.
Der Weg dorthin begleitet einen reißenden Bach, der solange malerisch ist, bis man sich an sein Ufer begibt. Die iranischen Picknicker nehmen nämlich nichts wieder mit. (Aber ich glaube, ich beklage das nicht zum ersten Mal) Überall wo es Häuser gibt, stehen Restaurants, die allerdings nicht mit den uns bekannten verglichen werden dürfen. Meistens handelt es sich um Kababis, in denen Fleisch auf Spießen über offener Gas- oder Kohleflamme gegrillt werden. Dazu wird Reis oder Brot und einige gegrillte Tomaten gereicht und man trinkt Dough, ein Joghurtgetränk mit Pfefferminze und Salz. Kulinarisch ist das nicht der Himmel, aber man wird satt und sitzt in entspannter Atmosphäre auf Holzgerüsten, die mit Teppich gefüttert sind, fast an der frischen Luft, denn diese Behausungen halten keiner Deutschen Energieeinsparverordnung stand. (Lüftungswärmeverluste)
Wenn es Eintopf gibt, nehmen wir den und noch lieber Khoresht, was Gemüsesoße mit Fleischeinlage ist, die man über den Reis kippt.Man kann auch Kababis antreffen, die ein kleines Haupthaus haben und einzelne Zelte, in die dann Öfen gestellt werden. Im Moment ist das auch nötig, denn wir haben es nicht grad gemütlich; als wenn der Winter nachgeholt werden müsste. Sobald die Sonne rauskommt, schwitzt man aber auch gleich.
Das Reiterfieber hat beim freitäglichen Ausflug zum Stall jetzt auch Steffi gepackt, und die Kinder üben fleißig mit dem Esel, der als Attraktion bei der Zirkusveranstaltung der Schule eine „tragende Rolle“ spielen soll.
Doof war diese Veranstaltung der Kunst-AG der Schule, die zu sehr schönen Ergebnissen geführt hatte. Die Kinder bekamen zu erfahren, es würde eine Ausstellung geben, in der alle Exponate gezeigt würden (in einer echten Galerie). Als wir zur Vernissage eintrafen, war Martjes Bild gar nicht dabei. Die Enttäuschung bei ihr war groß, aber wir sind ganz froh, denn die Eltern sollten die Bilder für 100.000 Tuman, etwa 80 € zurückkaufen, dabei hatten wir die Materialkosten schon bezahlt.Heute habe ich nochmal einen relativ nutzlosen Tag mit dem Verkäufer unseres Autos zugebracht, der im Bestreben, uns die Hecklappe öffen- und nutzbar zu machen, den Heckscheibenkurbelgriff kaputtrepariert hat. Sie geht jetzt zwar auf und zu, aber es knirscht überall, und mir sträuben sich die Nackenhaare. Er sagte, er bestellt einen neuen Griff, aber ich glaub, ich will den dann selber einbauen.Da steckt das Problem dieses Landes drin, dass alle immer rumbasteln und selten einer was ordentlich zu Ende führt. Die Leidensfähigkeit der Bevölkerung ist auch in diesen Angelegenheiten riesig. Wenn etwas nicht ordentlich funktioniert, dann ist das eben so. Nur wenns wirklich wichtig ist, regt man sich auf.

Wir müssen uns öfter klarmachen: das Leben könnte schwieriger sein.