Kategorie-Archiv: Luftverschmutzung

Smog

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Dezember ist leider Heizzeit und wenn dann kein Wind kommt, ist Beijing wegen der dreiseitigen Kessellage im Dunst verschwunden.
Am 1. 12. war es besonders heftig und in den Nachrichten in Deutschland wurden alarmierende Zustände geschildert. Dabei fanden wir es noch nicht mal katastrophal. Na doch, es war schon schlimm. Die Werte, an denen wir uns orientieren, standen auf 580 oder so. Da hab ich auch mal wieder Maske getragen. Am nächsten Tag war wieder Wind angekündigt und siehe da, etwas mehr als 24 Stunden später war wieder alles schön. Der Wert ging auf 25 zurück. Ist für uns Luftkurortqualität. Paris wird glaube ich für den Autoverkehr ab 50 ppm gesperrt.

Leider kommt diese Situation immer wieder und auch die Regierenden haben die Zeichen gesehen. Deshalb wurde am Montag für die drei darauffolgenden Tage „Red Alert“ ausgerufen. Das bedeutet, dass alle Schulen geschlossen werden, dass nur jedes zweite Auto fahren darf und noch weitere Maßnahmen. So viele Leute hab ich lange nicht mit Masken auf der Straße gesehen.
Die Kinder haben natürlich gejubelt, als sie morgens um halb sieben erfuhren, dass sie wieder ins Bett können. Leider müssen die Fehltage wieder nachgeholt werden, was bedeutet, dass z. B. an drei Samstagen Unterricht stattfinden wird.
Zum Glück kann die Schule einen Tag vorher wieder den Schulbetrieb aufnehmen. Morgen geht es also wieder los.
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Beweg dich nicht!

Am Sonntag war ich mit den Kindern wieder mal in Nanshan, diesmal zum Snowboardfahren. Steffi bleibt zu Hause, denn ihrer Erkältung geht es noch zu gut. Außerdem fahren wir anderen nur, weil es vielleicht die letzte Gelegenheit ist. Das Skigebiet schließt Mitte März. Die Luftwerte sind so, dass die Schüler in der Pause gerade noch rausgehen dürften.

Ich leihe mir auch ein Snowboard aus. Steffi sagt hinterher: „Jaja, wenn der Esel aufs Eis geht…“ Am Anfang auf der Babypiste läuft es noch ganz gut und ich freu mich, dass ich so schön sportlich bin, aber als ich die nächste Schwierigkeitsstufe ein paar mal gefahren bin, haut es mich auf den verlängerten Rücken, dass ich glaube, ich kann nie wieder aufstehen. Solveigh ist zum Glück sofort bei mir und hilft mir hoch. Ein Pistenhelfer ist aber auch nach einer halben Minute da, um sich zu überzeugen, dass kein Motorbob geholt werden muss. Irgendwie schaffe ich es ins Tal, aber der Tag ist für mich gelaufen.

Der deutschsprachige Arzt im Krankenhaus stellt am nächsten Tag fest, dass wohl die Bandscheiben gestaucht sind, und die Muskeln gezerrt, aber röntgen braucht er nicht. Beweglich sei ich ja noch, ich solle mich schonen. Gute Rede, ich kann sowieso nichts anderes. Ich bin froh, wenn ich meine Strümpfe alleine anbekomme.

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So wie auf dem Berg sieht es auch in der Stadt aus. Man sieht das nächste Hochhaus kaum. Wir haben es auch schon mal noch undurchsichtiger gehabt, aber die Tage ohne Sonne sind nun mit zwei Wochen schon zu zahlreich. In der Schule ist meine Familie mit bester Luft versorgt, nur der Weg hin und zurück ist gesundheitlich schädlich. Wie die meisten setzt Steffi ihre Maske auf. Die Luft schmeckt nach Ofen. Ich war nie in Bitterfeld, aber so ähnlich soll es dort gewesen sein.

Auf den einschlägigen Internetseiten kann man es besser nachlesen (und ich habe auch keine anderen Informationen): Alarmstufe zwei oder orange, es werden nicht genug Zement- und Stahlwerke geschlossen, die Proteste werden zahlreicher, die Regierung wiegelt ab. Offene Kritik wird sogar in der China Daily geübt.

Ein Sechstel Chinas soll unter Smog leiden. Schön ist was anderes. Hoffnungsschimmer ist der Wind, der für Donnerstag angekündigt ist.

Zu warm!

Wir haben in der Nacht so um die 10 Grad Celsius und wenn die Sonne am Tag durch den Smog scheint, wird es oft zu warm für das was man sich morgens angezogen hat.

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Trotzdem ist es in der Nacht schon so kalt, dass die Nase friert. Und Steffi frostkötelt in der Wohnung so dahin.  So war es jedenfalls bis zum Ende Oktober. Am 1. 11. wurde in unserem Compound die Heizung angestellt. In den meisten Gegenden Beijings ist das erst am 15. 11. der Fall. Wir wollen uns nicht beschweren. Die Regierung oder die Stadtverwaltung bestimmt den Zeitpunkt für die Befeuerung der Anlagen.

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Nachdem ich jeden Heizkörper entlüftet habe, werden sie sogar warm. Und wie! Es gibt nämlich keine Nachtabsenkung und wir sind nahe dran, wie im Sommer die Decken von uns zu werfen, oder gar die Fenster zu öffnen. Hier ist China nicht mehr besonders fortschrittlich. Die Schlote stehen im ganzen Stadtgebiet verteilt. Jeder steht für eine Art Blockheizkraftwerk mit Kesselhaus, das ein paar Hochhäuser wärmt. Wir hoffen, dass die Technik im kalten Winter auch noch funktioniert und kein Rohrbruch unsere rostigen Leitungen durchbeißt. Denn wie es im Olympiazentrum an dieser Balustrade heißt: Verlass dich nicht auf Sicherheit! Do not rely on safety!3-L1056919_CF

Es wird ungemütlich

Noch vorgestern konnte man nur mit T-Hemd bekleidet nach draußen gehen, ohne zu frieren, aber gestern war der erste Kälteeinbruch, der zu Jacken und Schals im Straßenbild führte. Nun sprechen wir von 16-17°, also wird noch keiner erfrieren, wenn keine Winterausrüstung mitgeführt wird. Von jetzt bis zum 15.11., dem Tag, an dem alle Heizungen angeschmissen werden sollen, wird es jedoch beständig kälter werden. Martje kam heute schon von ihrem Elfenbeinturm herab und beklagte ihre eisige Bude. Wenn geheizt wird, werden wir Tage wie diese öfter erleben: Werte der Feinstäube über 400 ppm und Sicht bis zum eigenen Daumen. Bei diesen Werten kommt es vor, dass ich ein leichtes Kratzen im Hals verspüre. Wenn es unerträglich wird, müssen wir wohl in die Schule gehen, wo seit Anfang des Schuljahres die modernste Luftreinigungsanlage Pekings in Betrieb ist. Screenshot_2013-10-04-23-47-28

D7K_6296Es gibt Kollegen von Steffi, die sagen, die schlechte Luft vor allem im Winter sei der einzige mögliche Kündigungsgrund.

Bisher haben wir Glück gehabt, die Tage waren auch vom Wetter her überwiegend schön. Oder ist das nur unserer positiven Einstellung zuzuschreiben? Unsere Kinder sagen, es sei anstrengend, aber klasse, und wir Großen wollen es hier auch weiterhin mögen. Meistens sah es ja auch so aus:D7K_6556

Ich habe mich letztens mit einem Raucher unterhalten, der seinem Bruder und Familie mit kleinen Kindern abgeraten hat, ihn besuchen zu kommen. „Aber du hast doch hier die doppelte Belastung durch Zigaretten und die schlechte Luft“, versuchte ich seine Meinung zu hinterfragen. Er behauptete aber allen Ernstes, seine Atemwege seien schon an die Schadstoffe gewöhnt und könnten besser damit umgehen als ein unbelasteter Körper. Ich glaube das nicht: Wenn du einen Ballon hast, in den du doppelt so viel Dreck reinpustest wie in einen anderen, wird er doch auch doppelt so schmutzig. Und das Flimmerepithel, das die Schadstoffe wieder aus dem Körper befördert, ist bei Rauchern doch auch geschädigt, so dass der Unbelastete zwar mehr husten muss, aber effektiv weniger inhaliert. Oder trügt mich mein analytisches Denken?

Wenn jemand wissenschaftlich fundiert hier etwas beisteuern kann, möge er/sie sich die Zeit für einen Kommentar nehmen.

Spucker und Gourmets

Es ist doch komisch: Die Chinesen sind unglaublich auf Äußerlichkeiten aus, was ihr Zuhause angeht, alles soll möglichst keimfrei sein, schön und bei der Wahl ihrer Lebensmittel wird ein Eifer an den Tag gelegt, der seines Gleichen sucht.

Es muss ein Uniformierter vor dem Tore stehen, dann ist die chinesische Seele glücklich. Wir verstehen nicht, wie unser Soldat bei dem Job derart nett und freundlich bleiben kann. Es ist so sinnlos, dort zu stehen. Das Tor macht nämlich wieder jemand anderer auf. Aber wie sagt man so schön? Tatsache mit 4 Buchstaben: I-S-S-O!DSCF7923

Da ist übrigens aus Google maps mal ein Bild von unserem Building 1 und dem Dachboden. Das Viertelchen rechts oben, das um die Ecke geht, ist unser Pekinggarten. Dachterrasse

Es ist meistens schön ruhig dort oben, Straßenlärm ist als Rauschen zwar ständig zu vernehmen, aber lästig ist es nicht. Es gibt unangenehmere Straßengeräusche: An was weder die Kinder, noch weniger aber Steffi sich gewöhnen kann, sind die Geräusche beim Abhusten, die man ständig hört. Da wird hochgezogen, gehustet, geröchelt und schließlich gespuckt, dass es keine Freude ist. Steffi regt sich immer auf, woraufhin ich sage: „Das hat gar keinen Sinn, erstens versteht dich keiner, und zweitens versteht es auch keiner, selbst wenn sie es verstünden.“  Es ist nämlich egal, welche Altersstufe, welches Geschlecht, es machen alle. Die Älteren natürlich mehr, weil die Schleimproduktion größer ist. Vielleicht ist es sogar gesund, sein Rachensekret dauernd loszuwerden, aber eklig ist es schon. „Die sind da völlig hemmungslos!“ Aber die Straße ist des Chinesen Wohnzimmer, da kann er machen, was er will. Und ich auch.

Es kommt schon mal vor, dass genau da Reifen gewechselt werden, wo der Platten auftrat. Und wenn es an der Ampel ist. Die Heckklappe wird aufgemacht, ein paar Koffer als Warnrechteck hingestellt und dann wird der Wagen gehoben.  DSCF7776

Oben sieht es ganz gemütlich aus, aber unter dem Tisch knirschen die Füße über Erdnuss-Schalen und Hühnerknöchelchen. Es wird alles einfach fallen gelassen, schließlich sind überall orangebekittelte Müllfeger zu sehen, die den kleinsten Fitzel mit Dattelpalmbesen entsorgen.DSCF7916DSCF7917

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Nun gut, manchmal arbeiten sie auch nicht und schauen beim Spielen zu oder wagen selbst mal eine Karte.DSCF7985

Liebesäpfel, -weintrauben und -tomaten.DSCF7928

Letzte Woche war Smog. Wir trösten uns damit, dass irgendeine deutsche Firma (ich hörte Siemens) untersucht hat, wie der Lungenzustand vor und nach 3 Jahren Aufenthalt in Peking war: angeblich kein Unterschied. Mir haben auch schon mal die Augen getränt, aber ich kann bisher nicht beklagen, dass man den Dreck schmeckt. Vor einigen Jahren vor der Olympiade gab es nach Angaben von Alteingesessenen nur 2-3 Tage/Jahr, an denen man die umgebenden Berge sehen konnte. Wir hatten schon so oft Blick auf die Bergkämme, es mögen 8, 9 Tage gewesen sein. Also scheint die Luftverschmutzung insgesamt abzunehmen.

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Ob sie Stachel- oder Igelfrucht heißt – keine Ahnung. Das Stachelige drumherum ist hart wie Stein, innen ist eine furchtbar stinkende einen Kern umhüllende Fruchtmasse, die ganz anders schmeckt als der Gestank vermuten lässt.DSCF7982

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Hygiene wird in Peking groß geschrieben (Kloflausch zum Aufkleben):DSCF7992

Hier trainieren Kinder Fußball und feiern ihre Geburtstagsparties, wenn die Eltern es sich leisten können.DSCF7971

Und auch das ist Peking, unweit unserer Wohnung. DSCF7808

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Familienausflug:DSCF7972

7 Tage Beijing #4, Unterhose

Am Mittwoch fragte ich Steffi, was ich mal machen soll und sie sagte mir, ich solle mal zur großen Unterhose (Dà kùchǎ) gehen. Das ist das Gebäude des staatlichen Fernsehens CCTV. Rem Koolhaas war der Architekt, den ich schon lange prima finde, weil seine Entwürfe immer quergedacht sind. (Ich stell ja auch gern immer alles in Frage) Aber auch wenn die Chinesen das Gebäude bespötteln und vielleicht nicht mögen, ist es doch ein Landmark, an dem man sich orientieren kann. Steffi fragt. „Ist James Bond da schon mal durchgeflogen?“ Aber ich glaube, das ist nicht gefährlich genug, denn das Ding ist riesig. Inzwischen gibt es allerdings viele Hochhäuser von noch größerem Ausmaß in der Nähe.

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Ich ahne, weshalb es Unterhose heißt.

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Später hatten wir bei noch diesigerem Wetter eine Stadtrundfahrt, bei der die obere Plattform gar nicht zu sehen war. Das Gebäude links daneben würden die Beijinger gerne abreißen, denn es hat mal ein größeres Feuer darin gegeben, aber da die U-Bahn darunter fährt, ist das nicht möglich.

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7 Tage Beijing #1

Steffi hat einen Antrittsbesuch in Peking und hat mich eingeladen, mitzukommen. Die Anreise findet mit Zwischenstop statt, den wir so lang zogen, dass wir fast einen ganzen Tag bei meinem Bruder in Helsinki bleiben konnten. Schwager Mikko war schon mindestens 12-mal in Peking und bietet uns haufenweise Visitenkarten an. „Hier müsst ihr als erstes hin, nach dem Flug lasst ihr euch mal so richtig massieren, das ist nicht teuer. Und Essen müsst ihr unbedingt da, dort gibt es die beste Pekingente überhaupt. Nein, da gehen wir am besten zusammen hin, wenn wir kommen. Denn wir kommen garantiert, sobald ihr eine Wohnung habt und der erste Stress vorbei ist.“ Steffi sagt: „Lass mich mal kucken; der Name kommt mir bekannt vor, vielleicht ist es dasselbe.“ Tatsächlich ist es dasselbe Restaurant, das auf dem Plan von Steffi´s Arbeitswoche steht.

Bei herrlichem Wetter machten wir nächsten Mittag im Park Picknick, gingen für eine gute Stunde in den Marimekko-Fabrikladen und ließen unseren Weiterflug bestätigen. Marimekko hat gerade ein Problem mit einem Design, das die Chefdesignerin damals fast eins zu eins von einer ungarischen Künstlerin abgemalt hat. Und gerade vor ein paar Monaten ist die sündhaft teure Bemalung mit genau diesem Design auf einem der FinnAir-Flugzeuge fertig geworden. Das wird wohl umgespritzt werden müssen. Vorher bekamen wir den Airbus noch einmal zu sehen.

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Eine Freundin von Mikko, die Reisebürotante ist, besorgte uns irgendwie Plätze in der Businessklasse, so dass wir auf dem anschließenden langen Flug die Beine nicht nur ausstrecken konnten, sondern wie in einem Bett flach unter der Konsole des Vordermannes halb verschwanden. So kamen wir auf dem acht Stunden dauernden Flug für wenigstens drei Stunden zu einer Mütze Schlaf.

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Der Flughafen ist von Steffi ja bereits als groß angekündigt worden. Er ist eine gigantische  Einstimmung auf Beijing, und wird doch schon als zu klein erachtet.

Nach der Ankunft aus dem Flugzeug und der Passkontrolle setzen wir uns in eine Bahn und rauschen zum nächsten, übernächsten, nein wieder nächsten Gebäudeklotz, in dem unser Gepäck abholbereit Kreise ziehen wird.

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Ein Taxifahrer hält ein Schild mit dem Logo der Deutschen Schule Peking hoch und nimmt uns den Trolley ab. Etwa 30 Minuten später sitzen wir vor einem Panoramafenster in der 13. Etage des Landmark-Hotels und blicken über eine graue obere Horizonthälfte, aus der einzelne Häuser mit 30 und mehr Geschossen hervorlugen.

Davor ist alles Grün. Der Chaoyang-Park ist einer von vielen großen Grünflächen, die Peking zu bieten hat. Schade, dass wir nur einmal die Sonne durch die immer neblig verhangene Dunstglocke hindurchblitzen sehen werden. Wer die Truman-Show mit Jim Carrey gesehen hat, bekommt eine Ahnung von dem Gefühl, das uns beschleicht.smoglandmark

Ein paar Stunden später stürzen wir uns in den Trubel, gehen zur nah gelegenen Metrostation und kaufen uns eine 10er-Karte. Die U-Bahnen in Teheran sind glaube ich vom selben Hersteller, jedenfalls könnte man auch hier durch den gesamten Zug schauen, wenn es keine Chinesen gäbe. Ich bin mit meinen 1,86 auch nicht so groß, dass ich über die kleinen Chinesen hinwegsehen könnte, denn viele sind mindestens ebenso hoch gewachsen. Unser Ziel für diesen Tag ist die Verbotene Stadt, vielleicht weil unser China-Bild doch nicht unwesentlich durch Jim Knopf und Lukas geprägt wurde.
Wir steigen an einer der beiden Haltestellen des größten Platzes der Welt, dem Tiananmen-Platz, aus und werden im Schlendern dauernd angesprochen und mit Visitenkarten versorgt: „You need guide? I am official guide, I show you everything. You don´t know where to go, Fortbidden City has 180 buildings.“

Im Reiseführer lese ich später, dass es sogar 800 Gebäude sind mit mehr als 1000 Räumen auf 1.000.000 Quadratmetern, die Normalsterbliche 500 Jahre nicht zu Gesicht bekamen, wenn ihnen der Kopf auf ihrem Hals lieb geworden war.
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Die Größe des Geländes lässt unsere Augen staunen, denn Palast reiht sich an Palast, der gegenüberliegende Ausgang in der Stadtmauer ist mehrere Kilometer entfernt. Wir schlagen den Führer aus, denn Daten aufnehmen können wir nicht, schon gar nicht, wenn sie in einem Englisch kommen, an das wir noch nicht gewohnt sind. Denn die Worte purzeln nicht gerade in Oxford-Englisch auf uns herab, es klingt irgendwie Chinesisch.

Ich will nicht glauben, dass ich unter Jetlag leiden werde, aber um 21:00 ha es uns beide dahingerafft, nur um nachts um 3 hellwach zu sein, irgendwann wieder einzunicken und beinahe das Hotelfrühstück zu verschlafen. Das entschädigt für die Hektik, denn es gibt reichhaltig sowohl europäische als auch chinesische Küche.

Bevor Steffi und ihre Kollegen sich in die Arbeit stürzen, darf ich an der Schulbesichtigung teilnehmen. Die Schule ist beeindruckend groß und trotzdem nicht groß genug. Die Turnhalle lässt sich in zwei Teile aufteilen und eine Stirnfläche lässt sich komplett entfernen, so dass die Aula sich noch einmal um 50 m verlängert.

Steffi muss die Woche über arbeiten, während ich mich mit Maklern herumschlage, die allesamt ihre chinesischen Vornamen gegen englische getauscht haben. Der erste, den ich treffe, heißt Jason, ist in samtenen Anzug mit weißem Keder gehüllt und fährt mich in einem Porsche Boxter herum. Dagegen bin ich ja allergisch, vor allem da seine Angebote nicht unser Budget treffen und er immer von Bathroom redet, wenn er Bedroom meint. So komme ich nach dem ersten Tag völlig gefrustet in der Schule an und alle, mit denen ich spreche, muntern mich auf: „Das ging uns auch so! Keine Angst, ihr findet schon was. Man mietet eben hier von einem Tag auf den anderen, und man muss etwa 10 Wohnungen gesehen haben, bevor die Makler wissen, wie sie euren Geschmack bedienen können.“

Also telefoniere ich herum  und stelle fest, dass ich ohne Sim-Karte hier nichts bin. Ein Kollege Steffis drückt mir eine Visitenkarte in die Hand, die außer den Worten Apple und iPhone keine europäischen Buchstaben zeigt und weist mich ein: „Du gehst erst links, an der Kreuzung rechts und dann geradeaus, bis auf der linken Seite ein Elektronikmarkt kommt, wo 258 dransteht. Ist ´ne LED-Laufschrift dran. Erster Stock. Da kann übrigens keiner Englisch. Leg einfach meine Karte auf den Tisch, sag Sim-Ka und ob du 3G oder nicht willst. 3 heißt San, also san-ji.“

Ich bin direkt stolz, als ich nach 2 Kilometer Fußmarsch und etlichen Nachfragen bei Leuten auf der Straße, die auch kein Englisch können, fündig geworden bin, schweißgebadet, denn es ist auch noch 30 Grad und mehr. Ich habe mein Handy nicht dabei und kaufe nur die Sim-Karte, die sich als nicht mehr gültig heraus stellt. Als ich dem Kollegen mein Problem schildere, nimmt er mir Handy und Karte ab und regelt die Angelegenheit ohne mich.

In dieser Woche ist Steffi jeden Abend zum Essen eingeladen, und als ihr mitreisender Mann darf ich stets mit. Am ersten Abend hat der Schulvorstand zum Büffet geladen. Das ganze Kollegium ist geladen. Zum Glück sind Steffis Kollegen nicht nur Tröster, sondern auch noch total hilfsbereit und wenn man nur das Wort Wohnung fallen lässt, ist bestimmt jemand im Raum, der uns Internetseiten zeigt oder vertrauenswürdige Real Estate Agents empfiehlt. Alle sind mal in einer ähnlichen Situation gewesen.

Der nächste Tag wird besser, denn ich bekomme einen Anruf auf meine neue Sim-Karte von einem anderen Makler, mit dem ich mich auf Anhieb verstehe. David ist gebürtiger Mongole und lebt erst seit 8 Jahren in Peking. Ich frage ihn nach seinem vollständigen Namen, aber er bedauert: „Hab ich nicht, ich heiße Shuche. Nachnamen haben wir nicht.  Für den chinesischen Ausweis habe ich natürlich einen chinesischen Namen, aber den hat sich irgendein Standesbeamter ausgedacht.“ Seine Verwandten wohnen zwei Flugstunden in Richtung Norden, aber er lebt inzwischen mit einer Italienerin zusammen. Die Wohnungen, die er mir zeigt, kommen schon eher in unsere Preisklasse. Teuer sind sie noch immer. Ich verbringe den Nachmittag mit ihm, bis Steffi Feierabend hat.

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Freizeit hinter Gittern

 

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Wir malen eine Buslinienwartespur

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Tibetischer Lama Temple

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bewachte Müllhalde

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Chinesen fahren Fahrrad und essen Hunde

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Hier gibt´s zu essen

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Oma muss mit

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Bauarbeiterwohnung (vorne)

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Die Pause der Müllmänner unter dem Platz des Himmlischen Friedens

Luftverschmutzung

Gerade habe ich im Internet eine interessante Nachricht über die Luftverschmutzung in Peking gefunden.

Danach soll eine australische Firma ein Abkommen mit der chinesischen Regierung anstreben, um die Schürfrechte an der Luft Pekings zu erlangen. Diese beinhalte zwischenzeitlich wirtschaftlich lohnende Mengen an Kohlenstoff, Blei und Quecksilber. Das taoistische Prinzip, dass in jedem Guten etwas Böses liegt und umgekehrt, bewahrheite sich hier wieder einmal. Die Lunge eines Menschen, der etwa ein Jahr in Peking gelebt hat, habe auf dem Markt für seltene Metalle einen Wert von 150 Australischen Dollar.

Ich glaube nicht daran, dass ich meine mal verkaufen werde.

Auf der gleichen Seite wird auch ein Problem für die Haiangriffe vor australischen Küsten als gelöst betrachtet: Ein Fischgroßhändler will die Killerhaifischflossen auf dem asiatischen Markt verkaufen. Das Stück Rückenflosse bringe 2 Mio. Dollar. Das Entsorgen des Restes, den niemand kaufen würde allerdings koste die Firma Geld. Das Überbordwerfen würde seinen Profit um 50ct verringern.