Kategorie-Archiv: Urlaub

Zwischenstop Helsinki

Wir hatten schon vor einem Jahr festgelegt, dass wir ein paar Tage in Helsinki bei meinem Bruder verbringen würden. Schließlich geht unser Flug via Finnland und da das eines unserer liebsten Länder ist, bleiben wir gerne die Jetlag-Zeit dort. Obwohl, wir haben ja alle kein Jetlag, das ist was für Schwächlinge. Die Pillen mit Melatonin, die helfen würde, diese Schwindelei aufrecht zu erhalten, liegen in Beijing im Medizinschrank… Egal, wir kommen auch so über die Runden.

Meine Eltern sind seit ein paar Tagen auch in Finnland, so dass es ein (nicht ganz vollständiges) Familientreffen wird.

Das Wetter ist jetzt nicht so der Hit. 17 °C ist so etwa 20 Grad weniger als wir es in der letzten Zeit erlebt haben. Das Essen ist zwar gut, aber bei den Preisen wird mir fast schlecht. Für Buffet in den Einkaufsmalls bezahlt man normalerweise 10 €, dafür kann ich in Beijing die ganze Familie satt machen (wenn wir nicht in eines dieser westlich angehauchten Restaurant gehen).

An Design und Kunst hat Helsinki einiges zu bieten. Die Finlandia (das Konzerthaus von Helsinki) von Alvar Aalto:

Wir schießen uns auf Museen ein und besichtigen als erstes das Kiasma – das Museum für zeitgenössische Kunst. Zu allem Überfluss zeigen sie eine Ausstellung von Künstlern, die sich mit Marimekko beschäftigt haben, der Firma, in der mein Bruder  mit viel Herzblut arbeitet.

Dieses Kunstwerk im Kiasma ist aus JellyBeans oder Gummibärchen, die auf die Wand gepinnt wurden.

Aber wie der Jetlag wird auch das Wetter irgendwann besser und wir erlaufen die Stadt, die mit 600.000 Einwohnern gerade mal 30mal so klein ist wie Beijing.

Das Olympiastadion ist in direkter Nähe zu JT´s Zuhause.

Die ganze Stadt ist voll mit Kunst und anderen sehenswerten Dingen. Egal, wie das Wetter ist, ein Postkartenmotiv ist der am höchsten Punkt der Stadt in nächster Nähe des Hafens gelegener Dom immer.

 

Es ist eine wunderschöne Stadt, die meistens gutes Wetter vorweisen kann.

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China #6, Schnellster Zug der Welt

Wir können gar nicht schnell genug aus ShangHai wieder weg:) Heute fahren wir mit dem schnellsten Zug der Welt! Manche sagen so, manche so. Langsam ist er jedenfalls nicht.

Wir müssen gut eine Stunde vorher am eigens für Schnellzüge gebauten Bahnhof in SH Hongqiao sein, um für das Einchecken noch genügend Zeit zu haben. Wir haben dann doch noch eine halbe Stunde, um das gewaltige Bauwerk zu bewundern.X1005116

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Matthias schätzt, dass sich auf dieser Ebene etwa 8000 Menschen aufhalten. Es gibt noch eine Ticketschalterhalle in der Ebene darunter plus etliche Funktionsräume und die U-Bahn. Gigantisch. Und alles funktioniert. Man fragt sich, was die Deutschen mit ihren Großprojekten für Probleme haben. Aber es wird in China wohl weniger auf die Leute Rücksicht genommen und die Genehmigungen können vermutlich unkomplizierter erteilt werden.X1005125

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Die Sitze sind superbequem mit viel Beinfreiheit, 5 Plätze pro Reihe. Regelmäßig werden Wägelchen mit Essen und Snacks durch die Gänge geschoben. Es ist erstaunlich, wie schnell der Zug die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Und die hohe Geschwindigkeit ist kaum zu spüren. Für die knapp 1400 km braucht der Zug mit ich glaube 5 Stops etwas mehr als 5 Stunden. Um 15:00 sind wir in ShangHai losgefahren, um 21:30 können wir im Schnapsladen um die Beijinger Ecke noch eine Flasche Wein besorgen und uns aufs Sofa begeben. X1005132

Schneller als 306 km/h schaffte er jedoch nicht! Macht nichts, hat trotzdem Spaß gemacht.X1005139

China #5, Strickzeug

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Bei meinem letzten Morgenspaziergang in SH mit Matthias mache ich ein Foto von einer Oma, die fleißig Socken strickt. Als ich es ihr zeige, bedeutet sie mir, dass sie nicht nur den Bildschirm sehen will, sondern das Foto als Abzug möchte. Es ist normalerweise einfach, Bilder für wenig Geld auf Fotopapier ausdrucken zu lassen. Wir sagen ihr: „Warte fünf Minuten“ und finden nach einer halben Stunde einen Laden, in dem es einen Computer gibt, und irgendwo aus der hintersten Ecke wird für die Beschickung des Druckers ein Packen Fotopapier geholt. Als wir wieder bei ihr ankommen, kann sie gar nicht aufhören, zu strahlen und wir bemerken über die Schulter, dass sie mit dem Bild von Laden zu Laden geht, um die Geschichte von den Ausländern zu erzählen, die ihr Versprechen gehalten haben.

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China #4, ShangHai

Wir wissen gar nicht, was wir von SH halten sollen. Vordergründig ist es ein China, das wir so nicht bestellt haben, und das wir gar nicht mögen. Es gibt zwei geleckte Seiten von SH, das alte Shanghai mit den noch aus der Französischen Kolonialzeit mit seinen massiven Häusern und Fassaden, so dass wir uns manchmal in London oder Paris wähnen, und auf der sprichwörtlich anderen Seite, nämlich des Flusses HuangPu, Pudong. Dort stehen die neumodischen Ikonen des Reichtums, Hochhäuser mit Fassaden, die vor allem des Nachts von der „antiken“ Seite gesehen eine wunderbare Kulisse für alle auf dem Bund auf und ab Flanierenden abgeben.

Aber auch das alte SH ist wenig mehr als Kommerz, zumindest bei unserem vier Nächte dauerndem Kurztrip. Von Vorteil ist, dass man viel öfter auch auf Englisch verstanden wird als in Beijing.

An den ersten Tagen macht uns der Regen noch etwas zu schaffen. Da wir nicht aus Zucker sind, erkunden wir die Stadt dennoch: Das Stadtplanungsmuseum ist zwar im Modell nicht ganz so schön wie das in Beijing, aber die Ausstellung drumherum ist viel informativer und moderner gestaltet.

Window View SH

Jan Ingmar bekommt seinen vor Monaten erklärten Willen, den (2006) größten Skatepark der Welt zu befahren.Morgens um 9 ist noch niemand da, um zu kassieren, und die Preistafel erklärt alles vor 10 Uhr zum EarlyBirdTarif. Es ist ein bisschen heruntergekommen hier.X1009656 X1009655 X1009653 X1009645 X1009617

Ganz neu gebaut:X1009614

Diese Leute sieht man bald nicht mehr. Zeitungleser sind von gestern.X1009610

Selbst die Zeitungsverkäuferin liest auf einem Tablet.X1009450

Schaufenster als Aquarien in einem Hotel.X1009604

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Viele Baustellen. X1009578

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Die Zickzackbrücke am YuYuanPark:X1009564

Der YuYuanPark ist voll – mit Menschen und Fischen.X1009516

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Die Pagode am buddhistischen Tempel LongHua:X1009492

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Hier steht der größte Rhododendron der Welt (soweit ich das beurteilen kann).X1009474

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Ein feuersicheres Haus im Tempelgelände – eigentlich ist es ein einziger Kaminofen.X1009454

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Hier haben wir gefrühstückt. X1009432

Klempner haben andere Aufgaben in SH.X1009431

Wie lange wird es dieses Viertel noch geben?X1009423

 

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Manche Menschen haben hier keine Bussi-ness Hour.X1009318

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Baugerüste sind zum großen Teil immer noch aus Bambus.X1009282

Erst am letzten Tag hört der Regen auf.X1009275

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Gestern wurden hier ganz schön viele Schaschlikspieße leergegessen.X1009219

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Matthias ist vor 25 Jahren schon einmal in China gewesen und ist erstaunt über die Veränderung, die in dem Land vonstatten gegangen ist. Früher waren die Menschen wesentlich unfreundlicher und weniger entspannt. Auch die Angst oder der Respekt vor der Obrigkeit ist kleiner geworden. Als wir sehen, wie ein Hydrant alle seine Wassermassen versprüht, weil ein Bus dagegen gefahren ist, wird der Polizist beinahe angeschrien, als dieser nur seine Arbeit tun will.X1009196

Am letzten Abend das Highlight: Die Shanghai Circus World zeigt eine atemberaubende Show mit tollen Akrobaten. Sehr empfehlenswert.orter X1005052

Dieser Stuhl wurde geliebt. X1005050

Das Leben ist anstrengend und man muss schlafen, wann sich Gelegenheit bietet.X1005039

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China #3, Xi´An

Diesmal ist alles ganz einfach. Unsere Gastfamilie bringt uns rechtzeitig zum Bahnhof, und zum ersten Mal kommen wir in den Genuss eines Schlafwagens. Wir werden an Ort und Stelle platziert, so dass wir direkt auf unsere Plätze können und fahren auf die Minute ab. Aus Kostengründen habe ich nicht die Softsleeper-, sondern Hardsleepertickets gekauft. Ich hatte gelesen, dass sie sich nur darin unterscheiden, dass die Softsleeper über Rollos(statt Vorhänge) und über Türen verfügen. Vielleicht sind sie auch noch etwas weicher.

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Heißes Wasser wird bereit gestellt, so dass man sich Tee und Nudelsuppe machen kann. Am Ende der Waggons gibt es Boiler, die zur freien Verfügung stehen, Thermoskannen stehen unter den Abteiltischen und Wägelchen mit Essen werden in regelmäßigen Abständen durch die Gänge geschoben. Eine Suppe kostet 5,5 ¥.AbteilChinabahn

Um 20:47 sind wir in PingYao losgefahren, um 7:12 kommen wir in Xi´An an. Mit einem Sammel-Taxi lassen wir uns in die Nähe des Hotels bringen, das leider an Komfort vermissen lässt. Die Stadt fasziniert aber, denn die Stadtmauer ist beeindruckend. Wir sind im muslimischen Viertel untergebracht und haben alles vor der Haustür, was das Herz begehrt. Abends pulsieren die Straßen mit Straßenverkäufern und Shops, an denen sich Touristen und Einheimische entlang schieben und ihren Spaß haben. Wer am liebsten an einem schwedischen See sitzt und angelt, ist hier fehl am Platze.

Unser erstes Frühstück besteht aus Pfannkuchen, der aus Stalaktiten und Stalagmiten hergestellt wird. Jian Bing ist lecker und enthält Salat, Ei, Frühlingszwiebeln, eine braune Soße und ein Knäckebrot ähnelndem crunchmunch.X1008576

Der Nachrichten-Raucher braucht kein Zigarettenpapier. Eine Zeitung reicht ihm:X1008591

Martje´s Mobile erfährt eine Touchscreenerneuerung für 200 Kuai.X1008603

Es zieht uns am ersten Tag auf den Glocken- und auf den benachbarten Trommelturm, die im Stadtzentrum liegen.

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Am Süßigkeitengeschäft:am Süßigkeitenstand

Der Vogelbauer-Bauer:X1008675

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Der türkische Eisverkäufer macht sich einen Spaß mit unseren Kindern und lockt so neue Kunden an. X1008888

Am kommenden Tag befahren wir die imposante Stadtmauer. Mit mehr als 16 km ist sie nicht ohne weiteres zu Fuß zu erkunden, also leihen wir Fahrräder und schaffen es gerade, in den erlaubten 100 Minuten einmal gemütlich die Runde zu fahren. Die Stadt innerhalb der Mauern ist nicht so ursprünglich wie die von PingYao, aber es gibt immer wieder schöne Ausblicke.X1008703

Der tibetische Lama-Tempel:X1008736

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Die Kleine Wildganspagode ist 14 Stockwerke hoch und bietet einen zauberhaften Ausblick über die Stadt und den angrenzenden Park. X1008857

Weswegen wir eigentlich nach Xi´An gekommen sind, ist aber die Terrakotta-Armee. Wir buchen eine geführte Tour, weil sie kaum teurer ist als der Eintrittspreis zur Ausgrabungsstätte. Dort kann man sich gegen Geld in dem 3D-Bild der Tonkrieger fotografieren lassen.X1008962

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Die flächenmäßig riesigen Ausgrabungsstätten sind schon sehr beeindruckend.X1008952

 

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Und Jan Ingmar und Solveigh haben dem Entdecker der archäologischen Stätte die Hand geschüttelt. X1009001

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Am Tag unserer Abreise fängt es an zu regnen. Wir müssen sogar Regenschirme kaufen, weil wir gedacht haben, 1000 km südlich von Beijing gibt es Wärme und blauen Himmel.X1009096

Die Große Moschee, eine Besonderheit im sonst buddistisch-konfuzianischen China:X1009065

Und im Xi´An-Museum finden wir die Tonkrieger noch einmal von ganz nahem zu sehen. Am Kartenschalter ärgern wir uns ziemlich: Um Eintritt zu erlangen, muss man in der Reihe anstehen und Karten erwerben. Die kosten nichts, aber man muss seinen Pass vorzeigen. Die Chinesen haben es noch einfach, sie zeigen ihre ID-Karte vor, die auf einen Scanner gelegt wird und fertig. Wir Langnasen müssen uns mit Namen und Passnummer eintragen. Ich denke, ich trage meinen Namen ein und bekomme 10 Karten. Nein, alle müssen IN DER REIHE stehen. Die, die nicht zwischen der Absperrung stehen, sollen sich wieder hinten anstellen. Das hat alleine schon 20 Minuten gedauert und unser Zug fährt bald. Fast werde ich laut, aber ich weiß, es bringt nichts. Also schreibe ich Passnummern und unsere Vornamen in die Liste und heimlich steigen alle über die Absperrung in die Reihe. Ich hätte auch MickyMaus und 12345678 hinschreiben können, es hätte keinen Unterschied gemacht.

Schande über den Bürokratismus der Chinesen!X1009100

Auch während der Besuchszeit wird Staub gewischt.X1009108

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Am Bahnhof werden wir wieder mehrfach kontrolliert, fast als würden wir einen Kontinentalflug unternehmen. Der Warteraum ist ein Saal, und die Pforten werden 30 Minuten vor Abfahrt geöffnet. Dann werden die Tickets ein weiteres Mal kontrolliert (ohne wären wir nicht mal in den Bahnhof gekommen) und wir dürfen mit dem Strom die Treppe rauf zum Bahnsteig schieben. Es geht ganz gesittet ab, aber es ist doch aufregender als würde man zum Flugzeug gehen. Rolltreppe, Koffertransportband Fehlanzeige.X1009143

Die Fahrt von Xi´An bis Shanghai dauert 17 h. X1009145

 

 

China #2, PingYao

Dass wir nach PingYao gefahren sind, ist reiner Zufall. Erstmal liegt es auf dem Weg nach Xi´an, und zweitens schreibt der LonelyPlanet-Reiseführer, dass es faszinierend ist. „Das China deiner Träume, so wie es vor Jahrhunderten war, findest du hier.“

Glauben wir, und dass wir das TianYi-„Hotel“ mit seiner reizenden Betreiber-Familie gebucht haben, hat es uns als Gruppe noch einfacher gemacht, einen gemeinsamen Anfang für die Reise zu finden. Drei unserer Zimmer haben nämlich ein Gruppenzimmer mit Sofas, in das sich die Kinder in Decken gehüllt einkuscheln, denn es ist wesentlich kälter 700 km weiter südlich als in Beijing. Fast kaufen wir uns Pullover, aber immer wenn es ernst wird, kommt die Sonne raus und glüht uns einmal durch.

PingYao hat einen intakten, von einer ebenfalls unzerstörten Mauer umgebenen Stadtkern. Selbst Leuchtreklame kommt hier nicht zum Einsatz. Am Morgen des folgenden Tages steht ein Pferdeanhänger mit Holzbottichen vor unserer Tür und der Kloakenentsorger trägt Eimer für Eimer nach draußen. Brot und andere Lebensmittel werden nach jahrhundertealten Techniken hergestellt. Es ist wie ein Freilichtmuseum, aus dem man abends nicht rausgeschmissen wird. Autos sind auch nicht erlaubt, so dass es schön ruhig ist.

Grund für den guten Erhalt des Städtchens mit 280.000 Einwohnern ist, dass es früher als Bankenzentrum mit viel Macht ausgestattet, durch den Börsencrash an Bedeutung verlor und bei der Revolution 1911 von den Revolutionären als nicht wichtig erachtet und sozusagen links liegen gelassen wurde.

Schön für die Nachwelt und für uns. Die 10 m hohe Mauer kann man für 120 ¥/Person betreten, was uns erst teuer vorkommt, wir haben aber auch Eintritt in die meisten anderen Attraktionen wie Bankhäuser und Tempelanlagen.

Viel Kunsthandwerk, aber auch viel Blödsinn wird angeboten. Als kleines Bonbon setzen wir uns in ein neumodisches Fish Kiss Pedicure und lassen uns von hungrigen Fischen die Hornhaut abknabbern. Ist natürlich alles Quatsch, immerhin haben wir hinterher saubere Füße und können sagen, wir haben es ausprobiert.Barstreet PingYao Pano PingYao Temple Pano Pingyao1 Pano Watchtower Pingyao X1008081 X1008083 X1008087 X1008091 X1008105 X1008110 X1008116 X1008145 X1008197 X1008204 X1008264 X1008292 X1008297 X1008317 X1008321 X1008345 X1008354 X1008403 X1008416 X1008433 X1008435 X1008482 X1008503 X1008522 X1008531

Am Abend geht es wieder zum Bahnhof, diesmal verpassen wir nicht den Zug und wir bekommen richtige Betten als Schlafplatz.X1008551

 

 

China #1

Bisher haben wir nur einen kleinen Ausschnitt von China gesehen. Mehr als 100 km sind wir der Hauptstadt noch nicht entfliehen können. In den letzte Wochen habe ich immer wieder am Ticketschalter der Eisenbahn, von denen es etliche in der Stadt gibt, gestanden und für uns und unsere Gäste Zugfahrkarten gekauft. Man kann frühestens 20 Tage vor Reisebeginn Tickets kaufen, also stiefel ich für jeden Teilabschnitt nach unten und kaufe jeweils 10 Karten. Man muss dafür seine Passnummer angeben, die auf der Karte auch eingetragen wird. Somit ist die Karte nicht übertragbar, wie bei einem Flug.

Bevor es losgehen soll, müssen wir noch wissen, von welchem der Bahnhöfe wir abfahren. Es ist wie bei Monopoly. Im Internet finde ich angegeben, dass der Zug nach Pingyao vom Westbahnhof abgeht. Zwei Stunden vorher lassen wir uns durch den Stau dorthin transportieren, weil wir so viele sind, müssen wir drei Taxi´s nehmen. Als ich mit meinen Zwillingen beim wuseligen Riesen-Bahnhof angekommen bin, sind die Andern nicht da. Zum Glück gibt es Mobiltelefone. Es stellt sich raus, dass der andere Teil unserer Reisegruppe am anderen Tor des Bahnhofs gelandet ist. Wie kommen wir dorthin? Wir haben nur noch eine Stunde fürs Einchecken und ich habe die Karten. Taxi. Schnell. Der Fahrer bleibt cool: 50 Kuai. Was soll ich machen? 10 endlose Minuten später sind wir am anderen Ende des Bahnhofs, gegen den der Hamburger HBF ein Furz ist. Am Einlass geht es nicht weiter. Auf den Karten steht doch: Beijing. Nicht Beijing XiZhan, Westbahnhof. Wir sind falsch, müssen zum Hauptbahnhof, haben noch 50 Minuten. Nicht über LOS, wir müssen direkt dorthin. Taxi, diesmal ein großes. Wir haben keine Wahl, als der Fahrer sagt, er kann nicht alle in seinem klapperigen Bus mitnehmen. Wir zahlen aberwitzige 560 Kuai und fahren mit zwei Minibussen. Am Ende steigen wir aus, unser Fahrer sagt: 50 m, in die Richtung, schnell! Und gehetzt zwängen wir uns durch die Menschenmassen, die an so einem Bahnhof rumlungern, stehen in der Schlange für den Einlass in den Bahnhof, zeigen Pässe und Tickets am Schalter, der Kontrolleur lässt uns schnell passieren, als er die Zeit sieht, zu der wir fahren sollen. Dann Gepäck- und Personenkontrolle und Rolltreppe zum Bahnsteig. Wir haben noch 2 Minuten. Wir werden von Bahnsteig zu Bahnsteig geschickt und sehen eine Minute vor Abfahrtszeit den Schaffner, wie er dem abfahrenden Zug hinterherkuckt. Wir glotzen. Unser Zug fährt uns gerade vor der Nase weg. Wir sehen die Positionslichter im Smog verschwinden. Er hat sich eine Minute vor Abfahrtszeit in Bewegung gesetzt. Später erfahren wir, dass wir es auch nicht geschafft hätten, wären wir 3 Minuten früher da gewesen, denn die Tore zum Bahnsteig schließen 5 Minuten vor Abfahrt.

X1007964Jetzt haben wir Zeit. Ein Chinese, der unser Gerenne mitbekommen hat, zeigt uns sein Mobile, auf dem die Alternativzüge aufgelistet sind. K609 fährt am Abend, um 23:51, sechs Stunden später. Mathias und ich zum Ticketschalter, der außerhalb des Bahnhofs ist. Ja, es gibt noch Plätze, aber keine Schlafwagenbetten. Wie denn auch, ich habe 20 Tage vorher diesen Zug gebucht. Sitzplätze übrigens auch nicht. Also werden wir die Nacht über mit übermüdeten Kindern im Gang stehen. Die Karten sind billiger, und wir bekommen die Differenz zu den Schlafwagentickets erstattet.

Als wir am Zug um 23:10 einchecken, der nächste Schock. Wir haben nur 9 Karten! Alles durchsucht, nix. Haben wir nur 9 bekommen? Ich raus aus dem Bahnhof, zum Schalter zurück. Pass vorzeigen. Neue Karte ausstellen. Noch mal 102 Kuai bezahlen. Die Karte soll ich dem Schaffner zeigen. Das Geld soll ich dann am Zielbahnhof erstattet bekommen. 15 Minuten vor Abfahrt stehe ich auch am Bahnsteig, wir müssen noch einige Wagen ablaufen und werden von einem freundlichen Schaffner abgefangen, der uns in den Speisewagen bugsiert. Alle anderen Schaffner, die nichts zu tun haben stehen um uns herum, als ein Formular ausgestellt wird, das den Sachverhalt beschreibt. Dann dürfen wir sitzenbleiben und die Nacht auf den Restaurantstühlen schlafen. Besser als im benachbarten Stehwaggon ist es allemal, auch wenn alle einen etwas steifen Hals haben.

Am Morgen in PingYao bekomme ich tatsächlich 100 Kuai zurück. 2 Kuai waren Bearbeitungsgebühr. Ein Hoch auf den Unbürokratismus der Chinesischen Bahn.

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