Kategorie-Archiv: Vorbereitungen

7 Tage Beijing #1

Steffi hat einen Antrittsbesuch in Peking und hat mich eingeladen, mitzukommen. Die Anreise findet mit Zwischenstop statt, den wir so lang zogen, dass wir fast einen ganzen Tag bei meinem Bruder in Helsinki bleiben konnten. Schwager Mikko war schon mindestens 12-mal in Peking und bietet uns haufenweise Visitenkarten an. „Hier müsst ihr als erstes hin, nach dem Flug lasst ihr euch mal so richtig massieren, das ist nicht teuer. Und Essen müsst ihr unbedingt da, dort gibt es die beste Pekingente überhaupt. Nein, da gehen wir am besten zusammen hin, wenn wir kommen. Denn wir kommen garantiert, sobald ihr eine Wohnung habt und der erste Stress vorbei ist.“ Steffi sagt: „Lass mich mal kucken; der Name kommt mir bekannt vor, vielleicht ist es dasselbe.“ Tatsächlich ist es dasselbe Restaurant, das auf dem Plan von Steffi´s Arbeitswoche steht.

Bei herrlichem Wetter machten wir nächsten Mittag im Park Picknick, gingen für eine gute Stunde in den Marimekko-Fabrikladen und ließen unseren Weiterflug bestätigen. Marimekko hat gerade ein Problem mit einem Design, das die Chefdesignerin damals fast eins zu eins von einer ungarischen Künstlerin abgemalt hat. Und gerade vor ein paar Monaten ist die sündhaft teure Bemalung mit genau diesem Design auf einem der FinnAir-Flugzeuge fertig geworden. Das wird wohl umgespritzt werden müssen. Vorher bekamen wir den Airbus noch einmal zu sehen.

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Eine Freundin von Mikko, die Reisebürotante ist, besorgte uns irgendwie Plätze in der Businessklasse, so dass wir auf dem anschließenden langen Flug die Beine nicht nur ausstrecken konnten, sondern wie in einem Bett flach unter der Konsole des Vordermannes halb verschwanden. So kamen wir auf dem acht Stunden dauernden Flug für wenigstens drei Stunden zu einer Mütze Schlaf.

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Der Flughafen ist von Steffi ja bereits als groß angekündigt worden. Er ist eine gigantische  Einstimmung auf Beijing, und wird doch schon als zu klein erachtet.

Nach der Ankunft aus dem Flugzeug und der Passkontrolle setzen wir uns in eine Bahn und rauschen zum nächsten, übernächsten, nein wieder nächsten Gebäudeklotz, in dem unser Gepäck abholbereit Kreise ziehen wird.

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Ein Taxifahrer hält ein Schild mit dem Logo der Deutschen Schule Peking hoch und nimmt uns den Trolley ab. Etwa 30 Minuten später sitzen wir vor einem Panoramafenster in der 13. Etage des Landmark-Hotels und blicken über eine graue obere Horizonthälfte, aus der einzelne Häuser mit 30 und mehr Geschossen hervorlugen.

Davor ist alles Grün. Der Chaoyang-Park ist einer von vielen großen Grünflächen, die Peking zu bieten hat. Schade, dass wir nur einmal die Sonne durch die immer neblig verhangene Dunstglocke hindurchblitzen sehen werden. Wer die Truman-Show mit Jim Carrey gesehen hat, bekommt eine Ahnung von dem Gefühl, das uns beschleicht.smoglandmark

Ein paar Stunden später stürzen wir uns in den Trubel, gehen zur nah gelegenen Metrostation und kaufen uns eine 10er-Karte. Die U-Bahnen in Teheran sind glaube ich vom selben Hersteller, jedenfalls könnte man auch hier durch den gesamten Zug schauen, wenn es keine Chinesen gäbe. Ich bin mit meinen 1,86 auch nicht so groß, dass ich über die kleinen Chinesen hinwegsehen könnte, denn viele sind mindestens ebenso hoch gewachsen. Unser Ziel für diesen Tag ist die Verbotene Stadt, vielleicht weil unser China-Bild doch nicht unwesentlich durch Jim Knopf und Lukas geprägt wurde.
Wir steigen an einer der beiden Haltestellen des größten Platzes der Welt, dem Tiananmen-Platz, aus und werden im Schlendern dauernd angesprochen und mit Visitenkarten versorgt: „You need guide? I am official guide, I show you everything. You don´t know where to go, Fortbidden City has 180 buildings.“

Im Reiseführer lese ich später, dass es sogar 800 Gebäude sind mit mehr als 1000 Räumen auf 1.000.000 Quadratmetern, die Normalsterbliche 500 Jahre nicht zu Gesicht bekamen, wenn ihnen der Kopf auf ihrem Hals lieb geworden war.
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Die Größe des Geländes lässt unsere Augen staunen, denn Palast reiht sich an Palast, der gegenüberliegende Ausgang in der Stadtmauer ist mehrere Kilometer entfernt. Wir schlagen den Führer aus, denn Daten aufnehmen können wir nicht, schon gar nicht, wenn sie in einem Englisch kommen, an das wir noch nicht gewohnt sind. Denn die Worte purzeln nicht gerade in Oxford-Englisch auf uns herab, es klingt irgendwie Chinesisch.

Ich will nicht glauben, dass ich unter Jetlag leiden werde, aber um 21:00 ha es uns beide dahingerafft, nur um nachts um 3 hellwach zu sein, irgendwann wieder einzunicken und beinahe das Hotelfrühstück zu verschlafen. Das entschädigt für die Hektik, denn es gibt reichhaltig sowohl europäische als auch chinesische Küche.

Bevor Steffi und ihre Kollegen sich in die Arbeit stürzen, darf ich an der Schulbesichtigung teilnehmen. Die Schule ist beeindruckend groß und trotzdem nicht groß genug. Die Turnhalle lässt sich in zwei Teile aufteilen und eine Stirnfläche lässt sich komplett entfernen, so dass die Aula sich noch einmal um 50 m verlängert.

Steffi muss die Woche über arbeiten, während ich mich mit Maklern herumschlage, die allesamt ihre chinesischen Vornamen gegen englische getauscht haben. Der erste, den ich treffe, heißt Jason, ist in samtenen Anzug mit weißem Keder gehüllt und fährt mich in einem Porsche Boxter herum. Dagegen bin ich ja allergisch, vor allem da seine Angebote nicht unser Budget treffen und er immer von Bathroom redet, wenn er Bedroom meint. So komme ich nach dem ersten Tag völlig gefrustet in der Schule an und alle, mit denen ich spreche, muntern mich auf: „Das ging uns auch so! Keine Angst, ihr findet schon was. Man mietet eben hier von einem Tag auf den anderen, und man muss etwa 10 Wohnungen gesehen haben, bevor die Makler wissen, wie sie euren Geschmack bedienen können.“

Also telefoniere ich herum  und stelle fest, dass ich ohne Sim-Karte hier nichts bin. Ein Kollege Steffis drückt mir eine Visitenkarte in die Hand, die außer den Worten Apple und iPhone keine europäischen Buchstaben zeigt und weist mich ein: „Du gehst erst links, an der Kreuzung rechts und dann geradeaus, bis auf der linken Seite ein Elektronikmarkt kommt, wo 258 dransteht. Ist ´ne LED-Laufschrift dran. Erster Stock. Da kann übrigens keiner Englisch. Leg einfach meine Karte auf den Tisch, sag Sim-Ka und ob du 3G oder nicht willst. 3 heißt San, also san-ji.“

Ich bin direkt stolz, als ich nach 2 Kilometer Fußmarsch und etlichen Nachfragen bei Leuten auf der Straße, die auch kein Englisch können, fündig geworden bin, schweißgebadet, denn es ist auch noch 30 Grad und mehr. Ich habe mein Handy nicht dabei und kaufe nur die Sim-Karte, die sich als nicht mehr gültig heraus stellt. Als ich dem Kollegen mein Problem schildere, nimmt er mir Handy und Karte ab und regelt die Angelegenheit ohne mich.

In dieser Woche ist Steffi jeden Abend zum Essen eingeladen, und als ihr mitreisender Mann darf ich stets mit. Am ersten Abend hat der Schulvorstand zum Büffet geladen. Das ganze Kollegium ist geladen. Zum Glück sind Steffis Kollegen nicht nur Tröster, sondern auch noch total hilfsbereit und wenn man nur das Wort Wohnung fallen lässt, ist bestimmt jemand im Raum, der uns Internetseiten zeigt oder vertrauenswürdige Real Estate Agents empfiehlt. Alle sind mal in einer ähnlichen Situation gewesen.

Der nächste Tag wird besser, denn ich bekomme einen Anruf auf meine neue Sim-Karte von einem anderen Makler, mit dem ich mich auf Anhieb verstehe. David ist gebürtiger Mongole und lebt erst seit 8 Jahren in Peking. Ich frage ihn nach seinem vollständigen Namen, aber er bedauert: „Hab ich nicht, ich heiße Shuche. Nachnamen haben wir nicht.  Für den chinesischen Ausweis habe ich natürlich einen chinesischen Namen, aber den hat sich irgendein Standesbeamter ausgedacht.“ Seine Verwandten wohnen zwei Flugstunden in Richtung Norden, aber er lebt inzwischen mit einer Italienerin zusammen. Die Wohnungen, die er mir zeigt, kommen schon eher in unsere Preisklasse. Teuer sind sie noch immer. Ich verbringe den Nachmittag mit ihm, bis Steffi Feierabend hat.

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Freizeit hinter Gittern

 

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Wir malen eine Buslinienwartespur

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Tibetischer Lama Temple

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bewachte Müllhalde

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Chinesen fahren Fahrrad und essen Hunde

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Hier gibt´s zu essen

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Oma muss mit

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Bauarbeiterwohnung (vorne)

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Die Pause der Müllmänner unter dem Platz des Himmlischen Friedens

In search of the Holy Camera

Dies ist der Bericht über das nicht enden wollende Bemühen, die richtige Kamera zu besitzen und zu benutzen.

Das Fazit vorab: Eine solche wurde noch nicht gefunden. Aber es gibt Anwärter. Und ich habe oder hatte sie alle!

2006 wurden die 6-Megapixel-Kameras bezahlbar. Davor war das digitale Bildermachen nichts als Knipsen. Nicht, dass die Fotos schlecht waren, aber man sah ihnen das Digitale an. Ich weiß den Preis nicht mehr genau, aber etwas um die 300 € war uns eine Fujifilm S6500fd Bridgekamera wert. 28mm-Weitwinkel, Zoom bis 300mm, Makro, Video, Gesichtserkennung, eine Kamera für jedes Motiv. Selbst 2 Jahre in Iran habe ich damit alles um mich herum mit schönem Ergebnis abgelichtet. Auch Belichtungen bis 50×70 cm Größe sehen fast so aus wie von 35mm-Film.DSCF8615Aber das Fotografieren fühlt sich eben nicht so an wie mit meiner Nikon FM Film-Spiegelreflex.

2010 nahm ich 12.000.000 Iranische Rial (damals etwa 900 €)  in ein Fotogeschäft in der Khiabane Taleghani mit und erstand mit Hilfe meines persischen Freundes Alireza eine Nikon D90 mit 18-105mm-Zoom.DSC_1209Solch eine schöne Kamera, damit machte das Knipsen wieder richtig Spaß. Sogar Videos lassen sich damit drehen, 2010 ein von Canon vorgemachtes Novum an DSLR. Leider konnte ich meine alten Objektive nicht daran benutzen.

Die nächste Ergänzung des Fuhrparks war ebenfalls in Teheran ein gebrauchtes 12-24mm Weitwinkelzoom für 7.000.000. Das war knapp mein Halbtags-Monatslohn. Ich hab noch gedacht: Jetzt drehst du durch, mehr als halb so viel wie für die Kamera ausgeben, und dann benutzt du es vielleicht kaum. Aber für enge Straßen und Gebäudeinnenaufnahmen ist das ein klasse Objektiv. DSC_0245

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Ein 35mm-Objektiv mit großer Lichtöffnung kam als (vor-)letztes.

Als wir nach Deutschland zurückkehrten, kam der Nachfolger mit Namen D7000 auf den Markt. Mehr Pixel (16MP), mehr Knöpfe, mehr Gewicht und der Möglichkeit, alle Objektive seit den 80er Jahren mit manuellem Fokus zu verwenden. Haben wollen! Als klar war, ich würde noch 500 € für die „alte“ D90 mit 18-105er bekommen können, schlug ich für 450 € Aufpreis zu. Dass meine Frau mich nicht schlug, freute mich. Also der Riesen-Sprung war das jetzt nicht, aber es ist eine Kamera, mit der man auch in ein paar Jahren noch ausreichend gute Fotos machen kann.Denn ich habe Bilder mit 24 MP gesehen, die scheißer aussehen als 12 MP-Dateien.

Ach ja, inzwischen wollte ich mehr Reichweite, also „holte“ ich mir das 18-200mm Zoom von Nikon.D7K_9822-002

Das dicke, lange und schwere Zoom, das schon ausfährt, wenn man es nur zum Erdboden richtet, ist auch nicht schlecht, aber natürlich mit Kamera nicht grade leicht und so kam es mir gelegen, dass ich gebraucht eine Fujifilm X100, auf die ich schon Monate lang geschielt hatte, für 700 € erstehen konnte. In der ersten Woche merkte ich, dass die Farben so komisch sind und das Ding repariert werden muss. Machte fast nix, denn ich hatte ja den Kaufbeleg vom Mediamarkt und damit Garantieanspruch mitgekauft. Nach drei Wochen beschwerte ich mich, und man stellte fest, dass kein Begleitschreiben dabei gewesen war und die Kamera deshalb ereignislos in der Werkstatt rumgelegen hatte. Sie hatte das Sticky-Shutter-Problem, eine Kinderkrankheit, die auf Garantie durch Austausch des  Objektivs beseitigt wurde. Aber als sie wiederkam, konnte ich endlich sehen, was für ausgezeichnete Bildqualität sie liefert – vor allem für Personenfotos, aber auch alles andere. Nur Zoom-Zoom kann sie nicht. Und sie ist absolut lautlos, selbst nicht schwerhörige Omas fragen: „Wann machst du denn endlich?“ Dabei hab ich schon 5 zauberhafte Portraits im Kästchen…

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Bevor die X100 ins Haus kam, hatte ich bei einem Freund schon mal eine Leica M8.2 in die bebenden Fingerchen bekommen. Er hütete sie (zu Recht) pedantisch vor seinen Kindern und auch ich hatte Respekt vor seinem Metallklotz im Werte von 2000 €. Aber wenn man auf den Auslöser drückt, was für ein Gefühl, welch Klang! Was ich noch nicht wusste: die Objektive sind auch noch mal um die 1000 € aufwärts teuer – pro Stück. Ich befand damals, das bräuchte ich nicht. Aber immer wieder musste ich an die Kamera meiner Tante, die als Fotografin innerhalb der Familie sogar den Namen Photo bekommen hatte, denken: eine M3 von Leica, gekauft 1959, die sie noch immer besitzt und bei der gerade erst der Verschluss erneuert wurde.

Und beim so durch die Gegend surfen stolperte mein Auge über die Annonce einer M8 für 1.290 €. Ich hatte grade Geld aus einem Fond auf der Bank liegen. Warum soll Geld nutzlos sein? Angeschrieben, telefoniert, für schließlich 1.150 hatte ich sie dann.

Als ich das Geld überwiesen hatte und meiner Frau den Kauf beichten musste, hüpfte ich trotzdem noch vor Freude auf und ab. Sie konnte mir nicht böse sein.

Nur waren Leica und ich ohne Objektiv. Meinen Leica-Freund C. angerufen, nur um mich zu bedanken, zu informieren oder zu beschweren, dass er mich infiziert hatte. Und zu fragen, was denn als erstes Objektiv sinnvoll sei. Da bot er mir eine seiner Linsen für die Übergangszeit zur Leihgabe an. Welch edle Tat! Er gab mir sogar 2 mit: ein 3.8/24mm Leica-Objektiv und eines von Voigtländer mit extremem Winkel: 15mm, Blende 4,5. Das Leicaglas kostet gebraucht noch 1.800 €. Ich war froh, es wieder heil zurückgeben zu können. Meine Hände gehorchten allerdings nur mühsam. Nur wer so was mal selber in der Hand hatte, weiß, was für ein schönes Stück Handwerkskunst das ist.

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Zum Glück gab es mal von Minolta Objektive für Leicas, die den echten in der Qualität nicht nachstehen. Daher habe ich jetzt je ein 40 mm und ein 28 mm M-Rokkor, das 15 mm Voigtländer von meinem Leica-Freund und ein 21 mm Voigtländer, Blende 4, das ein Spanier wohl wegen der Finanzkrise billig loswerden musste. Ich hab keine Endrechnung gemacht – vorsichtshalber. Aber es ist weniger als ein gebrauchtes M9-Gehäuse von Leica (der nächste Traum Albtraum meiner Frau).

Im Grunde sind die digitalen Leicas Scheiß-Kameras (die neueste M 10 für 6200 € mag besser sein). Die Automatik ist mit Einschränkung zu gebrauchen, das manuelle Fokussieren dauert ziemlich lange, wenn man es denn schafft. Videos kann man schon gar nicht damit drehen. Ich denke manchmal: „Ob das Bild denn wohl was geworden ist?“ Beurteilen kann man nämlich an der Kamera nicht viel, denn der Bildschirm auf der Rückseite  ist kaum zum Bilderkucken geeignet (meiner hat auch noch einen Fleck, der aussieht wie ein Kaffeerand). Aber wenn ich die Bilder dann im Rechner betrachte und etwas bearbeite, dann staune ich, dass 10 Megapixel besser sein können als 12 MP von der Fujifilm und 16 MP aus der Nikon. Es liegt wohl hauptsächlich an den Objektiven. So kommt  es vor, dass ich mich öfter frage, wann ich denn endlich wieder mal mit der M8 ein Bild machen kann, weil es so ist wie einen Film zu belichten.

Da steh ich nun, ich armer Tor, mit 3 Kameras, zwischen denen ich mich nicht entscheiden kann. Aber alle drei haben ihre eigenen Einsatzgebiete. Die, welche in jedem Licht die besten Bilder macht, ist die Fujifilm X100. Für das schnelle Scharfstellen und Auslösen ist die D7000 zuständig. Die, mit der ich am liebsten fotografiere, ist die Leica.

Ich weiß, dass ich nicht ganz schier bin (denn ich verdiene kein Geld mit dem Equipment), aber es gibt immer noch Leute, die verrückter sind, oder?

P.S.: Verneinende Kommentare werden gnadenlos gelöscht.

Es gibt kein Bier auf Hawaii…

Weil es in China doch kein facebook gibt und auch so manche andere Internetseiten wie WordPress und Blogger gesperrt sind und damit nur durch einen Tunnel zu erreichen sind, habe ich die letzten beiden Tage wie ein Nerd hinter dem Monitor gesessen und eine eigene Domain besorgt und mit Leben gefüllt. Wenn Steffi und ich in etwa einer Woche nach Peking fliegen, wollen wir doch mal ausprobieren, ob der Blog ohne Tunnel lesbar ist.

Ansonsten ist das Leben angefüllt mit Zettelwirtschaft. Arzt-Rechnungen wollen eingereicht werden, wir brauchen noch eine Krankenkassenversicherung, die Einkommensteuer ruft und wir müssen überlegen, welche Dinge denn im August mit uns umziehen sollen.

Steffi war auf einem Kursus, der sie auf den Auslandseinsatz vorbereiten sollte. Da haben sie ihr erzählt, es würde von ihr erwartet, die Landessprache innerhalb eines halben Jahres zu  lernen. Haha! Als sie auch lachte, wurde gesagt: Naja, die asiatischen Sprachen sind ja etwas schwerer; Sie bekommen ein Jahr Zeit.

Impfungen und Fingerabdrücke

Wegen China sind wir bei den Weißkitteln zu Stammgästen geworden. Erst zum Tropeninstitut, um die Tropentauglichkeit attestieren zu lassen, dann zum Hausarzt für die Impfungen. Diese kommen im Wochenrythmus, weil es so viele sind. Ich warte nur noch darauf, dass die Sprechstundenhilfe, sobald sie uns sieht, schreiend durch die Praxis läuft.

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Und nach Berlin zum Auswärtigen Amt mussten wir auch alle fahren, um dort die Fingerabdrücke abzugeben. Ich fand es beim letzten Mal schon merkwürdig, dass es nicht möglich ist, im Einwohnermeldeamt die Greiferchen auf die grüne Glasplatte zu legen, aber eine bezahlte Reise in die Hauptstadt ist auch mal ganz schön.

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Der Tag wurde durch eine Zugverspätung so lang, dass nur noch ordentliche Portionen chinesische Nudeln helfen konnten.

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Ungewisses

Leute, mit denen ich spreche, fragen mich: „Und, was machst du in China?“ – „Ich weiß es nicht, erstmal werde ich Steffi den Rücken freihalten, weil sie so viel arbeiten müssen wird. Ob sich dann noch etwas ergibt, warte ich mal ab.“

Ich hoffe, dass ich noch schlau genug bin, um Chinesisch für den Alltagsgebrauch lernen zu können. Einige Zeit liegt bei uns im Wohnzimmer bereits ein Lehrbuch herum: „Chinesisch Superleicht – für Anfänger“. Der Titel klang zu verlockend, das musste ich einfach kaufen. Und wirklich kann es doch nicht so schwer sein, mehr als Tausend Millionen Menschen sprechen diese Sprache. Oder anders (chinesisch) ausgedrückt:  Shí yì ren- Zehn Hundertmillionen Menschen

Dann können wir das wohl auch lernen. Es müssen ja nicht gerade alle 60.000 (Liù wàn) Schriftzeichen sein. 3.000 sollen für das Zeitunglesen bereits genügen.

Heute war ich mit den Kindern in Hamburg. Zum Tropeninstitut, um unsere Tropentauglichkeit feststellen zu lassen. Peking ist zwar nicht tropisch, aber wir könnten ja mal in dem Land verreisen. Und im Süden kann es sehr heiß und feucht werden. Steffi war schon vor 3 Wochen zur Untersuchung. Und wer HIV-positiv ist, bekommt kein Visum. Wir bekommen bestimmt alle eins. Wir werden unsere Impfungen indes gehörig auffrischen müssen.

Komischerweise habe ich gar keine Angst vor der Zeit in China: ich bin sicher, dass es für alle aufkommenden Probleme eine Lösung geben wird. Das, was mir zur Zeit noch Angst macht, ist die Zeit vor der Abreise: Werden wir jemanden finden, der unser Haus bewohnen wird, wird es mit dem Verpacken unseres Habundguts und dem Umzug reibungslos gehen? Werden wir gesund sein, wenn der Flugtermin kommt? Werden wir dort eine Wohnung gemietet haben, in die wir direkt vom Flughafen aus ansteuern können? Ich würde mich gerne schon mal in die Zukunft vorreisen lassen, um zu sehen. Nein, reibungslos wird es nicht abgehen, da mache ich mir keine Illusionen. Bei Reibungslos fällt mir die Werbung für die Lotterie ein, bei der man eine schwarzweiß gesprenkelte Deckfläche abrubbeln muss. Die Wunderlampe macht alles reibungslos. Aber wir haben noch nie Lotterie gespielt. Wer wagt, gewinnt. Wer nicht mitmacht, kann auch nicht gewinnen. Ja was denn nun? Fest steht: wer sich nicht bewegt, kann auch nicht vorwärts kommen. 

Stippvisite

Steffi wird zu einem Bewerbungsgespräch vor Ort eingeladen. In zwei Wochen soll der Termin sein. So kurzfristig gibt es selbstverständlich keine preiswerten Flüge mehr. Mehr als 1200 Euro werden dafür fällig. Wenn man rechtzeitig bucht, kann man für wenig mehr als 500 € hin und zurück kommen. Für das Visum fällt allerdings noch mal 60 Euro an.

Von Peking hat Steffi nicht viel mitbekommen: In drei Tagen, in denen ein Bewerbungsgespräch liegt, lässt sich nicht viel entdecken. Immerhin beeindrucken sie ein paar Architekturhighlights: Der Flughafen von Sir Norman mit seiner schieren Monumentalität und der durchdachte und feine Schulbau von gmp. Und sie schwärmt von den Möglichkeiten, die die Schüler haben. Und von denen unsere profitieren werden:

Was sollen wir sagen? Als sie wiederkommt, glaubt sie die Schlacht an die Mitbewerber respektabel verloren, aber nein, der Job geht an sie! Unsere Kinder wollen es nicht mehr so ernst gemeint haben, als sie uns die Erlaubnis erteilten, eine neue Auslandsstelle zu finden. Aber da müsst ihr jetzt durch, und hinterher sagt  ihr: „War doch eine super Entscheidung.“ (Fingers crossed)

China here we come!

FÜNF IN…

In Iran war Steffi als Grundschulleiterin angestellt, die Zeit war sehr arbeitsam, aber durch die vielen Feiertage des Islam hatten wir auch viel Zeit zum Reisen. Siehe HIER

Zurück in Deutschland wurde uns unsere Heimat nicht wieder so heimisch wie wir glaubten. Jan Ingmar verband gar den Begriff Ödestan mit Good Old Germany.

Steffi hat sich auf eine Grundschulleiterstelle beworben. In Alicante. Daraus wurde nichts, denn die Bewerbung war initiativ und sie hatten keine freien Stellen. Dann fand sie eine Ausschreibung für Shanghai und eine für Peking. Einen Tag, bevor wir in den Herbstferien nach Spanien aufbrachen, war für die dortige Schule in Barcelona die Grundschulleitung annonciert. Also schnell noch eine Bewerbung losgeschickt und weiter Sachen gepackt.

Unterwegs kam die Antwort. „Gerne laden wir Sie am 15.10. 2012 in die Deutsche Schule für ein Bewerbungsgespräch ein.“

Im Urlaub, den wir sowieso nach Spanien machen wollten, war auch ein Abstecher zur Deutschen Schule Barcelona möglich. Es sollte aber nicht sein, dass wir als 5-in-Spanien berühmt werden.

Und außerdem ist Barcelona eine tolle Stadt, wenn man als Tourist kommt, aber als Stadt zum Leben ist sie einfach zu teuer.

Also verwarfen wir den Gedanken an Spanien schweren Herzens.

Vorher war jedoch bereits eine Bitte aus Peking gekommen. Ob Steffi sich mit der derzeitigen Grundschulleiterin per Skype mal unterhalten könne. Diese Anfrage kam, als wir gerade im Zelt am Laptop eMails prüften.

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Also belegten wir einen Raum im Restaurant, kauften uns mehr Onlinezeit im Campingplatznetzwerk und Steffi redete eine halbe Stunde lang mit ihr.

Nach dem Spanienurlaub  folgte eine Einladung für Steffi nach Berlin, um die Schulleiterin zum Bewerbungsgespräch zu treffen. Das lief so gut, dass ein paar Tage später eine eMail mir der Frage kam, ob sie sich zum Bewerbungsgespräch mit dem Schulvorstand nach Peking aufmachen könne. Und das lief sogar noch besser.

Wir haben bereits für drei Jahre in Iran gelebt, dem Land mit den zweitmeisten Hinrichtungen. Wir wollen Superlative, da bietet es sich doch an, ein Level höher zu gehen. In China wird am allermeisten von Staats wegen gemordet, makabrerweise wird das unser nächster Auslandseinsatz.

Nachdem der Vertrag unterschrieben war, liefen die Nachrichten von Meldungen über Peking über: nichts, was uns erfreute – von der nicht vorhandenen Luftqualität hatten wir schon gehört, aber die Werte sprengten alles bisher Dagewesene. Wenn Steffi jetzt vom Vertrag zurückträte, würde sie für 5 Jahre für den Auslandsdienst gesperrt werden. Also Atem anhalten, Augen zu und durch. Die Regierung hat aufgrund der Bürgerproteste drastische Maßnahmen zur Luftverbesserung angekündigt. Die Deutsche Schule verspricht den Einbau von wirkungsvollen Filteranlagen im Gebäude. Die Bauarbeiten gehen demnächst los. Nach einer langen Woche war die Wolke der Vergiftung nach Japan verduftet und alles im wahrsten Sinne weggeblasen. Aber uns ist klar, dass es wiederkommen wird und wir besser gute Feinstaubmasken im Gepäck haben werden.

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