L E I C A M240 – Bin ich eigentlich doch verrückt?

Normalerweise frage ich mich bei Neuanschaffungen immer: Brauche ich das wirklich?
Und wenn ich mir überlege, wie lange ein neues Ding den Gebrauch voraussichtlich durchhält und wie oft ich es benutzen werde, stelle ich zumindest meistens fest: Brauch ich nicht.
Dazu gibt es ein wunderbares Video, in dem erklärt wird, was mit den Dingen passiert, bevor und nachdem sie hergestellt werden.
20 Minuten, die zum Nachdenken Anregen. Leider nur auf Englisch, aber man kann Untertitel einschalten.

Ich habe daraus gelernt, dass zumindest in den USA so viel Unnötiges gekauft wird, dass 6 Monate nach dem Kauf nur noch ein Prozent der Dinge in Benutzung ist.

Davon abgesehen bin ich ja meistens sparsam, manchmal auch geizig, aber wenn etwas so richtig Spaß macht, lasse ich auch schon mal mehr Geld den Besitzer wechseln. Man bringt teuren Dingen ja auch mehr Wertschätzung entgegen.

Vor ein paar Jahren schon hatte ich die Unvernünftigkeit besessen, mir eine gebrauchte Kamera zu kaufen, die ich gar nicht benötige. Es war eine Leica M8, die zweite digitale Messsucherkamera weltweit. Total viele Bilder, die mir was bedeuten, hatte ich damit gemacht.
L1059688
L1058435
Forbidden City

Da sie mir für viele Fotogelegenheiten zu unflexibel war, habe ich sie nach eineinhalb Jahren wieder verkauft.
Immerhin war sie wertstabil. Der Verkaufserlös war nahezu genauso hoch wie der Kaufpreis, den ich bezahlt hatte.

Objektive dafür hatte ich behalten.

In all der seitdem vergangenen Zeit dachte ich oft, ach hättest du das doch nicht gemacht. Das war Fotografieren pur.
War aber für mich gut gewesen, denn 2 Monate nach dem Verkauf ging der Verschluss in den Händen des neuen Besitzers kaputt.

Letztes Jahr wollte ich mir dann wieder eine M kaufen. Hab ich aber nicht gemacht, weil das aktuelle Modell auch gebraucht noch zu teuer war.

In der Zwischenzeit hab ich mir zumindest eine Film-Leica von 1969 zugelegt.

Es ist die M4. Hier hab ich sie mal gemalt:
Leica M4

Natürlich fotografiere ich damit. Hier hatte ich aus Versehen eine Doppelbelichtung gemacht. Find ich aber gut.
Doppelbelichtung aus Versehen

Freunde Jan Ingmars:
Kumpel meines Sohnes

Im Red Brick Museum.
Red Brick Museum

Aber zurück zu meiner Nerdiness:
Dies Jahr sah ich im Netz eine digitale Gebrauchte, die etwa zum halben Preis verhökert werden sollte. Eine M240, wie sie etwas sperrig heißt. Sie ist eben nicht mehr das neueste Modell, wird aber immer noch bei Leicahändlern für 6500€ neu verkauft. Das neueste Modell (M10) ist noch mal 350 € teurer.

Also fragte ich meine Frau, was sie denn davon halten würde, wenn ich…

Die Antwort war, wenn du dann eine deiner anderen Kameras verkaufst…

Ich hab immer noch keine Fuji verkauft, aber es war ja nicht die Rede davon, dass ich das sofort machen soll, oder?

Was ist denn jetzt das Tolle an den Messsucherkameras von Leica?
1. Das Haptische.
Es ist, wie wenn man eine schöne Uhr oder ein gut gearbeitetes Schmuckstück sein eigen nennt. Man (ich) möchte sie immer in die Hand nehmen, einfach nur so. Sie ist mit 940g inkl. Objektiv schwer, jedenfalls schwerer als die Kameras, die ich bisher hatte.

2. Das Design.
Die Form existiert seit den 50er Jahren, als mit der M3 deren erste Kamera mit Bajonettverschluss auf den Markt kam.
Alle Objektive, die seit den 1950er Jahren von Leica gebaut wurden, können an der Kamera benutzt werden. Mit Adapter auch die von 1913.
Zum Glück gibt es auch noch Hersteller, die nicht ein Vermögen verlangen und trotzdem gute Objektive machen. Billig sind auch diese nicht, aber es gibt ja den Gebrauchtmarkt.(Zeiss, Voigtländer)
Also, ich kucke mir die Kamera einfach gerne an.
Leica m240_Vorderseite
Leica m240_Rückseite

3. kein Autofokus
Was mich an den anderen Kameras mit ihrem Autofokus nervt, ist, dass die Kamera sich zu oft falsch entscheidet, auf was sie scharfstellen soll. Ja, es gibt von Sony und Olympus und auch Fujifilm Modelle, die das ganz toll machen, aber was man da alles einstellen kann oder muss, bis man zu einem gutem Ergebnis kommt, hält einen fast vom Fotografieren ab. Und die Automatik ist auch unsportlich;-))
hurry

Jetzt habe ich die M240 seit fast 2 Wochen und ich habe ganz viele unscharfe Bilder gemacht, weil ich noch manchmal vergesse, die Schärfe einzustellen oder einfach zu ungeübt bin.
Die zeige ich natürlich nicht. Was sich nicht bewegt, kann natürlich leichter fotografiert werden.
blaues auto
abriss

4. Bildqualität.
Wenn ich es mit meiner Fujifilm XPro-2 vergleiche, stelle ich fest, dass die Bildqualität genauso gut ist. Bei sorgfältiger Aufnahme auch durchaus besser. Der Engländer würde sagen: Better be! Denn bei dem Preisnachteil sollte das wohl doch der Fall sein.
angebunden an Mama

Ein paar Bilder sind mir inzwischen schon gelungen und ich werde in Zukunft mehr davon zeigen.
Schlüpfer

Jan Ingmar war so freundlich mir für ein paar Fotos zur Verfügung zu stehen.
JIQ
Für seine Model-Tätigkeit musste er sich die Haare schneiden lassen. Steht ihm aber gut, finde ich.
JIQ Fotoshoot

JIQ Fotoshoot

Ich benutze im Wesentlichen zwei Objektive an der Leica, die beide nicht von Leica sind. Das eine ist ein Zeiss Planar mit 50 mm Brennweite. Das andere ist ein Minolta-M-Rokkor 28mm/2.8, das ich schon an der M8 benutzt hatte.

Alles in Allem hat mich das Setup 4000 EURO gekostet. Das Geld verdiene ich mit den paar Bildern, die ich verkaufe, nicht wieder rein. Aber vielleicht werden meine Bilder ja eines Tages so gut, dass ich damit reich werden kann. Selbstverständlich ist es mir peinlich, dass ich in meiner Tasche den Gegenwert fast eines Taxifahrer-Jahresverdienstes in Beijing herumtrage.

Die Art, damit zu fotografieren ist eine andere. Ich stelle die Kamera auf einen der Lichtmenge angepassten Wert an und variiere dann je nach Situation. Ich muss natürlich den Fokus anpassen. Es ist eindeutig keine Point-and-Shoot-Kamera. Aber wer hat gesagt, dass das Leben einfach sein muss, um schön zu sein?

PS: Ich habe mich entschieden, die Fujifilm X-Pro1 mit 18mm-Objektiv Blende f/2 und komfortablem Handgriff zu verkaufen. Gut geeignet für Streetfotografie.
Oder mit 18-55mm/2.8-4-Zoom statt des 18mm.
(Bei der Kamera ist der Blitzschuh nicht nutzbar, aber über den integrierten PC-Anschluss kann man mit Kabel einen Blitz anschließen.)
VB 500EUR komplett mit Objektiv, 2 Batterien und 3rd-Party-Ladegerät.
xpro1_28/2_Vorderseite
xpro1_Rückseite

PPS: Ich bin zur Zeit in Peking, daher würde ich das Set lieber hier verkaufen.