oough! Chinesisch.

Ein paar Worte zur Sprache: Seit fast 8 Monaten habe ich Chinesisch-Unterricht, zwei mal die Woche. In der Deutschen Schule, die für Eltern und Lehrer einen Kurs für umsonst anbietet. Unsere Lehrerin ist eine Chinesin, die behauptet, dass ihre Freunde über sie sagen, sie sei inzwischen mehr eine Deutsche als Chinesin.

Chinesisch ist eine Silbensprache: jedes Zeichen entspricht einer Silbe. Aber nicht jede Silbe entspricht nur einem Zeichen. Nun gibt es nicht soo viele Silben. Mit etwa 400 kommt die chinesische Sprache aus. Schriftzeichen dagegen sind es bis zu 60.000. Der gebildete Chinese kennt durchschnittlich 7.000, Zeitung lesen geht mit 3.000.

China heißt übrigens in China gar nicht China oder Kina oder etwas ähnliches. Zhong guo ist die Bezeichnung für Land der Mitte. Und die Sprache selber heißt Hanyu. Nach der Volksgruppe, die am häufigsten vertreten ist, den Han-Chinesen.

Alle Sprachkurse, die ich bisher gesehen oder gehört habe (als Buch, Software oder HörCD), gehen ähnlich vor: Begrüßung, Uhrzeit, Berufe, Essen, Kaufen, Verkehr, Orientierung, Wetter, Hobbies… Daher ergänzt sich mein Real-Life-Kurs mit der Softwarelösung ganz gut. Wenn es geht, lerne ich jeden Tag eine Stunde mit Rosetta Stone. Das ist Software, die ohne Übersetzung auskommt, nur mit Bildern arbeitet. Zwei Schritte vor, einer zurück, mit viel Wiederholungen verankern sich die Worte in den Hirnwindungen. Und die weitgehend richtige Aussprache wird auch noch kontrolliert. Ich habe im chin. Silberscheibenparadies etwa 9€ bezahlt, an denen Rosetta nichts verdient. In Deutschland kostet das Original das 20-fache.

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Der Anfang ist noch einfach: Ni hao ma? und Wo hen hao: Wie geht´s? und Mir geht´s gut! sind Floskeln, die leicht von den Lippen gehen. Aber dann kommen die Töne dazu, die in vier verschiedenen Höhen der Silbe unterschiedliche Bedeutungen geben. 400 Silben mal etwa vier Töne sind etwa 1600 Silben. Kommt mir wenig vor. Weiß jemand, wieviele Silben Deutsch besitzt? Ich hab auf die Schnelle keine Antwort gefunden, aber ich glaube, mehr.

Ich habe mir inzwischen vorgenommen, auf der Suche nach Eselsbrücken unsere Lehrerin nicht mehr zu fragen: „Ist diese Silbe die Gleiche wie im Wort xxx?“ Denn fast immer lautet die Antwort entweder: „Nein, es klingt zwar gleich, aber das ist ein anderes Schriftzeichen.“ Oder wir hören ein höfliches: „Das klingt ein wenig anders, du musst die Stimme anheben (oder senken, oder senken und heben, oder gleichbleibend hoch sprechen). Übrigens ist das auch ein anderes Schriftzeichen!“ Frau Kou, die wir Nancy nennen dürfen, sagt auch: „Chinesisch ist eine isolierte Sprache.“ Und meint damit, dass hanyu oder auch zhong wen (damit ist dann gleich alles gemeint, was mit dem Chinesischen zu tun hat, Sprache und Essen und Kunst und Schrift, also chinesische Kultur)  mit keiner anderen Sprache verwandt ist. Deshalb ist das so schwer. Und es gibt keine, aber auch gar keine Worte, die uns von woanders her bekannt sind. Im Persischen ist ja wenigstens ein Lastwagen ein kamion, den der Franzose auch so ähnlich nennt. Der zhong guo ren sagt dian nao und meint Computer, das in jeder anderen Sprache (außer Französisch wieder mal) Computer heißt.

Es gibt eine Art Lautschrift, die Pinyin heißt und die ans Englische angelehnt die Silben in eine für Europäer lesbare Form bringen soll. Leider muss man auch die Buchstaben in der Aussprache lernen, denn der Deutsche (de guo ren – Tugend Land Mensch) liest anders. Deshalb wird man oft verständnislos angeschaut, obwohl alle Buchstaben da sind, ein falscher Ton, und nichts wird verstanden. Aber auch im Land schaut sich der Einheimische verständnislos um, wenn er woanders ist. Viele Dialekte sorgen für babelartige Zustände. Mandarin/Hanyu als Staatssprache soll das Problem lösen, tut es aber nicht. So bleiben nur die Schriftzeichen, denn die bedeuten in ganz zhong guo das Gleiche, auch wenn man es anders nennt. Na, ist ja in Deutschland ähnlich. Ich versteh die Bayern auch nicht, wenn sie am Schwätze sin.

Mein Stand zu diesem Zeitpunkt? Ich kann ins Managementbüro gehen und dort sagen: „Unser Wasser in Dusche und Küche ist kalt. Nicht heiß. Bitte schick Monteur.“ Die Antwort? Ich hab keine Ahnung, was sie genau sagen. Ich hoffe auf die Erfüllung meines Wunsches. Nach einer halben Stunde kommt tatsächlich jemand, dem ich zeigen kann, was los ist. Jetzt wird das Wasser heiß. Komisch eigentlich, denn er und sein Gehilfe, der einen Schraubenzieher und eine Zange trägt, hat nichts gemacht. Vorführeffekt. In ein paar Tagen werd ich wieder runtergehen.

Die Antworten kann ich fast nie verstehen, weil die Beijinger ihre Worte gurgeln, nie so sprechen wie im Hörbuch oder der Software. Und dann sind da noch die Händler im Markt, die gar nicht von hier sind. Bei ihnen klingt Zehn wie Vier und man muss mir ins Portemonnaie greifen und das Geld herausklauben. Die Beijinger kann ich meistens ohne Nachfrage bezahlen.

Nur, weil die Frage bestimmt aufkommt: Nein, unsere Kinder lernen (noch) nicht Chinesisch. Nebenbei bleibt manchmal was hängen, die Zahlen bis zehn zum Beispiel. Im nächsten Schuljahr vielleicht. Es war anstrengend genug für sie, sich zu orientieren und Stoff aufzuholen.

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