Popstars on Tour

Nachdem wir den Araberzuchthof in der Nähe Khorramabad´s verlassen hatten, fuhren wir wieder nach Norden. Die nächste Haltestelle war für eine Nacht Kermanshah, was neben einem alten Bazaar einige Sehenswürdigkeiten in der Umgebung aufzuweisen hat. Die ganze Gegend ist uralte Kulturherberge. In Kermanshah selbst gibt es ein 2300 Jahre altes in den Berg gehauenes Bilderensemble. Wie ein Tor ist das Taq-e Bostan tief in den Fels geschlagen. Weil Nouruz grade war, hat ganz Iran noch frei und ist begierig, das eigene Land kennenzulernen oder draußen in der Natur seinen Spaß zu haben. Es war VOLL!Ganz in der Nähe ist Bisotun, eine aus nahezu gleicher Zeit stammende Steinmetzarbeit. Es wird gesagt, ein englischer Offizier hätte um 1835 abgeseilt monatelang über dem Abgrund gehangen und, mit Pappmaché bewaffnet, die Inschriften kopiert. Mit Hilfe dieser Kopien konnten bis dahin nicht entzifferte Keilschriften übersetzt werden. Der gleiche Text war nämlich 3 mal in unterschiedlichen Schriften gesetzt worden.Das ganze Gelände ist ringsum wie ein Volksfest angelegt gewesen. So viele Leute! Und wir sind als einzige erkennbare Ausländer ein gefundenes Fressen für die nach Kontakt zur Welt hungrigen Iraner. Auf dieser ganzen Reise mussten wir für unzählige Bilder mit Fremden posieren. So müssen sich Popstars fühlen! Besonders die Kinder sind wieder einmal Schwerarbeiter gewesen. Je länger die Reise ging, desto weniger Lust hatten sie; und Martje flehte schließlich, wir mögen doch bitte so tun, als würden wir kein Farsi verstehen.Aber beim Anahita-Tempel, wo wir nur 20 min. bleiben wollten, durfte ich noch nach Herzenslust SprachreiseIran spielen und wir lernten so Saman kennen, der uns die Anlage erklärte und schließlich zu sich nach Hause einlud. S. ist nämlich Bergführer und war 2009 Teilnehmer der iranischen Himalaya-Delegation. Mit seinen 24 Jahren ist er bis zum Basecamp des Everest (etwas über 7000 m Höhe) gewandert. Und uns führte er am folgenden Tag auf 2000 m bis zur Quelle des nahe gelegenen Trainingsberges.Und das ist ein Teil seiner Familie:
Zufälligerweise trafen wir jemanden in Tuyserkan, den wir in THR, 400 km entfernt, kennengelernt hatten, als wir mit unserem Auto vor fast genau einem Jahr die erste Reifenpanne gehabt hatten. Er hatte mich damals zum Reifenhändler gefahren und 3 Stunden seines Lebens für Fremde vergeudet, obwohl er und seine Familie schon spät dran waren für ihre Reise über die Berge.
Jetzt stellte sich raus, dass seine Familie aus eben diesem Ort kommt, wo wir uns trafen, und da grad Mittagszeit war, konnten wir nicht ablehnen, zu seinem Bruder zu fahren…
Immerhin schafften wir es, vor Einbruch der Dunkelheit in Hamadan zu sein. Übrigens hat eigentlich fast jeder Ort an seinen Einfahrten einen Kreisverkehr, auf dessen Verkehrsinsel etwas für diesen Ort Typisches zeigt. Hier sind es allerdings „nur“ irgendwelche Märtyrer, die das Bild Khomeinis vor sich hertragen.
Hamadan ist dies nicht; dort hätten wir den Weg zum Gasthaus kaum alleine gefunden, also fragte ich 2 Polizisten, die am Wegesrand standen. 2 Sekunden Überlegen, dann sagten sie, fahrt hinter uns her, und mit Blaulicht eskortierten sie uns. Die in dem neuen Mercedes saßen, waren bestimmt keine kleinen Lichter, denn jeder Polizist auf dem Weg stand stramm und salutierte. Sie warteten noch, bis ich im Hotel nach einem Zimmer gefragt hatte, schenkten den Kindern Würfelspiele und ich bedankte mich artig mit „Damet garm, Daddash!“Saman hatte aus Kangavar inzwischen seinen Freund angerufen, der uns mit seiner Zukünftigen (in zwei Monaten soll es soweit sein) 2 Tage Hamadan zeigte.Hier sitzen wir in einem Fastfoodrestaurant, wo die Decke im Obergeschoss so niedrig ist, dass nur die Kinder aufrecht auf ihre Plätze können. Ich glaube, Martje musste sich auch schon bücken. An solchen Stellen komme ich mir immer vor wie in dem Film „Being John Malkovich“.
Hamadan ist wirklich schön gelegen, und auch hier sind Felsgravuren ein beliebtes Ausflugsziel. Auch älter als 2000 Jahre, ist ja logisch. Ausgrabungsstätten zeigen eine 6-7.000 Jahre alte Stadt unter der jetzigen – hier ist eben die Wiege auch unserer Kultur.Die beiden Rechtecke im Fels sind es, vor denen jeder gerne ein Bild macht.Thanks again, Neda and Arash, mowafagh bashid!

Es ist übrigens nicht so, dass nur Moscheen zu finden sind, auch Kirchen und Synagogen gibt es. Dies ist die armenische Kirche von Hamadan, direkt daneben (nicht im Bild) ist die katholische. In Tehran sollen etwa 5.000 Juden ohne Anfeindungen leben. Trotzdem wird man mit einem Pass mit Israel-Visum nicht ins Land gelassen.
Hier, wo der Steinerne Löwe steht, den Alexander der Große gespendet hatte, darf man nicht zelten, dann bleibt die Polizei nicht so freundlich wie auf dem Bild. Aber sonst ist an den Feiertagen kein Platz zu abwegig, als dass man nicht seine Kühltasche von den Verwandten leerfressen lassen könnte.
Von Arash bekamen wir noch die Telefonnummer von Soheila aus Zanjan, deren Familie uns auch am liebsten adoptiert hätte. Hoffentlich sehn wir sie mal wieder. Von dort aus reisten wir fast direkt nach Tehran zurück, unsere Köpfe waren voll und die Kinder hundemüde. Den größten Lehmziegeldom der Welt mussten wir allerdings noch sehen, weil er auf dem Weg liegt, was vielleicht ein Fehler war, denn dort rückten uns die Leute wirklich wie Paparazzi auf die Pelle, so dass selbst ich fast nicht mehr freundlich bleiben konnte. Nach dem Parkticketbezahlen passte ich prompt nicht genug auf und ein junger Mann fuhr so knapp an unserer Stoßstange vorbei, dass ich ihm ruckzuck seine Hintertür zerdellt hatte. Ich hatte ja so was ähnliches schon mal gehabt, das war auch ein Kia gewesen, daher wusste ich, was es etwa kosten darf. Tatsächlich sagte der Blechausbeuler was von 50.000 T, etwa 35 €, aber der Fahrer wollte 100.000 haben. Ich hätts ihm schon fast gegeben, kriegte dann aber mit, dass er gar keinen Führerschein hatte. Die Verhandlung nahm schließlich fast 2 Stunden unserer Zeit in Anspruch, wobei die Polizei vermittelte und ich am Ende 10.000 T mehr bezahlte als die Reparatur kostet. Der Fahrer hatte Glück, dass er keinen Strafzettel bekam; wahrscheinlich war der Polizist der Nachbar von Papa´s Freund. Wir hatten echt wieder mal Glück, weil auch gut hätte sein können, dass der Fahrer abstreitet, gefahren zu sein, und seinen älteren Bruder vorschiebt. Das haben Freunde von uns mal erlebt, was damit endete, dass sie den Schaden von dem, der in sie reingefahren ist und ihren eigenen haben bezahlen müssen (5.000€, wenn ich mich recht entsinne). Natürlich sind wir versichert, aber wie in D auch ist es ein Rechenspiel, wieviel man aus eigener Tasche bezahlt, weil sonst der Versicherungsbeitrag steigt.
Ist ja noch mal alles gut gegangen. Erwähnte ich schon, dass an unserm Truck nichts beschädigt war?
Ich hab vergessen zu berichten, dass wir die 3.-größte Höhle der Welt, die mit Booten zu besichtigen ist, in der Nähe Hamadans befuhren, was ich in Bildern nicht wiedergeben kann.
Dankenswerterweise gibt es in Iran kaum Ausländertourismus, was das Land zu einem der angenehmsten Reiseländer macht, die ich bisher kennenlernen durfte. Und weil so wenige Iraner reisen können/dürfen, sind sie so interessiert an allem, was von draußen kommt. Daher: die wirkliche Attraktion dieses Landes sind die Menschen. Dameshun garm!

Die Katze ist schuld.

Jetzt haben wir schon wieder einen kompletten Urlaub hinter uns; was können wir dafür, dass Iran ein Land ist, in dem eine Deutsche Schule es schwer hat, den Schulbetrieb an 189 Tagen im Jahr zu gewährleisten? Uns soll´s recht sein und damit die Kinder nicht Nichts lernen, brachte ich ihnen vor der Reise noch schnell das Autowaschen bei.
Da das Neue Jahr naht, stehen in allen Orten und öffentlichen Gebäuden Haftsin-Tische, auf denen die 7 (haft) S (im Uhrzeigersinn) aufgestellt sind: (Sib [=Apfel], Sumaq [=das Gewürz, das immer aufs Kabab kommt], Sir [=Knoblauch], Samanu [=ein Pudding], Senjed [=eine braune mehlige Beere] und Sekke [=Münzen]. In der Mitte ist Sabzi [=Grün] untergebracht. Der Qor´an, der oben zu sehen ist, darf keiner sein, weil nämlich das Neujahrsfest keinen islamischen Ursprung hat. Deshalb kommt ein Buch von Hafez, den sowieso jeder Perser zu Hause hat, mit drauf.Oft ist auch noch ein Spiegel mit dabei für das Reine, mit dem das neue Jahr beginnen soll.Eigentlich sind wir ja überhaupt nur nach Lorestan gefahren, um unsere Mülltonnenkatze in einer besseren Gegend unterzubringen. Die Trauer ist den Mädchen ins Gesicht geschrieben, aber eingesehen haben sie, dass es für die Katze besser ist, hier von einem liebeshungrigen Kater verfolgt zu werden, als in THR auf dem Balkon zu leben und nur von der Natur zu träumen. Sekke, so heisst der Kater, war sofort verliebt..
Wir hoffen nur, dass unsere Setareh nicht so bald auf einem Friedhof landet.Unser Auto ist es jedenfalls nicht – hat durchhgehalten. Ein kurzer Abriss der letzten 12 Tage:
am ersten Tag hatte der +-Pol mit der Karosserie Kontakt, weswegen es im Motorraum brannte. Komischerweise hatten wir gleichzeitig keinen Bremsdruck mehr und die Handbremse ließ sich nicht mehr lösen. Also machte ich das Kabel gleich ganz ab. Der Bremsdruck kam 10 km später von selbst wieder, bevor wir einen Mechaniker finden konnten.
Ein paarmal hatten wir Wasserverlust – ein Schlauch war am Ende etwas ausgefranst und musste gekürzt werden.
Der zerschmolzene Kabelschuh der Batterie verursachte später noch Probleme; bis ich ihn überhaupt entdeckte, dauerte einige vergebliche Startversuche.
Das vor Monaten in der Wüste aufgesackte Loch im rechten Vorderreifen wurde wieder durchlässig, weshalb wir einen Schlauch einlegen lassen mussten (der Schlauch war teuer – 10.000 T=7 €, die Montage billig – 1.000 T). Zum Glück passierte alles in der Nähe von Zivilisation.

Fliegende Teppiche

Die Projekttage unserer Schule liegen hinter uns: Zwei Tage Projekt, am dritten Tag, dem letzten Schultag vor den Nowruzferien, war vor dem Feuerspringen und dem Tanz ins Neue Persische Jahr 1389 die Präsentation der Projekte. Unser Motto war „Iran“.
Mein Projekt stand schon lange fest. „1001 Dromedar“ sollte es heißen – ein bisschen was über die Tiere, ihren Lebensraum, Karawansereien und die Seidenstraße. Ein bisschen basteln, ein bisschen malen, auch was essen, dazwischen lesen und schreiben. Fand ich echt prima und alle, mit denen ich gesprochen hatte, auch. Nur die Kinder waren offensichtlich anderer Meinung. Jedenfalls kam das Projekt nicht zu stande, und ich musste umsatteln. Ich verließ also mein stolzes Kamel und stieg auf einen fliegenden Teppich um.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich vor dem Projekt weder ein echtes Interesse für diese Art von Teppichen noch wirklich Ahnung davon hatte. Gelobt sei also wieder einmal mehr das Internet…
Das Highlight unseres Projektes war der Bazarbesuch – auch für uns Erwachsene. Der Vater einer Schülerin ist Bazari auf dem „Bazar-e bozorg“, dem großen Bazar im Süden der Stadt, der mit 10 qkm überdachten Geschäften einer der größten des Nahen und Mittleren Ostens ist. Herr M. lud uns also zu einem Besuch im Bazar ein. Normalerweise ist der Bazar jeden Tag voll – denkt so ein ahnungsloser Europäer. Die Menschenfülle in den engen Gassen vor Nowruz – die Perser kaufen für das Neue Jahr sehr viel neu – ist unbeschreiblich. Damit uns keines der Kinder abhanden kam, heuerten wir zwei weitere Begleitpersonen an, der Bazari hatte auch noch einen Begleiter dabei und ohne unser Wissen schickte die Schule uns neben dem Busfahrer noch einen Arbeiter mit. Da kamen also 8 Erwachsene auf elf Kinder – was sollte da noch schief gehen??? – Von der Menschenfülle war nun ausgerechnet auf dem Teppichbazar nicht soviel zu spüren. Wer kann sich schon jedes Jahr einen handgeknüpften Perserteppich kaufen?
Und noch ein Schmankerl am Rande:
Noch bevor wir den Kindern oder sonst jemandem etwas über den Bazarbesuch erzählt hatten, sprach ich mit dem Vater des jüngsten Teilnehmers, um ihn zu beruhigen. Der Vater ist ein ehemaliger Teppichhändler. Er hat sein Geschäft auf dem großen Bazar schon vor vielen Jahren aufgegeben. Nachdem ich ihm alles erzählt und er geduldig zugehört hatte, sagte er: „Frau Quoß, das weiß ich doch schon längst.“ Offensichtlich hatte sich die Kunde vom Besuch der Deutschen Botschaftsschule auf dem Teppichbasar schneller verbreitet als ein Lauffeuer. Man sagt, auf dem Bazar werde Politik gemacht und auch die Revolution sei dort entschieden worden. Ich kann mir das gut vorstellen.Schon auf dem Weg zum Lager des Bazari gingen fielen uns die Augen aus dem Kopf:
Im Lager wurden wir mit Nushabe (Erfrischungsgetränk) und Shirinis (kleinen Kuchen) erwartet und konnten uns schon mal umschauen:
Bei dem Rundgang durch das Lager wurde schnell klar: Samoware und Teppiche gehören zusammen. Auch eine Glutschale für das Opiumpfeifchen durfte in früheren Zeiten nicht fehlen…
Heute liegt statt Letzterem auch schon mal ein handsignierter Fußball von Beckenbauer oder Mahdavikia dazwischen.Das Büro im Ladengeschäft des Herrn M. ist erstaunlich: Ein Schreibtisch, ein Schreibtischstuhl, eine kleine Sitzgruppe, ein Schrank (ca.1,20 m breit), ein Telefon, ein Fax, eine Schreibtischlampe – fertig. Da lagen kein Papier, kein Stift, keine Ablage für Notizen oder ähnliches rum. Einen Computer konnte ich auch nirgends entdecken. Ein Bazari, so wurde mir gesagt, habe alle Telefonnummern und sonstige Daten in seinem Kopf gespeichert – und darauf ist er stolz. Immerhin regelt er von diesem Platz sein gesamtes Exportgeschäft. Das sah für mein Auge wohl so unspektakulär aus, dass es davon kein Foto gibt. Von dem Büro im Lager gibt es allerdings ein Foto. Mich erinnerte dieses Raum allerdings mehr an den Verkaufsraum eines Museums:Dann ging es endlich los!
Das eigentliche Teppichknüpfen bekamen wir allerdings nicht zu sehen. Wir waren ja schließlich auf dem Bazar und nicht in der Manufaktur. Ein kluger Händler stellte allerdings diesen kleinen Knüpfstuhl vor seinem Laden auf, um seine Besucher die Kunst des Teppichküpfens zu veranschaulichen. Wer darüber mehr wissen will, googelt am besten unter „Orientteppiche“ oder „Perserteppiche“. Wikipedia gibt ausführlich Auskunft.
Unser erster Besuch galt einem Mann, der alten Teppichen neue Fransen verpasste. Der Ärmste sitzt den ganzen Tag im Keller bei Kunstlicht und friemelt vor sich hin. Wenigstens muss er im Sommer nicht schwitzen.
Andere haben es zur Zeit besser und sitzen im Dachgeschoss. Sie können diesem Teppichwäscher bei seiner Arbeit auf dem Dach zu sehen, wenn sie sich mal eine Pause gönnen.
Beeindruckend mit welchen Werkzeugen diese Kunstwerke gefertigt und repariert werden:
Wenn dem Teppich die Haare ausgehen, so lernte ich – und es leuchtet auch ein – dann fällt er auseinander. Weil das aber bei vielen älteren und damit auch den wertvolleren Teppichen der Fall ist, scheut man keine Mühe auch noch so zerfallene Teppiche wieder herzustellen. Beschädigte Stellen werden detailgetreu restauriert.
Dieser Teppich hier ist schon ziemlich mitgenommen. Hätte ich ihn auf einem Dachboden beim Entrümpeln gefunden, hätte er vermutlich ein anderes Schicksal gehabt. Zum Glück kam mir jemand zuvor und das wertvolle Stück wird nun aufwändig restauriert. Zur Zeit ist er auf eine hauchdünne Gaze aufgezogen.
Hier sitzt DER Restaurator von Indianerteppichen an seiner Arbeit. Die Hälfte des Teppichs fehlt und wird von ihm erneuert. Ich konnte es kaum glauben, aber man versicherte mir, dass er international gefragt ist und von überall aus der Welt Auftragsarbeiten in seine Werkstatt geschickt bekommt:
Immer, wenn er ein Stückchen voran gekommen ist, werden die Haare auf eine gleichmäßige Länge geschoren:
Er erklärte uns, wie man auch heute noch aus natürlichen Farbstoffen die Wolle oder Seide für den Flor des Teppichs einfärbt. Hier löst er die getrockneten Panzer von Schildäusen in Wasser auf:
Seit Mitte des 19.Jh. wurden in Persien zunehmend synthetische Farbstoffe zum Einfärben der Teppichgarne verwendet. Allerdings verblassten diese ersten synthetischen Farbstoffe schnell und die Schurwolle verfilzte leicht beim Färbevorgang, so dass die Nachfrage nach diesen Produkten wieder sank. In Persien wurden sie auf Befehl des Schahs 1900 verboten. Auch wenn sich die chemischen Farbstoffe seitdem deutlich verbessert haben, werden auch heute noch bei Woll- und Seidenteppichen überwiegend natürliche Farbstoffe verwendet.
Und nun doch noch ein „Mitschnitt“ aus dem Internet, weil mich dieses Thema so fasziniert:
Naturfarben
Die Färbekunst entwickelte sich mit der Knüpfkunst, sie geht auf jahrtausendalte, überlieferte Methoden zurück. Wolle und Seide für die Teppichherstellung werden vorzugsweise mit natürlichen Farbstoffen gefärbt. Die erreichbaren Färbungen sind nicht grell und schreiend, sondern fügen sich zu zarten und harmonischen Kombinationen. Ein häufiges Farbmittel für Rot und Rotbraun wird aus der der Wurzel der Färberkrapppflanze gewonnen. Purpurrot – „die Farbe der Könige“ – stammt aus dem Panzer der Schildlaus. Für Blau wird die Wurzel der Indigopflanze, für Gelb Gelbwurz, Curcuma, Kamille oder der Farbstoff der Granatapfelschalen. Grüne Töne lassen durch Überfärben von Indigo mit einem gelben Farbstoff erzeugen. Mit Indigo und Krapp färbt man violette und braunviolette Töne. Safran liefert einen gelborangen Farbton. Cochenille der Farblaus und Blauholz (Campecheholz) aus Amerika erreichten im 16. Jahrhundert den Orient.
Kleine Garnstränge für den Flor werden per Hand gefärbt. Jedes gefärbte Los der Wolle wird per Hand in den Teppich geknüpft. Beim nächsten Los der gefärbten Wolle ist eine Farbabweichung unvermeidlich – diese wird Abrasch genannt. Die Farbveränderung zeigt sich in horizontaler Richtung, also in Arbeitsrichtung.
Dieser Mann hatte den Auftrag, bei einem ausgeblichenen Teppich die Farben wieder aufzufrischen. Die teure Farbprobe auf dem Bild oben wurde gleich weitergereicht und der alte Teppich wird angemalt.
Zu guter Letzt gingen wir noch in die Spannerei. Hier werden alte oder gewaschene Teppiche in Form gebracht. Ein Teppich von 3×4 Meter ist in 5 Minuten gespannt, dann muss er einige Tage in dieser Lage verharren, damit er in seinem Format bleibt.
Und natürlich haben wir viele, viele Teppiche in den Verkaufsräumen unseres Bazaris gesehen. Die Kinder waren von den Seidenteppichen am stärksten beeindruckt. M. Legte sich auf einem nieder, streichelte und streichelte ihn und hauchte: „Ich bin im Paradies!“ Auch wenn ich nach diesem Rundgang näher an Teppiche rangerückt bin, ist das bestimmt eine ganz schön persische Sicht der Dinge.
Für die müden Besucher gab es zum Schluss Kabab satt am Sofre im Teppichlager. Persische Gastfreundschaft kennt keine Grenzen und so bekam jeder Besucher, weil er dem Bazari die Ehre gab ihn zu besuchen, zum Abschied noch einen kleinen Kelim als Geschenk!Im Übrigen habe ich keine Kinder auf dem Bazar arbeiten sehen. Die Frauen habe ich gezählt: Es waren sieben (abgesehen von uns). Die waren zum Einkaufen unterwegs… Teppiche sind eben Männersache – jedenfalls auf dem Bazar.

[Steffi]

Auto fährt wieder!

Übermorgen ist Nouruz (Neujahr) und die Stadt ist unglaublich voll. Der Verkehr ist um diese Zeit schlichtweg eine Katastrophe. Vor jedem Supermarkt gibt es einen Stand, wo Fische, Gewürze und alles andere, was man für einen zünftige Nouruz-Tisch braucht, kaufen kann.
Das Mädchen wollte eigentlich nicht mit aufs Foto, obwohl sie das in der Schule doch ganz hübsch gemacht hat, oder?Unser Tisch fällt diesmal vermutlich aus, weil wir morgen verreisen wollen. Unser Auto ist jetzt nach fast 3 Monaten Stillstand nämlich wieder funktionstüchtig. Unser Mechaniker musste erstmal 2 geeignete Zylinderköpfe aus 2. Hand finden (neue gibts nicht, weil Amerika der böse Feind ist oder weil das Embargo verhindert, dass Bauteile, die man zum Bombenbauen benutzen könnte, ins Land einreisen), neue Ventile einbauen und weil er das ja nicht hauptberuflich macht, dauert es eben seine Zeit.
Jedenfalls läuft die Kiste wieder und M. hat sich in unserem Motorraum eine Kaffeepause verdient. Tags drauf war ich zu dem Ort, der bei uns TÜV heißt. Autos müssen einmal im Jahr hin, sonst gibt es Ärger bei den zahlreichen Polizeikontrollen. Motorräder müssen überhaupt nicht untersucht werden. Man stelle sich das mal vor: Bremsen und Schadstoffe wurden gemessen, aber von unten hat niemand gekuckt. Und schließlich habe ich die Plakette nicht bekommen, weil angeblich die Abgase blau sind. Was soll man verlangen, wenn die Gebühr 5 € beträgt. Fahr ich halt innerhalb der Frist wieder hin, bis ich an jemanden gerate, der gnädig ist.
Der Platz, wo M. den Wagen wieder zum Laufe gebracht hat, gehört seinem Schwager, und der hat ´ne Werkstatt, wo er kleine Karren baut, mit denen Felder mit Dünger oder Unkrautvernichtungsmittel besprüht werden. Hier ist die Erde nicht nur rot, sonder auch noch ölverseucht. So schnell konnte ich gar nicht einschreiten, wie die Ablassschraube geöffnet wurde und ohne Wanne der Ölwechsel vollzogen wurde. Aber was hätte ich mit dem aufgefangenen Öl gemacht? Die Deutschen nehmen es inzwischen wohl machmal zu genau. Aber Iran ist kein Entwicklungsland; wie mag es wohl im Rest der Welt aussehen? Der Mann mit der großen Tüte auf dem Rücken ist Plastikmüllsammler. Wenigstens das bleibt nicht ewig auf der Straße liegen, aber auch nur, weil es dafür Geld gibt.
Bei unserer Bank war mal ein Geldautomat, der getauscht werden musste. Aus irgendeinem Grund mussten sie die neue ATM (jetzt weiß ich´s: Automatic Teller Machine) höher einbauen. Kann ich zwar nicht nachvollziehen, ich steck da nicht drin. Aber wenn ich jetzt Geld zieh, muss ich entweder den Hals langmachen oder ich stoß mir oben den Kopf.
Das Haus neben unserem Haus ist ja mittlerweile fast ganz niedergerissen (die Fassade machen sie jetzt kaputt) Alle Steine haben sie auf dem Hinterhof aufgestapelt. Eine Hütte, wo die Arbeiter drin wohnen können, müssen sie sich noch bauen.
Ein Büro, das seit mindestens einem Monat so möbliert ist. Was braucht ein Hausmakler schon außer ein paar Sessel, ein Telefon und einen Schreibtisch? – Ein Bett.
Das ist echt schlau, die Hausnummer gleich als Digitalanzeige anzubringen. Wenn sich die Nummern so oft wie in THR ändern, kann sich der Elektriker schon lohnen.
Hier, wo die Jungs Volleyball spielen, ist unser Fußballplatz (gleich in der nächsten Seitenstraße) und die öffentliche Bücherei befindet sich unter der Treppe.
Das Chopard-Geschäft hat zwar die beste Adresse (Vali-e-Asr, früher hieß sie Pahlavi nach dem Shah), aber das Haus bricht bald zusammen.Die Anstrengung vor Nouruz, die Stadt schön aussehen zu lassen, sind schon enorm. Gestern habe ich wohl an die 50 Gärtner auf einem kleinen Abhang gesehen, die mit Blumen Bilder gestalteten.Und außerhalb von THR sieht es inzwischen schon sehr grün aus.

Baustellen II

Das Haus neben unserer Wohnung ist, seit wir einzogen, leer, und vor etwa einem Monat wurde angefangen, es abzureißen. Nicht etwa, dass eine große Abrissbirne kommt und alles klein haut, nein, Stück für Stück wird alles in Handarbeit abgebaut. Metallträger werden abgeschweißt, Fenster ausgebaut, Steine von Mörtel befreit und vorsichtig auf einen großen Haufen geworfen.Natürlich ist es entsprechend laut und für uns in der kalten Zeit besonders blöd gewesen, weil die Rückwand unseres Kamins nur aus Riemchen besteht und dann auch noch Risse bekommen hat. Also pfeift uns da die Wärme nur so raus. Wir hoffen daher auf weiterhin nicht zu kaltes Wetter. Und von allen Seiten hören wir, dass es erst richtig schlimm laut wird, wenn die Ausschachtungsarbeiten beginnen, weil die nicht um 17 Uhr enden, sondern die ganze Nacht gehen und das mit schwerem Gerät.
Unser Vermieter hat uns daher schon angeboten, in seine andere Wohnung umziehen zu können. Aber bisher sträuben wir uns noch, schließlich haben wir uns hier gerade mal eingelebt.Hier sieht man, dass die Arbeiter, die meist aus Aghanistan kommen, nicht nur hier ihren Dienst tun, sondern auch auf der Baustelle leben. Das erspart dem Bauunternehmer zu der billigen Unterkunft auch noch den Wachdienst.Und dass das Wetter bei uns auch nicht immer toll ist, beweise ich mal mit diesem Bild.Aber die Regel ist doch dies ;-))Wenn ein Haus andere überragt, kann man es wunderbar für Propaganda gebrauchen. Die Übersetzung stimmt wieder nicht ganz, es steht „Tod den U.S.A“ an der Wand.Möglichst naturgetreu sind die Darstellungen heutzutage und zeigen meist eine geschönte Phantasiewelt. Die Wandgraffiti werden von Kunststudenten gemacht, die dadurch vermutlich Vergünstigungen erhalten.Wenn man näher hinschaut, sieht man auch hier die Baumängel unter der Farbe durchkucken.Auf vielen Häusern sind noch aus alten Tagen Gemälde angebracht, die Slogans oder/und die Konterfeis der Führer zeigen. Aber so ganz ernst nimmt man es nicht mit ihm.
Als ich letztens auf eine kleine Gesellschaft geladen war, wurde etwas gezaubert, und mir wurde ein „Grüner“= ein „Khomeini“, wie man auch sagt, abgeluchst, der vor meinen Augen gefaltet und dann ein um ein Stückchen verkleinert wurde. Wie durch Zufall war es grade die Stelle mit dem Gesicht, die nachher fehlte. Natürlich erhielt ich bei diesem Taschenspielertrick ein unversehrtes Stück Geld zurück.

Toudeshk – kennt man auch in Iran nicht

Am letzten Wochenende waren die Zeremonien des 31. Jahrestags der Revolution, und es wurde gemutmaßt, es würde eine Wiederholung der damaligen Ereignisse geben. Wir wissen jetzt, dass es doch nicht dazu kam. In den Moscheen liegen Flugblätter aus, auf denen Leute zu sehen sind, die beim letzten Marsch mitgelaufen sind. Die Gesichter sind mit roten Rahmen versehen. Wenn man jemanden kenne, solle man die Personen nennen. Was mit den Denunzierten passiert, lässt sich erahnen.

Weil Steffi auf der Suche nach einem Ort, wohin wir in dieser Zeit fliehen können, den LonelyPlanetReiseführer durchstöberte, sind wir von Bus und Taxi nach Toudeshk (2300 m NN, 2000 Einw.) gebracht worden, wo es jemanden geben soll, der Reisenden das traditionelle Leben in Iran zeigt.
Mohamad, Reza, Fatemeh und deren Kinder haben in den letzten 6 Jahren etwa 300 den Iran bereisende Leute beherbergt. Die Lage von Toudeshk 90 km von Esfahan auf dem Weg Richtung Mashhad, lässt vor allem Radfahrer hier einkehren. Man wird schon von weitem von auf den Berg gemalter Schrift gegrüßt, hier wird ein Heiliger (an)gepriesen, sonst findet man vielfach Werbung für das lokale Unternehmen mit Mobile-Nummer in überlebensgroßen Lettern.
Man sieht, es ist nichts Dolles, aber das machte es für uns grade interessant. Wir zogen also bei der Familie Jalali ein, aßen und lebten mit ihnen, machten Ausflüge in die Umgebung, die Kinder spielten gemeinsam Computerspiele und Fußball.Am Wochenende sind die Wanderdünen übervölkert – so haben wir die Wüste noch nicht gesehen.Im Ort nahe der Dünen tragen die Frauen anders als sonst in Iran weiße Tschadore, so weiß man, wer hier nicht zu Hause ist.Dies ist ein Flex – so bezeichnet man hier, weil es keiner aussprechen kann, den Volkswagen. Felask (für Thermoskanne) ist ebenfalls zu schwierig, daher sagen alle Flaks. Auf dem Nummernschild steht Tehran, aber ich glaube nicht mal, dass er angemeldet und versichert ist, eine technische Prüfung hat, und ich bezweifle, dass der Fahrer einen Führerschein hat. Auf der Fahrt zu den Dünen saß Solveigh vorne bei mir auf dem Schoß (8 Personen im Auto, es ging nicht anders), als wir an der Polizei vorbei kamen, sagte Mohamad: „Kein Problem, der Polizist war mein Klassenkamerad.“ So einfach kann das Leben sein.
Die Familie, die hier lebt, macht ihr bisschen Geld mit der Herstellung von Dingen, die aus alten Reifen sind. Eimer, Satteltaschen fürs Motorrad, Wasserbehälter. M. erzählte, sie hätten bis vor kurzem noch keinen Strom gehabt und ihre Hütte und Essen mit Feuer aus Pneus gewärmt. Huh!
Der örtliche Friedhof hat selbstverständlich auch einen Friedhof, wo ein Teil den Shahids (den im Krieg gegen Iraq gefallenen jungen Männern) und ihrer Eltern vorbehalten ist.Ausflug nach Na´in, das eine schmucke Moschee aus dem 13. Jht. besitzt. Im Untergeschoss sind die Gebetsräume untergebracht, die im Winter relativ warm, im Sommer kühl sind. Es wurden sommers mal 20°C gemessen, wogegen oben mehr als 40° herrschten. Da geht man doch gleich viel lieber zum Beten…
Der Keller wird von in den Boden eingelassenen lichtdurchlässigem 10 cm dickem Alabaster belichtet. Erstaunlich, wie hell die kleinen „Fenster“ die Räume machen.
Und ein altes Fort überschaut die Stadt, von wo man einen schönen Ausblick auf die 7 Licht-Kuppeln von Na´in hat.
Wieder mal eine Prozession auf einer Straße im Nirgendwo
Bei der Nazri-Ausgabe wollte ich gern ein Foto machen und wurde gleich hinter die Theke gebeten. Arbeiten musste ich diesmal nicht.
Ein alter Felder-Bewässerungsbrunnen, der noch immer von einem Ochsen und seinem Besitzer bedient wird. Damit das Tier es etwas leichter hat, geht der Weg eine Rampe herunter.
Der Baum hier am Busbahnhof in THR ist einer dieser Leuchtbäume, der Vogel ist allerdings Natur und hat sich wohl verirrt.

Sprichwörter und mehr

Letztens war der 40. Tag nach Emam Hosseins Todestag, und da gern gefeiert wird (ob traurig oder fröhlich) tut man seinen Nachbarn zu solchen Anlässen was Gutes, wenn man es sich leisten kann. Steffi war mit den Kindern zu einem Krankenbesuch einer Kollegin, also konnte ich die Einladung eines Freundes, Nazri (so heisst das Zeug oben im Allgemeinen) zu verteilen, nur alleine annehmen. Im Speziellen heißt es Sholezard, und ist aus Reis und Safran und Rosenwasser und Zucker. Mandel-spppplitter und Cocos kommt als Schmuck obendrauf; aus Zimt werden die Namen von Heiligen draufgeschrieben (ya Ali, ya Hossein, ya Sahra… und Allah natürlich).
Der Pudding wurde von Maman gemacht, und alle Schälchen wurden in Hausarbeit gefüllt und verziert. Gewundert hat mich, was der Riesentopf gekostet hat: 120.000 T für 120 Portionen (knapp 90 €) fand ich nicht billig. Aber wahrscheinlich ist es wegen dem Safran, der hier auch Luxus ist.
Und während die Männer die Süßspeisen verteilen, machen die Frauen das Mittagessen für die ganze Familie. Adas Polo, Reis mit Linsen und Rosinen gab es. Es kamen etwa 30 Leute, und ich war echt gerührt, auch dabei sein zu dürfen. Was mich auch berührt, ist, dass die Mutter von A. mich inzwischen ihren Sohn nennt, obwohl sie schon 5 Töchter und 4 Söhne hat. (Übrigens zeigt die Mutter von A. hier nicht Victory, sondern dass sie 2.000 Tuman für eine bestimmte Zutat bezahlt hat.)Hier hatte sie mich gerade mit Esfand eingeräuchert, um die bösen Geister zu vertreiben. Normal mag ich es nicht. An der Kreuzung stehen manchmal alte Frauen oder Kinder, um einen gegen Geld geisterfrei zu machen. Da heißt es schnell die Scheibe hochkurbeln, sonst hat man Nebel im Fahrgastraum – und Myrrhe und Weihrauch ist es nicht gerade.

Am Tag danach waren wir mit etlichen anderen Ausländern und Einheimischen in Darbandsar zum Skilaufen. Es war wunderschön, Wermutstropfen war, dass sämtliche Kinder hinterher Scmerzen hatten. Mit den Mädchen musste ich heute zum Röntgen. Man ist ja doch vorsichtig (ausgerechnet jemand, der freiwillig nach Iran gegangen ist, muss das schreiben). Zum Glück war es nur eine Zerrung und ein Bluterguss im Ellbogen. Vielleicht hätten sie auch esfandiert werden müssen.

Also grad war ich in der Innenstadt, um ein neues Wörterbuch Persisch-Deutsch zu kaufen.
Ich ließ mir eines aus dem Regal geben, das ein wahrscheinlich unlizensierter Nachdruck einer von Duden herausgegebenen Ausgabe ist. Man kann sich immer nur wundern, was hier alles kopiert wird. CDs, Bücher, Filme, alles was geht.
Den Verkäufer fragte ich, wie viele Stichwörter denn in dem Buch seien, weil es außen nicht drauf stand. Und da sieht man doch, dass die Perser ein Bildungsvolk und noch dazu schlau wie Schlange sind: Er fing auf einer beliebigen Seite an zu zählen: yek, do, se, char, panj, shish….. Ich dachte schon, er wollte mich verarschen, da hatte er raus, wieviel auf einer Seite sind, schlug die letzte Seite auf, holte einen Taschenrechner raus und konnte eine halbe Minute nach meiner Frage das Ergebnis mitteilen: 29800.
Stimmt wahrscheinlich nicht aufs Wort, war aber erfrischend pragmatisch.
Jetzt lese ich darin ein wenig und möchte euch daran teilhaben lassen. Was nämlich schön ist, dass etliche Redewendungen drin sind, die die persische Seele gut beschreiben oder wenigstens die größten Probleme auflisten, mit denen man hier zu tun hat.

  1. „Wenn man wegen eines Vergehens einmal Abbitte geleistet hat, so muss man nicht noch einmal darauf zurückkommen, denn Auffrischung der Abbitte heißt Auffrischung des Vergehens.“
  2. „Wer mit eiserner Rute regiert, schafft Ordnung im Lande, gewinnt aber keine Freunde.“ (Ich glaub, die will Herr A. auch nicht)
  3. Es gibt auch einen Eintrag für „Minister ohne Geschäftsbereich“
  4. „Man hat herausgefunden, dass die Zollbeamten mit den Schmugglern gemeinsame Sache machten.“
  5. „Wenn man heute bei der falschen Partei ist, verliert man zwar nicht den Kopf, aber Nachteile bringt es schon.“ (leider ist dieser Satz nicht mehr wahr)
  6. „Als wir nach der Gasexplosion die Küche wieder betraten, wussten wir kaum mehr, was oben und unten war.“
  7. „Er hat damals das bessere Teil erwählt und ist nach Kanada gegangen. Seinen Brüdern geht es nach wie vor schlecht.“

Und dann ist da noch Taoruof, die Höflichkeitsformeln, die jedes Gespräch begleiten:

  1. Ghorbanet – ich bin dein Opfer. (sagt man meist beim Abschied)
  2. Mehman habibe xodast – Der Gast ist der Freund Gottes.
  3. Manzel-e xodetune – Es ist Ihr eigenes Haus.
  4. Cheshmhayetun ghashang mibinand – Ihre Augen sehen alles (in) schön(em Licht) (als Antwort auf ein Kompliment)
  5. Xasteh nabashid – Mögen Sie nicht müde werden! (wenn jemand eine Arbeit ausführt, die man in Anspruch nimmt)
  6. Ghabele nadare – Es ist Ihrer nicht wert, es ist nichts. (wenn man ein Geschenk übergibt, oder auch als Antwort auf die Frage, was eine Sache kostet)
  7. Xoda bad nadeh – Möge Gott nichts Böses bringen. (wenn man einen Kranken besucht)
  8. Mobarake – Möge es dir Segen bringen (als Glückwunsch, wenn man sich was neues gekauft hat, oder allgemein bei Festtagen – aber ja nicht, wenn der Todestag von irgendeinem Heiligen ist!)
und zum Schluss hab ich Straßenslang gelernt, bei deren Erwähnung bisher jedem das Lächeln ins Gesicht gezaubert wurde: Damet garm, daddash (oder obdji – Schwester) – Dein Atem sei warm, Bruder. (als Dank und Abschied)
Trotz allem können Perser auch ungemütlich werden, aber oft kommt es nicht offen vor, meistens „schneiden sie dem Feind mit Watte den Kopf ab“.

Das Problem mit den Iranern ist, glaube ich, dass sie immer gezwungen sind, zwei Gesichter zu tragen, weil sie drinnen ganz anders leben als sie in der Öffentlichkeit vorgeben. Dieser hat das zweite Gesicht unter den Skiern.

Du wolltest Abenteuer?

…du bekommst Abenteuer!
Am vergangenen Sonntag sollte unser Auto endlich wieder in Ordnung gebracht sein. Vorab hatten wir über unseren Mechaniker einen neuen gebrauchten Zylinderkopf besorgen lassen, der dann per Autobus ins fast 1000 km entfernte Sirjan geschickt wurde.
Wir nahmen das gleiche Verkehrsmittel, das von dem südlichen Busbahnhof abfährt. Die Busse stehen um einen kreisrunden Bau von gewaltigen Ausmaßen herum, in dem für jede Richtung etliche Busgesellschaften um Fahrgäste buhlen. Die Preise sind moderat, für eine Person nach S. bezahlte ich etwa 8 €.
Am Dienstag abend um 9:30 war die Abfahrt des Busses geplant, tatsächlich fuhren wir (AliReza und ich) dann mit etwas Verspätung los. Die Fahrt dauert 13 h, die man in dem relativ komfortablen toilettelosen Bus, der von drei Leuten bedient wird (Fahrer und Schaffner/Platzanweiser) hinter sich bringt.
Zum Morgengebet um 5 Uhr hält man für eine halbe Stunde, und man kann sich neben der Moschee mit Tee und anderm Frühstück versorgen.
In Sirjan fuhren wir direkt zur Werkstatt, und natürlich war der Wagen noch nicht fertig, aber es dauerte nur noch eine Stunde. Dann testeten wir den Wagen noch etwas, holten 10 Kilo Pistazien für einen Bekannten in THR ab, und um halb vier gings los. Bevor wir auf unserer letzten Reise liegengeblieben waren, hatten wir vorgehabt, in ein Bergdorf namens Meymand zu fahren, das auf der Weltkulturerbeliste steht. Auch wenn der Rest meiner Familie nicht dabei sein konnte, konnte ich doch dort ein paar Fotos machen. Das Besondere ist, dass es aus Höhlen besteht, die einfach in den Berg gehauen sind. Grobe Holztüren und Vorhänge verschließen die Eingänge.Auf dem Weg nahmen wir einen Tramper mit, der gekommen war, um seine Mutter zu besuchen, die dort lebt. Natürlich wurden wir zu Tee und selbstgesammelten Mandeln eingeladen. Ich hätte auch an seiner Opiumpfeife (Teriak) ziehen können. Freunde von uns waren vor kurzem in Bam. Dort (nicht zuletzt wegen der Hoffnungslosigkeit, die das letzte Erdbeben nach sich zog), sind nach offiziellen Angaben bis zu 80 Prozent der männlichen Bevölkerung opiumsüchtig, und es wurde gesagt, dass Opium dort billiger als Brot ist. Remezan bezahlt für ein Kügelchen, das für 2 Tage reicht, etwa 6.000 Toman, 4 €.
Er zeigte uns noch das Dorf, in dem noch 60 Familien leben, alles unterirdisch und hübsch, ohne die üblichen Müllberge.
Schließlich kaufte ich ihnen noch ein paar Walnüsse und Mandeln ab und wir
gingen aufs Klo, das von allen benutzt wird, und deshalb in der Mitte des Platzes steht. Es gibt natürlich zwei davon.
Die Moschee des Ortes
Abends mieteten wir uns in ein Hotel in Mehriz ein, in dessen Restaurant auch Pizza gereicht wurde. Im Moment ist Pizza ganz modern, teiweise auch sehr gut, aber immer kommt obendrauf Ketchup, hier sogar noch Mayonaise, und wenn sie „besonders“ = maxsus heißt, sind oft kleine Pommes dabei.
In den Hotelzimmern liegt natürlich in der Schublade ein Qor`an und an der Wand ist stets die Richtung nach Mekka angegeben. Die Zimmer sind schmucklos und im Fernsehen gabs nur staatliche Sender zu sehen.Die Beleuchtung nachts ist teils sehr spektakulär und oft auch kitschig, diese leuchtenden Bäume sind weitverbreitet, vor allem in Grün, Weiß und Rot.
Dafür ist der Blick auf denselben Platz morgens um so schöner gewesen.
Yazd war nicht mehr weit, nur noch einen Kameltagesritt entfernt = 30 km. Dort hatten wir beim letzten Besuch die Türme des Schweigens nicht gefunden, die den Zarathustraanhängern als letzte Ruhestätte dienen. Noch vor 60 Jahren wurden hier Leichen ohne Bodenberührung aufgebahrt, damit das Fleisch von Geiern abgefressen werden kann, und erst wenn die Knochen frei liegen, dürfen diese in der Erde begraben werden. Die Zoroastrier glauben nämlich, dass die 4 Elemente nicht vermischt/verunreinigt werden dürfen, was das Begraben bedeuten würde. Zwei solcher Tüme sind im Abstand von 500 m auf Hügeln untergebracht. An deren Füßen ist ein altes Dorf, bei dem auch ein alter Wasserspeicher steht.
Die Windtürme halten das Wasser im Sommer kühl. Leider erfordert die Instandhaltung der Kanäle, die das Wasser in die Speicher liefern, viel Mühe, und seit es Wasserleitungen in die Häuser gibt, werden die Qanate nur noch in den Bereichen gewartet, wo die Landwirtschaft gut davon hat.Hier der Speicher noch mal von innen (ich dachte mir, ein schwarzes Bild vor schwarzem Hintergrund sieht einfach gut aus)

Und jetzt kommt der Teil, der die Reise zum Abenteuer machte: An einer Polizeistation, wo wir fast immer kontrolliert werden, nahmen wir 3 Leute mit, die nach THR bzw. Qom wollten, aber keinen Bus bekommen hatten. Es stellte sich raus, dass sie KFZ-Lehrlinge waren, die in der Nähe von Nain studieren. Es dauerte nicht lange, da wollte unser Auto nach 500 km Fahrt nicht mehr – wieder Wasserverlust mit der Folge, dass die Kopfdichtung und vielleicht auch der (neugebrauchte) Kopf kaputt gingen.
Soviel Glück im Unglück: der erste Halt war genau neben einem Parkplatz mit Zisterne, der zweite war 60 km weiter bei einem Restaurant, wo wir dann wenigstens noch schön essen wollten. Aber bevor klar war, wer was wollte, hatte A. einen leeren Autotrailer gesehen, ihm wie wild gewunken, dass der Fahrer in die Bremsen ging, dann den Rückwärtsgang einlegte und bereit war, uns mitzunehmen. Für 40.000 Toman (etwa 30 €) die 420 km bis THR, dabei alle Mann im Auto untergebracht. Steffi fragte am Telefon ungläubig: Ihr habt mit dem Auto getrampt? Ich wünschte, wir hätten die Gaskocher noch dabei gehabt, aber wenigstens die Schlafsäcke waren noch im Kofferraum.
Jetzt steht das Auto im Süden THR´s und wir versuchen, es als Teileträger zu verkaufen. Schade, Chevrolet Blazer, es war eine schöne Zeit mit dir. Und allen Leuten kann ich nur immer sagen: es war vielleicht ein Fehler, den Wagen zu kaufen, aber bereut haben wir es nicht.

Bazar-Bazar

Dies ist in Tajrish, der Eingang zur Moschee, rechts für „Brüder“, links für „Schwestern“, die noch einen Leih-Tschador bekommen, wenn sie keinen haben.
Und dieser Eingang direkt neben der Moschee öffnet sich tagüber zu einem Falafel-Grill, von denen es in der Stadt reichlich gibt. Als ich mit Freund AliReza, dessen Familie aus Azerbaidjan, wo Türkisch geprochen wird, kommt, unterwegs war, musste ich feststellen, dass es gar nicht so dumm ist, türkisch zu können. Er schätzt, dass etwa 10 % zumindest in THR türkisch sprechen können.In den Kanälen unter der Straße läuft das Schmelzwasser von den Bergen und wird dann in die überall neben den Straßen verlaufenden Jubs verteilt.Viel schöner kann man die Berge THR´s kaum rahmen: (Ok, wir denken uns die Autos und Busse weg)Alle Läden sind auf etwas spezialisiert, bei diesem Knopfladen in Tajrish hab ich den richtigen Reißverschluss für meinen Rucksack gefunden. Trotzdem, wenn man was anderes sucht, als der Besitzer führt, kennt er bestimmmt jemanden, der weiterhilft.Von hier aus startet man zum Großen Bazar. Es ist am Emam Khomeini Platz, wo lieblos ein tolles Standbild von RezaShah oder seinem Sohn MohamadReza (der Mann von Farah Diba) durch das Zeichen der Islamischen Republik, das man auch auf der Fahne wiederfindet, ersetzt wurde: in Persisch/Arabisch steht dort „Allah“.
Links steht das Telekommunikationsgebäude (nicht im Bild), das, wie ich hörte, jetzt durch die 51%-Übernahme des Mokhaberat (=Telekom) durch das Militär in Händen ist, die nun mal eben sämtliche Kommunikation zu unterbrechen in der Lage sind und auch gewillt sind, es zu tun.Der Bazar macht einfach Spaß, …wenn man nichts Bestimmtes sucht. Man läuft sich die Hacken ab, wenn man nicht vorher rausgefunden hat, wo es das gesuchte Teil gibt.
Hätte ich Tüten oder Plastikfolie gesucht, wäre ich im Folien- und Tütenmarktes gelandet, wovon man hier einen Teil sehen kann.
Die schwarze Fahne zeigt noch die religiöse Begeisterung für Emam Hossein.
Und so werden diese Fahnen verkauft. Das Tuch trieft sozusagen noch vom Blut Hosseins. Die kreuzartigen Gebilde sind Qor´an-Halter, sozusagen Buchschoner für die ganz großen Bücher.Mir war ganz neu, wie viele Sorten Walnuss es gibt.Dies ist ein Peykan, das (nach dem Käfer) am längsten gebaute Auto (seit 1966). Die Engländer verkauften in den 60ern die Lizenz an den Iran. Die Produktion dieser Version wurde vor ein paar Jahren nach 38 Jahren eingestellt, aber die Pickup-Variante wird immer noch gebaut. Leider 16 Liter Benzinverbrauch, deshalb wurde der Neukauf von weniger verbrauchenden Autos gefördert (in einem Land, in dem ein Liter Benzin noch 7 Cent kostet) Aber wie wir hörten, ist das Ende der Subventionen für Benzin, Brot und Obst gesetzlich beschlossenene Sache.Hier sieht man Kinderarbeit, die Freude macht: JanIngmar bei der Weinherstellung. Bevor wir über Weihnachten für 2 Wochen wegfuhren, haben wir 48 Liter weißen Traubensaft in ein Gefäß gekippt und siehe da, als wir wieder kamen, war das Gesöff fertig.
Und das kommt dabei raus, wenn man zu viel säuft (oder kein europäisches Mathe kann)
Warum das mit dem Frieden nicht klappt, weiß ich jetzt auch. Mit so `ner kleinen Briefkastenfirma kann das einfach nix werden.
Obwohl – wenn ich die Jungs so sehe – warum sollte es mit dem Frieden nicht klappen?
Eigentlich fast jeden Tag höre ich: wir sind ein Volk, eine Rasse; Deutsche und Iraner sind Arier, deshalb mag man uns auch so. Das nehme ich mal so hin, weil es völkerwanderungstechnisch stimmt.

Weihnachtsferien an Wüste und Wasser

Am 20.12. das Auto vom Mechaniker geholt, jetzt funktioniert die Heizung, immerhin haben wir Winter. Am nächsten Tag kamen wir mittags los und trafen nach 5 Stunden in Naraq bei unseren Bekannten, die wir in Kashan kennengelernt hatten, ein. Ach, hätten wir solche Herzlichkeit in Deutschland, das Leben wäre so viel einfacher.

8.000 Einwohner, aber es gibt eine Uni mit 5.000 Studenten.
Nein, dies sind nur die Grondschöler (Silvester haben wir die Feuerzangenbowle gekuckt).
Der Bazar ist etwa 200 Jahre alt, es ist schon für den Trauermonat Moharram geschmückt, die Flaggen schreiben Ya Hossein, den Imam, der vor 1000 Jahren für den Islam im Kampf gestorben ist. Viele Iraner trauern heute noch so, als wäre ein guter Verwandter gerade eben erst von ihnen genommen. Und ich muss sagen, die Sogwirkung der Massen hat eine große Kraft. Dieses Jahr fiel Weihnachten fast genau mit Ashura, dem heiligsten Tag nach Neujahr zusammen, und schon Tage vorher konnte man die Angespanntheit der Leute spüren. Immerhin muss für die Pilger alles vorbereitet sein. Die Straßen sind mit Toren aus Baugerüsten, die schwarze Tücher tragen, geschmückt.
Aber erstmal war für uns Heiligabend in Sicht. Dafür fuhren wir über Niasar, wo wir durch Zufall auf der Suche nach einem Wasserfall an jemanden gerieten, der uns Höhlengänge zeigte, die sich kilometerweit durch den Berg ziehen. (wir waren mit den Kindern mehr als eine Stunde unter der Erde, und die Gänge waren so, dass man teilweise nur kriechen konnte)
Von oben hat man einen herrlichen Blick über das Tal, von wo der schönste Blick des angrenzenden Parks im Sommer täglich 10.000 Personen anzieht.Aber Weihnachten wollten wir in Garmeh feiern, mit Kamelreiten und ´ner Plastikflasche selbstgezüchtetem Wein. Im Lonely Planet-Reiseführer steht drin: 260 Einwohner und 2 Kamele. Wegen Ashura (Familienfest) waren deutlich mehr Leute dort. Das recht teure Gasthaus (100 €/Nacht) ist ein etwa 300 Jahre altes Lehmhaus, das von einem Künstler und seiner Familie wieder schöngemacht wurde. Im Preis inbegriffen war allerdings neben dem excellenten Essen auch, dass er und sein Bruder uns besonders schöne Plätze in der Wüste zeigten. Der Dattelhain ist in den letzten Jahren leider mehrfach abgebrannt.Die Burg, von wo das Foto gemacht ist, soll mehr als 2000 Jahre alt sein, ist allerdings erst in den letzten Jahren so verfallen, seit die Besitzer vor 30 Jahren den Ort verlassen haben. Normalerweise springt man glückbringend Neujahr über das Feuer, die Kinder kamen von selbst drauf, dass dafür Heiligabend auch ein guter Zeitpunkt ist. Bäume zum Schmücken waren allerdings absolut keine in Sicht…Von Yazd wird gesagt, es sei die älteste dauerhaft bewohnte Siedlung der Erde, 7000 Jahre ununterbrochene Besiedelung sagt zumindest der LonelyPlanet. Das textilbespannte Gestell links ist ein Naql, der an Ashura von etlichen barfüßigen Männern durch die Stadt getragen wird, die damit die Leiden von Hossein nachempfinden. Wegen des riesigen Gewichts müssen sie sich ständig abwechseln. Kinder und Frauen machen auch fleißig mit, tragen aber nicht. Und trotz der Traurigkeit des Anlasses gleicht alles einem großen Volksfest. Erst später hörten wir von den religiösen Märschen in THR und anderen Städten, die von den Reg.-Gegnern als Protestkundgebungen benutzt wurden.

Wer sich von der Stimmung nicht beeindrucken ließ, war unser Auto. Vor einer Bank sprang der Wagen nur mit Stinkerei wieder an: Lager der Lichtmaschine im A… Es dauerte (im Dunkeln) keine 2 Minuten, da hielten zwei Leute auf einem Motorrad an, die fragten, ob sie helfen könnten. Einer entpuppte sich als Mechaniker, der den Keilriemen entfernte, vor uns herfuhr, bis wir das Hotel erreichten, und am nächsten Tag holte er die Lichtmaschine ab, brachte sie repariert eine Stunde später wieder, baute sie ein – und lehnte alle Versuche ab, ihm einen geldwerten Vorteil daraus zu verschaffen! Natürlich musste er bei Ashura mitlaufen, und kam doch am nächsten Tag, um (leider vergeblich) die marode Wasserpumpe zu ersetzen. Ein Zurxaneh, eine traditionelle Bodybuildingstätte, wo die Begleitmusik noch mit den Händen gemacht wird. Was am bekanntesten ist, ist das rythmische Keulenschwingen. Schwer sind die Dinger!! Diese Sportstätte ist über einem alten Wasserspeicher gebaut, der mal den größten Teil der Stadt versorgte. Die Breite, die man sieht, geht als Speicher wohl noch mal 15m in die Tiefe.
Dies ist das letzte Bild vom funktionierenden Auto, das 300 km später in Shahrak-e-Babak mit verbrannter Zylinderkopfdichtung und defektem Z.-kopf nur noch die nächsten 100 km bis zur Werkstatt in Sirjan schaffte. Dort waren wir schon nicht mehr allein, weil Freunde aus THR auf uns warteten. Zum Glück spricht D. perfekt Farsi, so dass die Abmachungen mit dem Mechaniker etwas leichter waren. Und zum weiteren Glück hat einer unserer Wüstenbekannten gleich zwei Cousins in Sirjan wohnen, wovon einer uns abends bei der Hotelsuche und morgens beim Mechaniker und der Taxisuche behilflich war. Jetzt bitte nicht denken, wir würden nur nehmen und nichts geben, aber es ist wirklich schwer, die Gefallen wieder aufzuwiegen.

Ich kenn hier einige Leute, die Iran doof finden, aber wir werden immer mit soviel Glück und Freundlichkeit überschüttet.
Bis Qeshm fuhrn wir mit dem Taxi weiter (ca. 25€=300 km).

„welcom to beautiful island ofqeshm“ winkt uns der Bagger. Ich hab hier schon schlechteres Englisch gelesen… Aber gelogen wars ausnahmsweise mal nicht.
Direkt am Strand dieser 120 km langen Insel hatten wir einen Reihenhaus-Bungalow im Charme der DDR-Ferienlager.

Wir sind ziemlich sicher, zeitweilig die höchste Dichte blonder Kinder im gesamten Nahen Osten geliefert zu haben.Auch im Angesicht einer aus den Emiraten angespülten Bohrinsel, für die der iranische Staat jährlich eine halbe Million Euro bekommt, bietet die Insel für 5 Tage Aufenthalt genug Attraktionen: Täler, in denen der Regen den weichen Stein aushöhlt, so dass man überall Gesichter sieht,
für die Kinder das schönste Erlebnis, Delfine in echt gesehen zu haben,die Kinder und Frauen freuten sich über Henna-Malereien auf Händen und Armen,
und alle genossen den Besuch einer Bootswerft, wo die Lenj-Boote seit Jahrtausenden in gleicher Bauart hergestellt werden. Viele der Frauen auf Qeshm und Umgebung tragen noch die trad. Gesichtsmasken, die teils als Schutz vor der Hitze, im 16. Jht. als Schutz der jungen Frauen vor den Portugiesen, die sich einfach über die jungen Mädchen hermachten. Nein, schön machen die Dinger nicht gerade.
Silvester 2010 unter Palmen – happy new year!
Der Himmel bei Yazd„Wenn Sie mitwollen, reicht eine Bootsfahrkarte nicht. Fürs Gepäck muss extra bezahlt werden.“
Zurück fuhren wir mit dem Zug, was zwar lange dauert, aber billig ist, und man kommt ausgeruht am Ziel an. Wir mieteten ein ganzes 1. Klasse-Abteil, wo wir 21 h verbrachten.
Komischerweise kann man Zugfahrkarten überhaupt nicht am Bahnhof kaufen. Man muss zu einer Agentur, die kilometerweit entfernt ist, gehen, wo die Tickets auf die Namen der Reisenden ausgestellt werden. Der Einfachheit halber gab ich gleich die Pässe ab, und eine Englischkundige übertrug die Namen ins Persische. Hinterher las ich, dass Steffi und die Kinder jetzt den Nachnamen Doitsch tragen.
Beim Einchecken wurden wir wie am Flughafen geprüft, mit Durchleuchten, Kofferaufmachen, Pass- und Kleiderkontrolle.
Steffi wurde von der Beamtin auf ihr loses Kopftuch hingewiesen, worauf Steffi es etwas graderückte und sie angrinste. Natürlich reichte es nach islamischen Gesichtspunkten noch lange nicht aus, aber die Polizistin gab kopfschüttelnd auf, obwohl der Hals und viel Haar zu sehen war. Ich-nix-verstehen ist manchmal ganz hilfreich…

ungesuchte Wege finden