Entschuldigung, dieser Bereich ist Privatatmosphäre.
Login
Schlagwort-Archiv: China
Nine million and two bicycles
China ist ja jetzt schon lange keine Radfahrernation mehr, aber die Radwege sind noch immer schön breit.
Wir hatten ja schon am Anfang vor, uns Fahrräder zu kaufen, haben uns aber nicht getraut, weil wir eigentlich wenigstens für uns Großen die altmodischen, robusten mit Gestängebremsen haben wollten. Marke Fliegender Stern oder Glorreiche Speiche. Die sind aber wohl nicht mehr so leicht zu bekommen. Also irrten wir im Viertel herum, wo ich schon mal ein großes Fahrradgeschäft gesehen hatte, aber auch die Einheimischen konnten uns nicht wirklich helfen. Im Gewirr der Straßen habe ich mich schon öfter verlaufen. Der nächste Giant-Laden ist einmal über die große Straße etwa 1,5 km entfernt, das konnte ich der abgearbeiteten Steffi nicht mehr zumuten. Also gingen wir zum Supermarkt, wo es auch Fahrräder zu kaufen gibt. Den größten Teil nehmen inzwischen die E-Bikes ein, die etwas anders als in Deutschland aussehen. Dafür haben sie einen Notsitz, so dass man/frau auch mal jemanden mitnehmen kann.
Genau 2 Stück haben sie noch, die denen, die wir uns wünschen, am nächsten kommen. Probefahren zwischen den Kaufhausgängen. Zubehör (Klingel, Korb und Anbauschloss) ausgesucht, vom Angestellten anbauen lassen, auf der Etage bezahlt (1900 RMB=230 € für beide) und rausgeschoben. Steffi rechnet aus, dass sie 25 mal mit dem Rad zur Schule fahren muss, um den Kaufpreis gegenüber Taxifahren rauszubekommen. Blöd nur, dass ich so geizig bin und die kurzen Fahrten immer eingespart habe, indem ich die Strecken gelaufen bin. Sonst könnte ich auch den Kaufpreis schnell wieder raushaben.
Hurra! Endlich auch Radfahren in China! Auf Rädern der Marke Schwarzer Riese. Auf der autofreien Straße nahe Zuhause können wir endlich in die Pedale treten. Es wird schon dunkel, woraufhin ich eigentlich Licht anmache. Das gibt es aber nicht mal im Zubehör. Fahrräder dürfen nämlich kein Licht haben; die merkwürdige Begründung ist, dass die Autofahrer vom Licht geblendet werden könnten. This is China!
Was total gut geklappt hat, ist das Schulbusfahren. Seit gestern ist die Schule in Gange und am ersten Tag schon wurden alle unsere Kinder mit dem Schulbus abgeholt. Der Busverantwortliche sagte: “ Um 7 Uhr 17 werden sie an eurem Tor abgeholt. Pünktlich sein!“ Um 7 Uhr 10 stand der Bus schon da und die Ayi (die „Tante“, die für den Fall, dass es Probleme gibt, mitfährt) winkte bereits mit einem Schild, auf dem Deutsche Schule Peking stand.
Schwupp, weg sind sie. Wenn die Schule auch für die Pekinger wieder anfängt und der Verkehr explodiert, kommt der Bus vermutlich tatsächlich genau um 7:17.
Essen. Lecker.
Auch wenn wir noch keine eigenen Töpfe haben und notdürftig mit den uns von der Schulpatengruppe zur Verfügung gestellten Küchendingen begnügen müssen, gehen wir doch eigentlich zu oft essen. Es schmeckt aber auch! Unsere Kinder, die bekanntlich in Deutschland schon krüsch waren, haben es hier noch schwerer und müssen sich erst langsam an die chinesische Kost gewöhnen.
Ich hoffe, das Mensa-Essen, bei dem auch immer ein lokales Gericht dabei ist, hilft den Kids, einen kosmopolitischen Geschmack zu entwickeln. Manchmal schmeckt es ihnen jetzt auch schon ohne Zwang.
Vor den besseren Restaurants, die wir uns auch nicht oft leisten können, stehen schick angezogene, manchmal befrackte Parkeinweiser, die den Cayenne oder Bentley in die Lücke weisen. Zum Antritt des Dienstes gibt es einen Appell, bei dem die Bediensteten auf 3000 Jahre Pekingente schwören müssen oder so. Sehr militärisch.
Übrigens erzählte eine chinesische Freundin, dass unter den fünf wichtigsten Wünschen der Deutschen ESSEN an erster Stelle steht. Auf der Liste der Chinesen ist essen gar nicht erwähnt, weil es so selbstverständlich ist, dass niemand sich vorstellen kann, es gäbe nichts. Das war mal anders, als unter Mao Millionen verhungert sind, weil auf dem Fünfjahresplan das Falsche stand.
Traditionell wird morgens eher deftig gegessen, was meine Marmeladenfrühstücke zur Ausnahme macht.
Da wir gar nicht wissen, was wir bestellen, zeigen wir entweder auf die Teller der schmatzend und schlürfend Genießenden und deuten an, das gleiche zu wollen. Oder wir fragen nach der Bilderkarte, die manchmal auch an der Wand hängt und wählen von dort.
Auf dem Teller links häufen sich kleingeschnittene Kartoffeln, die kurz mit Gemüseschnipseln frittiert werden: chinesische Pommes.
Im Jiaozi=Maultaschen-Restaurant:
Und zum Schluss ein Bild, das man sonst nie zu Gesicht bekommt: nach dem Essen, wenn die Teller leer sind.
Shopping in Sanlitun
So unterschiedlich die Menschen sind, so vielfältig ist das Straßenbild. Um die Kinder bei Laune zu halten, versprechen wir ihnen eine Shoppingtour nach Sanlitun. Wir starten per pedes, wollen die U-Bahn erreichen, verlaufen uns und landen bei einem Busbahnhof, von wo die 110 zu unserem Ziel fährt. Der Yashow-Markt ist ein 5 stöckiges Gebäude, vollgestopft mit nachgemachten Waren, von Schuhen über Hemden, Hosen, Digitalkameras und Cellphones, nur das Essen im obersten Geschoss ist echt.
In Sanlitun ist alles Luxus. Ein Shop verkauft gar nur Wasser. Evian ist noch das gewöhnlichste.
Er weiß noch nicht, wie viele iPhones er zeit seines Lebens besitzen wird. Mit Sicherheit wird er von der ganzen Verwandtschaft hofiert werden, denn durch die Ein-Kind-Politik sind lauter Prinzen und Prinzessinnen auf diese Welt gekommen.
In direkter Nachbarschaft ist der etwa vor einem Monat eröffnete Marimekko-Laden. Bei aller Sympathie, die Preise, für die mein Bruder sicher nichts kann, sind gesalzen. Eins der T-Shirts, die ich so mag, kostet 900 kuai=yuan=RMB, das sind etwa 110 €! In Finnland bekommt man sie für die Hälfte.
Zum Abschluss der Shoppingtour gibt es einen lang gehegten Wunsch unserer Kinder. Gewünscht nicht, weil sie so schön bunt sind, sondern weil sie Helium enthalten. Nach dem Kauf hielt er gerade mal ein halbe Stunde, bis der Inhalt inhaliert wurde und drei Kinder mit Micky-Maus-Stimmen durch die Wohnung quiekten.
Blauer Himmel! Auf den Dachboden!
Meine Augen glauben nicht, was sie schlaftrunken am Himmel erblicken: Blau! „Steffi! Steh auf, wir müssen nach oben.“ Unsere Dachterrasse wurde mal aus Versehen Dachboden genannt und jetzt ist dieser Ausdruck zum Running Gag geworden. Wie wir gleich am ersten Tag lernen mussten, wohnen wir gar nicht im 26. Stock, und der Dachboden ist nicht der 27.
Die Zählweise geht so: Das Erdgeschoss ist der 1. Stock, 2 und 3 sind noch normal, aber danach werden alle ausgelassen, die die chinesische Unglückszahl 4 enthalten und, Hommage an den Westen, auch die 13. Also sind es insgesamt 22, Martje und die Pflanzen wohnen im 23. Nach deutscher Definition liegt unsere Wohnungstür im 21.
Die Lage gefällt uns total gut, da niemand uns in unsere Fenster kucken kann (aus 2 km Entfernung geht es doch) und wir vom Dachboden aus beinahe einen 180° -Blick nach Nord-Osten haben.
Ein paar Quellwölkchen ziehen über den klaren Himmel, am Horizont können wir sogar die fernen Berge sehen.
Und nach Süd-Westen erkennen wir den CCTV, die „große Unterhose“.
Die Pflanzen auf dem Dachboden gehen bei der Hitze ohne Wasser natürlich ein, also haben wir (zur Zeit eher Steffi) richtig zu tun.
Unser Dachboden leidet etwas unter charmanten Verfallserscheinungen:
Unser Vermieter ist Israeli, der mit einer Chinesin verheiratet ist und mit ihr und den Kindern in Israel lebt. Die Dachterrasse gehört eigentlich gar nicht zu unserer Wohnung, die Nutzung wird aber geduldet unter der Auflage, dass die Satellitenschüsseln stehen bleiben dürfen. Ironischerweise gehören diese IRNA. Das ist DER iranische Nachrichtendienst wie dpa bei uns. Naja, so ähnlich irgendwie vielleicht eventuell.
IRNA hat in diesem Haus vier Etagen gemietet. Werden wir von Iran verfolgt? Oder verfolgen wir?
Schlafen bei IKEA
Heute müssen wir dem Missstand Rechnung tragen, dass unsere Kartons noch in Fulda auf dem Speditionsgelände auf einen Chinaflug warten, was erst nach Erteilung unserer Visa (Visums, Visa, Visumme? Muss ich nachschauen.) passieren wird. Also fehlen uns ein paar Dinge der Heimverschönerung und ein Bett für Martje, die sich mit JI noch das Master bed teilt.
Auf zu IKEA, dem Heim der Materie weiblichen Nestbaus und dem Prüfungsort des männlichen Gleichmuts! Da wir für ein Taxi zu viele sind, und es nur etwa 3 Kilometer sind, gehe ich mit JI bei gefühlten 35° C zu Fuß dorthin. Wir werden am Ende mit zwei Taxen (oder ist Taxis jetzt besser?) nach Hause fahren. Ich habe noch in keinem Land so sehr geschwitzt wie hier in diesen paar Tagen. Aber wenn man sich darauf einlässt und viel trinkt, spart man sich täglich einen Saunagang. Und zum Joggen kam ich in den letzten Tagen nicht.
Alles sieht genauso aus wie bei IKEA in Deutschland, nur etwas größer ist der blaue Klotz. Hat übrigens schon mal jemand vom Verkehrschaos in Peking gehört? Es gibt zwar Rush hours, aber verglichen mit Teheran sind sie harmlos.
Schon auf dem Weg dorthin haben wir ermattete Menschen gesehen, die einfach an der Stelle der größten Anstrengung die Waagerechte aufgesucht haben, um ein paar Minuten auszuruhen.
In dem Möbelkaufhaus sieht man sie dann überall liegen, wo sich eine Möglichkeit ergibt. Nach fünf Stunden in dem blauen Kasten war uns auch danach, uns hinzulegen, aber da waren wir schon an der Kasse angekommen. Diese beiden sind allerdings direkt hinter dem Eingang aus dem bequemen Polster nicht wieder hochgekommen:
Am Ende haben wir zwei Schlafsofas (müsste es nicht Sofen heißen?) und weitgehend das, was auf dem Tisch liegt. Die Sofas werden zwei Tage später für etwa 13 € geliefert. Wenn ich irgendwann einmal klimatisierte Ruhe brauche, gehe ich wieder hin und lege mich auch mal bei IKEA schlafen.
PS: Köttböller mit Preiselbeeren, Hot Dog und Lachslasagne gibt es auch in der Pekinger Dependance.
Umgebung (our hood)
Kann man glauben, dass man diesen Zettel zeigt und der Taxifahrer einen zu unserer Wohnung bringt? Ist aber so.
Bevor wir auf die Straße gehen, passieren wir unser Tor, an dem die Wachleute für Autos die Schranke öffnen und uns ein freundliches „Nihao“ entgegnen. Naja, wenigstens unseren Kindern.
Die Straßen sind mittel bis wenig befahren, im Gegensatz zu den großen Ringstraßen, aber unbelebt ist es nie. Das Leben findet viel mehr auf der Straße, in der Öffentlichkeit statt.
Ein paar Stühle im Park oder an der Straße und schon kann man ein Spiel spielen, mit den Nachbarn schnattern oder nur seinen Gedanken nachhängen.
Direkt gegenüber vom Riesensupermarkt Carrefour liegt ein Fleckchen Erde in der Betonwüste, wo ein Mann seine größte Mühe in die Aufzucht von Gemüse steckt. Wo immer es möglich ist, werden Beete nutzbringend verwendet und wir sehen, wie jemand am Straßenrand eine kleine Menge Lauch oder Kohl putzt und verkauft.
Hunde sehen wir viel auf den Straßen, und sie werden nicht aufgezogen, um auf der Straße verkauft und verspeist zu werden. Dazu sind die meisten zu klein. Es kommt wohl langsam in Mode, einen Hund zu haben. Dass Herrchen schlechteres Schuhwerk als der Köter hat, haben wir bisher nur hier gesehen. Er ist ein Luxusartikel wie ein Top-Smartphone, obwohl die Hütte, in der man lebt, wirklich eine ist.
Statussymbole sind wichtig, möglichst aus dem Westen. (Zur Not kann es auch gefälscht sein, aber gut nachgemacht.) Wir dürfen nur nicht vergessen, dass wir ebenfalls in einer besseren Gegend wohnen, obwohl es manchmal nicht danach aussieht und wir oft über Armut stolpern. Klingt es, als wären wir nicht erst seit 4 Tagen in Peking? Mir kommt es vor, als wären es schon Wochen.
Gesundheitsprüfung
Unsere Kinder dürfen ausschlafen, während wir, die wir über 18 Jahre alt sind, uns einem Gesundheitscheck unterziehen lassen müssen. Sonst wird es kein dauerhaftes Visum geben. Eine geschlagene Stunde sitzen wir mit Kollegen in einem Schulbus und fahren immer geradeaus. Wir glauben schon nicht mehr daran, vor dem Abend wieder zu Hause zu sein. Aber jetzt erleben wir, wie effektiv und nachlässig zugleich Chinesen arbeiten:
An einem Schalter geben wir unsere ausgefüllten Formulare ab, blicken in eine Webcam, die unser Konterfei auf einen Laufzettel überträgt, bezahlen pro Person 80 € und dann dürfen wir in die offentürigen Untersuchungszimmer ausschwärmen. An jeder Station wird der Laufzettel gescant, so dass unsere Daten immer sofort auf dem Monitor des Untersuchenden sind. Blutabnehmen dauert eine Minute, im nächsten Raum wird ein EKG gemacht, eine Minute 30, der nächste Arzt ruft einen schon von Ferne zum Blutdruck, nächster Halt Augencheck: rote Linie, Auge links zuhalten, offene Richtung des E zeigen, Auge rechts zu, ein E aus der nächsten Reihe erkennen. Meine Oma hätte ohne Brille bestanden. Die Nachbarärztin schaut von Ferne in den Mund, bei manchen auch in die Ohren, dann wird ein Thorax-Röntgen gemacht und wir dürfen ins obere Zimmer, wo Surgery – Chirurgie an der Zimmertür steht. Angst ist fehl am Platze, man stellt sich wie man kommt auf eine Waage, dabei wird mit dem Laser von oben gleich die Größe gemessen und dann sagt die Koryphäe: „Finish!“
Dafür studieren die Leute jahrelang Medizin, um in einem Massenbetrieb tausende Menschen durchzuschleusen?
Wir geben Zettel und Passbilder ab. In einer Woche gäbe es die Ergebnisse, hören wir. Nach einer halben Stunde sind wir fertig und sitzen wieder im Bus. Hoffentlich akzeptieren sie unseren Blutzuckerspiegel, denn nüchtern waren wir nicht gewesen.
Erste Einkäufe
Am Abend gehen wir Erwachsenen mit JanIngmar zum Ersten Mal im Carrefour-Supermarkt einkaufen, wo wir bis auf Klobürsten alles fürs tägliche Leben Notwendige finden. Nach 15 min. ist JI gelangweilt und sagt, ich geh nach Hause. Steffi erlaubt es, denn der Weg ist einfach: rechts auf die Straße, einmal links, dann über die Brücke, es sind etwa 700 m. Nach 10 min rufe ich zu Hause an und frage, ob er heil angekommen ist.
Er beschwert sich spaßeshalber, wir seien Rabeneltern, wie könnten sie nur ein Kind alleine durch eine fremde Millionenstadt nach Hause schicken.
Die Wohnung ist bereits nach zwei Tagen „zu Hause“. Besonders nett ist die Dachterrasse, auch wenn sie im Moment kaum zu nutzen ist. Unsere Vermieter haben unzählige Pflanzen hier oben stehen, was es gemütlich macht, aber auch viel Arbeit verursacht. Da werde ich auf meine alten Tage noch zum Gärtner, wo ich doch einen roten Daumen habe.
Es ist tropisch schwül. 30°C sind es bestimmt und eine solche feuchte Luft, dass man die Feuchtigkeit auf der Haut spürt – wie im Gewächshaus. Auch abends wird es kaum kühler. Wir haben schon unser erstes Sommergewitter erlebt, das sich genau über unserem Apartment mit einem unbeschreiblichen Knall entladen hat. Der Blitz muss in den Blitzableiter eingeschlagen haben, der auf unseren Dachzimmer installiert ist. Jedenfalls haben die Kinder laut aufgeschrien und wir Erwachsenen sind auch in die Knie gegangen.
Heute haben wir einiges zu tun. Immerhin sind wir gewarnt worden, dass Außerirdische bei Nicht- oder zu spätem Melden bei der Polizei richtig Ärger bekommen sollen. „Aliens who do not lodge at hotels, guesthouses, or inns shall, within 24 hours of entry, go through accomodatian registration at local police station.“
Dadurch, dass der Compound, in dem wir leben, einen Draht zur Polizei haben soll, brauchten wir nicht gleich vom Flughafen zur Polizei. Aber heute ist Montag, da sollte es schon erledigt werden. Das wird auch für jeden unserer zukünftigen Besucher gelten.
Um 11 ruft unser Makler David an, der nicht wie ein Makler in Deutschland seine Arbeit erledigt hat, wenn die Wohnung vermietet ist, sondern darüber hinaus alle Arbeiten erledigen wird, die mit der Wohnung zu tun haben.
Er stünde jetzt unten und würde mit uns erst zum Gebäude-Management gehen und dann zur Polizei.
Beim Management werden die Pässe kopiert und dann geht es zu einer Registratur in unserem Haus im Keller. Um drei Ecken, die Treppe runter, wobei die Decke so niedrig ist, dass man den Kopf auf 90° legen muss und zusätzlich in die Hocke, dann zwei Gängen folgen und in einer Sackgasse liegt endlich ein Büro, in dem ein Mann mit Headset auf einen Computer starrt, während seine Kollegin Papiere heraussucht und Stempel auf Papiere drückt. Der Geruch hängt modrig in der Luft, in einem deutschen Keller wäre der Arbeitsschutz längst dagewesen und hätte das gelbgeschecktwandige Kabüffchen stillgelegt. Selbst Jan Ingmar, der unbedingt mit wollte, fragt mich, wie die Leute es hier aushalten können.
Nachdem wir die Stempel erhalten haben, geht es per Taxi zur Polizei. Da wir rote Dienstpässe statt violetter Reisepässe haben, ist die Polizistin irritiert und fragt nach „richtigen“ Pässen. Schließlich erhalten wir für jeden einen Durchschlag der Registration, nur um in der Schule gesagt zu bekommen, dass die Art des Visa falsch ausgestellt wurde. Also muss ich zurück zur Polizei und ein geändertes Schreiben verlangen. Die Pferde, die ich dafür scheu gemacht habe, waren umsonst aufgeregt: David (und auch ich) sind erstaunt, dass ich in der Stadt zurecht gekommen bin und wieder alleine zur Schule zurückgefunden habe. Ich hatte von der Schulseite die Schriftzeichen abgemalt, um dem Taxifahrer mein Fahrtziel deutlich zu machen und großes Lob von der chin. Sekretärin bekommen. Als ich allerdings in ein Taxi einsteige, kann der Fahrer nur Teile davon erkennen und weigert sich, mich zu fahren. Zum Glück kann ich mich an gewissen Hochhäusern orientieren und finde die zwei Kilometer doch ohne Hilfe zurück.
Es wird trotz besten Bemühungen lange dauern, bis wir uns orientieren können. Nicht mal die Sonne kann als Orientierung helfen, da sie nur selten zu sehen ist. Auf den Stadtplänen sind nur die großen Ring- und Verbindungsstraßen verzeichnet.
Leider können wir nicht mehr wie in Teheran uns zu fünft oder mehr in ein Taxi zwängen, wir brauchen zwei Fahrzeuge. Die Fahrer beschweren sich sofort. Zum Glück sind die 3-4 km nie wirklich teuer: 2,50 €.
Abreise, Jetlag, erster Eindruck
Wir sind tatsächlich in Peking angekommen!
In Hamburg hab ich noch geschwitzt, ob wir alle Dokumente dabei haben und ob wir keinen „Koffer“ öffnen müssen, um noch etwas Schweres dazulassen. Denn jeder unserer 9 „Koffer“ ist entweder 400 gramm leichter oder 500 Gramm schwerer als zugelassen. Mit ein bisschen Augenzwinkern des Check-In-Angestellten darf alles mit.
Auch Martje´s Gitarre kann ungeöffnet in den Flieger.
Ein Abschiedskommitee aus Familie und einigen Freunden begleitet uns zum Sicherheits-Check in der Glasbox. In Flughafenkreisen heißt der Bereich vor dem ersten Tor mit Induktionsschleife Kiss-and-Fly, aber Cry-and-Fly passt diesmal besser (und reimt sich noch dazu). Zum Glück ist dann alles so aufregend, dass wir erst im Flugzeug in der Luft wahrnehmen, was wir in den letzten Tagen alles geleistet haben.
Wir haben 3 Stunden Aufenthalt in Helsinki, aber die gehen schnell vorüber, weil unsere dort lebende Verwandtschaft am Flughafen vorbeischaut und es möglich ist, endlich wieder mal Lakritzeis zu essen. Der Flug von Helsinki nach Peking ist gar nicht so lang, wie es die Entfernung auf der Landkarte suggeriert. Keiner von uns kann richtig schlafen, selbst die Kinder schauen einen Film nach dem nächsten.
In Peking angekommen bekommen wir unser Gepäck in dem Moment geliefert, als wir an der Gepäckausgabe ankommen. Die Befürchtung, wir würden mit einem Santana abgeholt werden, war unbegründet, es kommt ein Schulbus. Der Fahrer spricht kein Wort Englisch, geschweige denn Deutsch, aber er weiß, wo es hingehen soll.Keine anderthalb Stunden nach der Landung sitzen wir vor unserer zukünftigen Residenzund begehren Einlass.
Der Wachmann weiß noch von nichts, weil wir erst nach 9:00 ankommen sollten. Auch unser Makler ist nirgends zu sehen. Aber ein paar Telefonate später ist unser Wohnungsschlüssel in meiner Hand. Die Kinder suchen die Zimmer aus und erkunden die Dachterrasse, noch bevor das Gepäck oben ist.
Das Erste, was wir zur Beschlagnahme der Wohnung aus dem Koffer holen, ist unser Perserteppich und der elektronische Vogel. Und nachdem das Internet wenigstens funktioniert, wird ausgepackt.Als unsere Vermieterin kommt, ist sie begeistert. Die Kinder haben sie gar nicht zu Gesicht bekommen, denn sie sind auf dem Sofa eingeschlafen. In der Zwischenzeit habe ich eine Nummer vom Pizzadienst gefunden und 3 Margherita geordert, die tatsächlich nach 45 Minuten an unserer Haustür abgeliefert werden. Mit vollem Bauch soll man zwar nicht baden, aber wir müssen doch sehen, wie groß das Schwimmbad ist. Und der Fitnessbereich.
Und der Blick von unserer Dachterrasse ist zwar das krasse Gegenteil von dem, den wir aus unserer Terrassentür gewohnt sind, aber wenigstens haben wir so etwas wie blauen Himmel.