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Reiseunsicherheit

Jetzt könnt ihr auch in Deutschland verstehen, was uns schon seit mehr als 2 Monaten beschäftigt und wie mit der Situation umgegangen wird.
Wir konnten zwar immer irgendwo ein Restaurant finden, in dem man essen kann, und jetzt öffenen langsam mehr. Aber wir haben den skurrilen Fall, dass man in den meisten Lokalen nur alleine an einem Tisch sitzen darf. Da nützt es auch nichts, wenn man sagt, man würde das Bett miteinander teilen…
Wir sind nicht eingesperrt, dürfen uns weitgehend frei bewegen, aber es macht keinen richtigen Spaß. Es gab schon Tage, an denen ich keine Lust hatte, die Wohnung zu verlassen. Dabei ist gerade die Situation auf den Straßen interessant. So war Beijing noch nie zu sehen. Aber – KEiNE Lust!
Vor 3 Tagen war ich dann doch unterwegs und mit meinem Freund Daniel auf dem Verbotenen Platz. Touristen verschlägt es kaum noch dorthin. So waren diesmal auch noch weniger Personen zu sehen als beim letzten Mal vor 2 Wochen. Genaugenommen waren mehr Polizisten als Touris zu sehen. Wir wurden mehrmals angesprochen, wie lange wir schon in Peking seien und mussten per App nachweisen, dass wir schon länger als 2 Wochen die Stadt nicht verlassen hatten.
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Die unterirdischen Verbindungsgänge zwischen Platz und Tian´AnMen sind wie leergefegt. Wir witzelten, dass bestimmt jemand in einer Videoüberwachungszentrale sitzt und uns mit Kameras folgt. Mindestens ein neuer Follower!
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Immerhin, es gibt Besucher am Tian´AnMen!
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Das ist der Tourismus in Beijing am QianMen:
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Das Nationalmuseum:
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Was uns natürlich viel mehr beschäftigt als die chinesischen Sehenswürdigkeiten ist unsere Familie.
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Unsere Kinder sind seit gut 5 Wochen in Deutschland und wohnen in unserem Haus bei Martje in ihrer WG. Das ist für alle bestimmt eine große Belastung. Eigentlich sollten sie nur 3 Wochen wegbleiben, aber da sich abzeichnete, dass die Situation in Beijing sich nicht verbessert, hatten wir die Möglichkeit des Umbuchens genutzt und 3 Wochen verlängert. Das war im Nachhinein nicht besonders schlau, denn jetzt sind nahezu alle Flüge von Hamburg gestrichen und ich hörte, dass nach Stuttgart auch Hamburg und München bald geschlossen werden.
Hätte-hätte Fahrradkette!

Wir hatten schon erst überlegt, dass die beiden, die Mitte April das Abitur schreiben sollen, in Deutschland bleiben sollen. Sie könnten dann in Köln in der Behörde die Prüfung machen. Leider weiß man noch nicht mal, ob diese Möglichkeit bis dahin noch besteht. Immerhin sind Schulen und Unis jetzt auch in D geschlossen.
Eine letzte Möglichkeit hat sich gestern aufgetan mit einem Flug von Frankfurt über Taipeh nach Peking am nächsten Donnestag. Mit etwas über 1000€ p.P. war er sogar noch halbwegs bezahlbar. Es gab an den anderen Tagen nur welche für 2400 bis 2800 €!
Es werden zwar alle Flüge nach Peking auf die Umgebungsflughäfen umgeleitet, dort die Gesundheitsuntersuchungen gemacht und bei negativem Befund die Passagiere auf speziell ausgestattete Hotels für die 14-tägige Quarantäne verteilt. Das wollen wir natürlich vermeiden, daher versuchen wir gerade, die Kids in unsere Wohnung zu bekommen. Hier haben sie ihre gewohnte Umgebung, können sich beschäftigen und auch mal an die frische Luft.
Ob das klappt, wissen wir nicht, aber man hört, dass es eine gewisse Wahrscheinlichkeit gibt. Unsere Vermieter und das Hausmanagement haben zugestimmt, auch das noch wichtigere Nachbarschaftskomittee hat grünes Licht gegeben, jetzt müssen nur noch die Behörden am Flughafen zustimmen. Das wird aber erst bei Einreise entschieden.
Wir Eltern müssen dann natürlich unser Appartment verlassen und ins Hotel ziehen, denn sonst sitzen wir auch 14 Tage in der Wohnung fest. So kann ich als Essenbeschaffer tätig sein und sie sind nicht auf Essenkuriere angewiesen. Und Steffi muss schließlich arbeiten, noch dazu wesentlich mehr als sonst.

Der schlimmste anzunehmende Fall ist, dass die Kinder gar nicht nach Frankfurt kommen, weil kein Zug in Deutschland mehr fährt. Ob man dann noch Auto fahren kann?

Aber all das haben wir jetzt einmal durchdacht und weil wir bisher immer Glück hatten, werden wir auch diesmal nicht vom Schicksal enttäuscht werden.
Drückt uns die Daumen, dass die Familienzusammenführung klappen wird!

…und danach die ganze Welt

Jetzt ist die Grippe auch in dem Rest der Welt angekommen und in China sieht man zum Glück ein Abflachen der Krankheitskurve. Leider ist die Hysterie deswegen nicht zum Stillstand gekommen. Beinahe das Gegenteil ist der Fall. Jeder trägt auf der Straße eine Maske. Ich könnte fast das Rauchen wieder anfangen, nur damit ich das Ding mal ruhigen Gewissens abnehmen könnte.
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Der Zugang zu unserem Compound ist wie zu den meisten anderen auch, und das gilt in den Hutongs für ganze Straßenzüge, nur noch mit personalisierten Ausweisen möglich. Bei jedem Eintritt wird Fieber gemessen und jeder muss die Karte vorzeigen. Das gilt auch, wenn man nur mal zum Eierholen gegangen ist und vor 10 Minuten das Prozedere durchlaufen hat. Was können wir machen? Kannst du machen nix.
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Seit 2 Tagen ist eine neue Richtlinie raus, die uns auch schwer betreffen wird. Unsere Kinder sind ja noch 10 Tage in Deutschland und kommen dann zurück. Darauf haben wir uns schon lange gefreut, leider wird für das Wiedersehen noch mehr Zeit ins Land gehen. Denn nachdem es für Reisende aus bestimmten Ländern Ausnahmen geben sollte, sind neuerdings alle Ankömmlinge in China verpflichtet, zwei Wochen in Quarantäne zu gehen. Für unsere Beiden heißt das, dass sie nicht mal zum Müll runterbringen das Haus verlassen dürfen. Jemand vom Management wird das Essen bringen und den Müll abholen.
Dort oben werden sie 14 Tage ihres Lebens im Elfenbeinturm verbringen:
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Das bedeutet aber auch, dass wir Eltern weder zu Hause mit ihnen in einer Wohnung sein noch sie bei der Einreise sehen dürfen. Wie wir das logistisch bewerkstelligen, wissen wir noch gar nicht. Wahrscheinlich werden wir beide in ein Hotel umziehen und die Kids ziehen in die Wohnung, nachdem wir ausgezogen sind. Das hätte den Vorteil, dass ich alles das einkaufen kann, was die Beiden essen mögen. Ich liefere es dann am Tor unten ab und jemand vom Management bringt es an die Tür, klopft und verschwindet schleunigst wieder.
Diese Art der Sonderbehandlung wäre in Deutschland gar nicht möglich, fällt mir ein, weil diese abriegelbaren Wohngebiete so gar nicht vorhanden sind. Man muss wahrscheinlich ganze Stadtviertel und Dörfer dicht machen, wobei mir schleierhaft ist, woher die ganzen Leute kommen sollen, die die Überwachung übernehmen. Nicht mein Problem zum Glück.

Die Paketdienste sind zur Zeit die einzige Branche, die zu tun hat, und das nicht zu knapp. Jeder bestellt alles. Erstens haben die Leute zu viel Zeit und sind in der nutzlosen Zeit in den Onlineshops unterwegs, zweitens mag ja kaum noch einer rausgehen. Wasser, Klopapier, Gemüse, Fleisch, Küchengeräte werden geliefert. Weil kaum Restaurants aufhaben, kocht man wieder selber.
Pakete werden einfach auf der Straße sortiert und verteilt. Da auch die Boten nicht mehr in die Compounds kommen, gibt es an jeder Fiebermess-Station auch ein Regal, in dem das Bestellte aufbewahrt wird, bis der Besteller es abholt.
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Auch Pause muss mal sein.
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Autos werden bei der Einfahrt nicht nur desinfiziert, sondern auch auf illegal einreisende blinde Passagiere überprüft.
Desinfektion

Kofferraumkontrolle

Ich finde, gemessen an der kaum besser werdenden Situation sind die Menschen recht gefasst. Die zentral verwalteten Heizungen sollen eine weitere Woche angeschaltet bleiben, weil alte Menschen am gefährdetsten sind und sich ja nicht erkälten sollen. Auch chinesische Kinder gehen noch lange nicht wieder zur Schule. Immerhin beschäftigen die Eltern sich wesentlich mehr mit ihren Zöglingen. Sonst sind ja eher die Großeltern mit den lieben Kleinen beschäftigt. Da haben wir doch mal einen positiven Aspekt des ganzen Schlamassels.
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Ratten-DSP-Kunst

Die deutsche Schule übrigens schlägt sich ganz wacker mit Unterricht online. Per OneDrive von Microsoft und Cisco WebEx sowie WeChat und einem eigenen System der DSP gibt es reichlich Kanäle, über die die Schüler mit ihren Lehrern verbunden sind und Hausaufgaben und andere Unterrichtsersatzleistungen austauschen. Anfangs stöhnten die Schüler und Eltern sehr über die überreichlichen Aufgaben, aber inzwischen hat sich das Pensum eingepegelt. Immerhin ist es das erste Mal im deutschen Schulwesen, dass Schüler, Eltern und Lehrer vor einer solchen Aufgabe stehen. Es werden Videos gemacht, Hausaufgaben abfotografiert, Videokonferenzen anberaumt, so wie man es aus Sciencefiction-Filmen kennt und vieles mehr. Auch ich habe meine Turn-AG schon online abgehalten und vorgeturnt, während die Kids auf der anderen Seite brav mitgemacht haben. Ich fand es allerdings ungewohnt und da selbst in China die Internetleitung nicht immer für Videokonferenzen von 30 Kindern geeignet ist, habe ich das wieder aufgegeben. Also hab ich auch ein Video gemacht. Wen es interessiert, ich habs bei Youtube hochgeladen.
Vielleicht mach ich ja noch meinen eigenen Channel…

Es ist nur eine Grippe.

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Es könnte das Paradies sein.
Wir haben bestes Wetter, es ist zwar noch kalt, aber man kann es draußen in leichter Winterkleidung aushalten. Ein Tuch über den Mund trage ich trotzdem, manchmal auch eine chirurgische Gesichtsmaske. Beinahe täglich werden die Anforderungen im öffentlichen Raum verändert.
Seit vorgestern darf unseren Compound kein Ortsfremder mehr betreten. Das bedeutet, dass wir keinen Besuch empfangen können. Wollen wir uns mit anderen Menschen umgeben, müssen wir in eines der spärlichen noch geöffneten Restaurants oder Cafe´s gehen.
Seit mindestens vorgestern ist es aber ebenfalls nicht mehr erlaubt, zu mehr Personen als zu dritt an einem Tisch zu sitzen. Die Situation ist skurril, wenn man sich auf zwei Tische verteilen muss, obwohl man nur zu viert ist. Immerhin war man so nett, uns leere Teller zum Verteilen der Gerichte zu bringen. In China ist es ja üblich, sich mehrere Gerichte bringen zu lassen, von denen alle sich mit Stäbchen nehmen, was sie essen wollen.

Lange schon werden die Verkehrswege im Haus desinfiziert (Fahrstühle, Treppenhäuser etc.). Seit gestern sind in Ganzkörper-Overalls eingepackte Leute auch auf unserem Parkplatz unterwegs und spritzen alles ab, was Viren befallen können. Die Wachleute tragen schon seit einer Woche Staubschutzbrillen, weil angeblich das Virus auch über die Bindehaut übertragen wird. Das ist zwar überhaupt nicht gesichert, ebensowenig wie das Tragen von Gesichtsmasken eine Ansteckung sicher verhindern kann, aber wenn es die Leute beruhigt… Auch Plüschanzüge sollen helfen können;-))
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Regelmäßig Händewaschen, Abstand halten und sich nicht anniesen lassen soll am wirkungsvollsten sein. Letztlich ist es nur eine Grippe.
Hinweise der Bundeszentrale für Gesundheit zum Coronavirus
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Ich war noch in den Hutongs unterwegs gewesen, aber gestern kam niemand mehr ohne Anwohner-Ausweis in die Sträßchen hinein.
Die U-Bahn fährt noch immer wie gewohnt, aber auch in der Hauptverkehrszeit sind die Waggons weitgehend leer.
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Und ratet, welche Werbung gerade in den Waggons angebracht ist. Logisch, Desinfektionsmittel.
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So sieht der U-Bahnhof Tian´AnMen Ost tagsüber aus, an dem sonst täglich zigtausend Leute ein- oder aussteigen.
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Der Verbotene Platz scheint jetzt wirklich verboten, denn es waren nur Soldaten zu sehen, als ich gestern vor dem Tor des Himmlischen Friedens stand. Um dorthin zu kommen, muss man mit Ausweis durch eine Kontrolle. Hier sind oftmals 3 oder 4 Schlangen geöffnet, denn täglich kommen bis zu 80.000 Personen zur Besichtigung.

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Mit mir waren gestern vielleicht 5 Privatpersonen um die Mittagszeit dort.
Alle tragen Masken in einer oder anderer Form.
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Der östlich der Verbotenen Stadt gelegene HuiHeYuan-Park war wie auch der JingShan Park im Norden verwaist. Die Kartenschalter sind nur mit einer Person besetzt, einzelne Jogger wichen mir schon von weitem aus; insgesamt kann man die Parks in diesen Tagen gut genießen, wenngleich es auch etwas langweilig ist.
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Die Paläste im Park sind jedenfalls nicht offen.
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Damit man den Ausgang findet. Wer weiß, ob wir nicht auch noch exportiert werden.
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Zum Glück ist noch ein wenig Normalität übrig geblieben.
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Da die meisten Restaurants kein Publikum mehr in ihre Räume lassen, sind auf den Gehsteigen Tische aufgebaut, an denen man sich Mittagessen zum Mitnehmen kaufen kann. In der Straße südlich des Trommelturms.
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Hier sieht man auch schön, dass der Hutong links bewacht wird.
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Paket- und Nahrungsboten haben Hochkonjunktur.
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Auch bei uns dürfen Pakete nicht mehr an die Haustür, geschweige denn an die Wohnungstür gebracht werden. Daher hat man dort, wo sonst Autos den Compound verlassen, eine Paketstation eingerichtet, wo die Pakete abgeholt werden können.
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Das war bis jetzt alles wahr, soweit ich es beurteilen kann. Nur noch ein bisschen fake-news von meinem Ausflug an die Verbotene Stadt:
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Wann wird es wieder Alltag geben?

Man kann gar nicht so viel kotzen, wie einem übel ist. Dies ist die Zeit, sich in Gleichmut zu üben und an einer positive Einstellung zu arbeiten. Um es mit Bob dem Baumeister zu sprechen: Can we fix it? Yes we can!
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Inzwischen sind unsere Kinder schon fast eine Woche in Deutschland und wir vermissen einander sehr. Trotzdem sind wir froh, dass sie sich in Deutschland relativ frei bewegen können. Innerhalb Beijings sind wir zwar kaum eingeschränkt, aber es macht nur wenig Spaß, unterwegs zu sein. Eine Maske tragen zu müssen ist noch das geringste Übel. Schlimmer ist die Langeweile. Das gesellschaftliche Leben ist zum Erliegen gekommen. Ich frage mich, wie die Chinesen die Situation aushalten, wo sie doch sonst so gesellig sind. Im Park finden keine Tänze und mehr statt und TaiJi seh ich auch nur noch Einzelne machen.
Die Häuser, die einen direkten Eingang zur Straße haben, wurden in den letzten Tagen mit Baustellenwellblech abgeteilt. Freiwillige Helfer stehen an den neu entstandenen Zentraleingängen und messen Fieber und nehmen Daten auf. Auch unser Wohngebiet ist abgeriegelter und die Kontrollen werden intensiviert.
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Im nahen Gemüsemarkt haben nur noch zwei Eingänge offen. Technologisch wurde aufgerüstet und Wärmebildkameras zum Einsatz gebracht.
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Die Deutsche Botschaftsschule wird den gesamten Monat Februar geschlossen bleiben. Wann sie wieder öffnet, ist noch nicht klar. Das entscheiden die chinesischen Behörden.
Wenn grünes Licht gegeben wurde, dürfen Kinder, die im Ausland waren, 14 Tage von dem Einreisetag an nicht zur Schule und werden weiterhin online beschult. Das wird auch unsere Kinder betreffen, wenn sie am Monatsende wieder einreisen.

Fragen und ein paar Antworten zu Corona

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In den letzten Tagen haben sich doch bei Telefonaten mit der Heimat ein paar Fragen ergeben, die ich mal an alle beantworten möchte.
Nicht, dass in Deutschland über China ein falsches Bild entsteht.
Dies gilt natürlich nur für Beijing, über Wuhan kann ich nichts mitteilen, weil ich (zum Glück) nicht dort war.
Unsere Kinder sind letzten Freitag nach Deutschland ausgereist und wir sind ein bisschen traurig. Wir haben sie aber gehen lassen, weil ihnen hier in unserer Wohnung die Decke auf den Kopf gefallen ist. Ob es ihnen in Deutschland nun besser ergeht als in Beijing im Schoß der Familie glauben wir zwar nicht, aber manche Erfahrung muss man selber machen.

1. Konnten die beiden denn ohne Probleme aus China ausreisen?
– Sieht ganz so aus. Sie mussten ein paar Formulare ausfüllen (Waren Sie in letzter Zeit in Wuhan? – Sind Sie mit Erkrankten in Berührung gekommen? – Haben Sie in den letzten Tagen Fieber oder andere Beschwerden gehabt? Wie können wir Sie erreichen? etc.) Danach wurden sie nicht weiter behelligt.

2. Warum seid ihr nicht mit ausgereist?
– Steffi ist verpflichtet, in Beijing zu bleiben. Sie hat ja einen Arbeitsvertrag und administrative Arbeiten fallen auch bei ihr an. Die Ansage des Dienstherren ist: Sei in Beijing. Und ich hab noch keine Lust auf Deutschland. Leider ist es so, dass in Deutschland Reisende aus China nicht gerne gesehen werden. Wir haben schon gehört, dass jemand vom Zahnarzt nicht behandelt wurde. Und manche Freunde wollen einen auch nicht vor Ablauf von 14 Tagen Quarantäne sehen.

3. Sind wir in Beijing in Quarantäne?
– Nein, überhaupt nicht. Das Leben hier ist trotzdem nicht ganz normal. Inzwischen stehen an den Eingängen zu den Wohngebieten freiwillige Helfer, die Fieber messen, Besucher aufschreiben und Paketboten hindern, den Compound zu betreten. Ansonsten steht es uns frei, zu gehen, wohin wir wollen. Jedes Wohngebiet hat nur noch einen Eingang, durch den man eintreten kann. Alle anderen sind abgesperrt.
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4. Werdet ihr nicht verhungern?
– Auf keinen Fall. Die Regierung hat entschieden, dass Lebensmittel in gewohnter Weise nach Beijing geliefert werden können. Wenn man den Chinesen auch noch das Essen wegnimmt, ist Revolution sicher nicht weit. Viele Restaurants sind allerdings geschlossen und deren verderblichen Lebensmittel werden an davor aufgebauten Straßenständen abverkauft. Mehr als 30 Personen dürfen sich in Restaurants nicht aufhalten. Viele Menschen lassen sich Essen nach Hause liefern. Unser Lieblingsmarkt ist weiterhin geöffnet, allerdings etwas „abgespeckt“.

Vorgestern im Carrefour hab ich allerdings kurz gezuckt, weil ich halbleere Regale gesehen habe. Heute ist wieder alles voll.
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5. Wenn ihr euch frei bewegen könnt, könnt ihr ja richtig gut Sightseeing oder Shopping betreiben, oder?
– Mit Radio Eriwan gesprochen: Im Prinzip ja. Nur ist kein Museum, kein Kino, keine Konzerthalle, wenige Geschäfte geöffnet. Nichts, wo Menschenmassen sonst aufeinandertreffen. Auch hier gilt die 30-Personen-Regel. Im Zweifel bleibt der Laden gleich ganz zu.
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6. Wie sieht es denn auf den Straßen aus?
– Leer. Wenn man bedenkt, dass im Stadtgebiet etwa 16 Millionen Menschen wohnen, ist es gespenstisch leer. Auch Staus auf den Straßen gibt es faktisch nicht mehr.
Und selten sieht man unmaskierte Gesichter. Wir tragen Masken mehr aus Solidarität denn aus Angst vor Ansteckung.
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7. Kennt ihr Infizierte?
– Nein. Die Wahrscheinlichkeit ist extrem gering. Rechne ca. 400 Infizierte in Beijing gegen 16.000.000 Einwohner, da ist es schon unwahrscheinlich. Falls wir ärztliche Hilfe brauchen, können wir zum Botschaftsarzt gehen, der uns in ein gutes Krankenhaus weiterleitet. Das wollen wir uns aber nicht ausmalen.

8. Wann fängt der offizieller Schulbetrieb denn wieder an?
– Keiner weiß nichts Genaues. Bis zum 17. 2. ist die Schule (und deutsche Betriebe) geschlossen. Kann sein, dass es noch weitere 2 Wochen dauert. Wahrscheinlich ist, dass unsere Kinder 2 Wochen zu Hause bleiben müssen, wenn sie wieder einreisen, auch wenn das keinen Sinn macht. Dann geht das Homeschooling in dieser Zeit weiter. Die Schule tut jedenfalls alles Mögliche, um den Unterricht zu ersetzen. Klassenarbeiten sollen nachgeholt werden oder durch andere Leistungsnachweise ersetzt werden. Die Abiklausuren sind auf nach den Osterferien verschoben.

Hier wäre normalerweise das Eisvergnügen.
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Schon wieder Schnee

Selten haben wir in Beijing Schnee erlebt. Und meistens sind es kleine Mengen, die am nächsten Morgen schon wieder weggetaut sind oder von den Straßenfregern weggebürstet wurden. Wir können nicht nach dem Corona-Ausbruch auf eine weitere Katastrophe blicken, aber man kann schon froh sein, dass die weiße Pracht in diese Zeit des Wartens und der Unsicherheit fällt.
Ich mag es ja, wenn alles von der pudrigen Schicht zugedeckt wird. Ich finde, alles wirkt dann so friedlich. Da vergesse ich sogar das Virus.
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Auf den Straßen sieht es auch nicht grad belebt aus.
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Uns geht es aber zur Zeit ganz gut. Wir haben zu essen und zu trinken.
Unsere Kinder werden wir allerdings in den nächsten 2 Wochen vermissen. Weil Steffis Arbeitgeber (und das Auswärtige Amt) die Ausreise der Angehörigen genehmigt hat, haben unsere Kinder gebettelt, bis zur Schulwiedereröffnung nach Deutschland fliegen zu dürfen. Heute nacht geht es los. Steffi ist in Peking dienstverpflichtet, und ich werde für Essen und Wohlbefinden sorgen.

Corona

So langsam wird es wirklich nervig. Die Decke fällt uns auf den Kopf. Regulär finge übermorgen die Schule wieder an, aber die Behörden haben den öffentlichen Schulbetrieb bis auf weiteres untersagt. Jetzt kommen wir endlich näher in Richtung eLearning und Digitalisierung.
Unsere Kinder sollen in den nächsten Wochen ihre Hausaufgaben und Abiturvorbereitungen über das Internet bekommen und bearbeiten.

Auf den Straßen ist weiterhin nicht viel los.
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Natürlich können wir das Haus verlassen, aber in den Malls und Märkten wird am Eingang darauf hingewiesen, dass Masken zu tragen erwünscht ist. Machen wir. Ich fände ja auch nicht gut, wenn mich einer aus Wuhan anhustet.
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Auch mit Maske rauchen viele Leute, vor allem Männer können es nicht lassen.
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An den Eingängen zu den Wohngebieten und Compounds stehen seit 2 Tagen Wächter mit Thermometerpistolen und Schreibtischen, wo sich jeder Besucher mit Namen und Unterschrift eintragen muss. Stichprobenmäßig wird gemessen, ob man Fieber hat.
Manche Eingänge sind komplett geschlossen, damit die Anwohner effektiver kontrolliert werden können.
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Da viele Geschäfte nicht geöffnet sind, aber trotzdem Fleisch und Gemüse zu den Menschen kommen muss, öffnen einige Geschäfte nur kleine Fenster und verkaufen von dort oder richten einen Stand auf der Straße ein.
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Ich kann mir vorstellen, dass das Virus aus dieser Bar kommt. Dieses Wissen nützt nur nichts, tot ist tot.
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Bevor man verzweifelt, bleibt einem nur der Alkohol.
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Also: Live easily – Alkohol bringt dich zu Dir selbst.

Ein ganz besonderes Chinese New Year

Dieses Jahr ist das Mondfest wieder was ganz besonderes. Feuerwerk darf in Peking ja schon lange nicht mehr in die Luft geschossen werden, obwohl ich vorgestern Nacht ein paar Böller gehört habe. Aber das kann der Wind auch von weit hergetragen haben. Diesmal könnte man es auch das Maskenfest nennen, denn ich sehe draußen und drinnen, wo viele Menschen zusammenkommen, nur ganz wenige ohne Maske gehen. Ich bin heute auch schon von Leuten angesprochen worden, ich trüge gar keine Maske, was denn los sein?
Ich bin noch nicht hysterisch genug, möchte ich antworten, wenn ich denn die chinesischen Worte dafür hätte. Ich halte mich an die Aussagen der deutschen Nachrichten, die sagen, es sei nicht sehr gefährlich. Außerdem mag ich es nicht, eine Maske zu tragen.
Ein neuer Trend, der auch zu der Hysterie passt, ist das Einschweißen von Lebensmitteln. Am Fleischstand mag es ja noch sinnvoll sein, bei Gemüse bin ich nicht so sicher. Dabei sind wir gerade dabei, die Verwendung von Plastiktüten auf das absolut notwendige Maß zu reduzieren. Wird wieder schwerer.
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Einer konnte entwischen:
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Andere Supermärkte, die vorher zur Selbstbedienung waren, sind jetzt auf Glastheke umgestellt worden und man kommt nur noch an die Ware, wenn man sich in die Schlange stellt und das Gewünschte ordert.
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Schöne neue Welt.

Der Schuster macht um diese Zeit immer Urlaub.
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Der Eingang zur WangFuJing, dem Einkaufsboulevard Pekings. Tote Hose würde ich sagen.
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DongZhiMen an der U-Bahn-Station. Als bedeutender Verkehrsknotenpunkt sieht er ziemlich verwaist aus. Ab und zu fährt mal ein Auto.
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Geschmückt ist überall schön. Durch den leichten Smog kommt das Rot besonders gut zur Geltung.
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Die NanLuoGuXiang quillt normalerweise auch nur so über von Menschen.
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Der HouHai-See ist auch nicht zum Eisvergnügen freigegeben. Das war vorgestern noch anders.
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Auch in den Hutongs ist nicht viel los.
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Hier kann man sehen, was mit Verkehrssündern gemacht wird: Die Nummernschilder werden reihum als abschreckendes Beispiel auf LED-Tafeln angezeigt. Immerhin sind es keine abgeschlagenen Köpfe auf Fahnenmasten. Das Virus macht dem Staat natürlich einen gehörigen Strich durch die Rechnung: alle tragen Masken, also sind die Gesichtserkennungskameras zur Zeit wertlos.
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Ich bin heute auch noch zum Verbotenen Platz gefahren. Das Parlament liegt auf der Westseite.
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Ah, Peking ist doch nicht von der Grünen Wolke heimgesucht worden.
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Das TianAnMen und die Verbotene Stadt und auch einige Mauerabschnitte sind für Touristen geschlossen.
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Grounded – Hausarrest

Dieser blöde Corona-Virus. Da will man mal im ruhigen Peking ein paar schöne Tage verbringen, denn nur an Chinese New Year ist es hier so schön menschenleer, da kommt diese Krankheit aus Wuhan um die Ecke.
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Wir sind zwar nicht in Quarantäne so wie die inzwischen über 60 Millionen Menschen in der Provins Hubei, aber es fühlt sich ein bisschen so an. Es geht fast kein Mensch mehr ohne Maske aus dem Haus. Tempelmärkte sind abgesagt. Museen geschlossen. Wir können froh sein, dass noch Geschäfte des täglichen Bedarfs offen sind. Hausarrest im Paradies.
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Seit der Virus nach Silvester ausbrach, sind wir wenig beunruhigt gewesen, denn allein in Deutschland sterben an der Grippekrankheit jedes Jahr 20.000 Menschen. Aktuell sind es in China knapp 50, die durch Corona den Tod gefunden haben. Aber China ist insofern natürlich besonders, weil so viele Menschen auf einem Fleck leben. Die Reiselust der Chinesen ist auch ein Problem. Die chinesischen Behörden reagierten gegenüber 2002 mit dem SARS-Virus rasend schnell und wie in den Nachrichten zu lesen ist, bauen sie bereits das 2. Krankenhaus in der Rekordzeit von 14 Tagen.

Die Verwandte eines Kollegen von Steffi arbeitet in Wuhan in dem Krankenhaus, in dem die meisten Infizierte behandelt werden. Als das Virus bekannt wurde, verließen alle Ayis, die Reinigungskräfte und sonstigen Helfer ihren Arbeitsplatz. Seitdem müssen die Verwaltungsmitarbeiter im Krankenhaus wohnen und dort auch Dienst am Patienten tun.

Die Chinesen haben eigentlich Glück, dass gerade nationale Feiertage sind. Das ganze Land ist sowieso im Ausnahmezustand und die wenigsten müssen arbeiten. Aber in 10 Tagen ist der Zustand wieder vorbei – was dann? Die Krankheit ist dann bestimmt noch nicht besiegt.
Ich selber leide abkliingend seit unserem Myanmar-Urlaub an einer Erkältung und muss noch oft husten. Auch mein Sohn quält sich noch etwas damit. In der Öffentlichkeit trauen wir uns schon nicht mehr, uns zu räuspern, damit wir nicht von maskierten Gesichtern böse angeschaut werden.
Wir können nur hoffen, dass das Virus möglichst schnell ausgerottet wird, selbst wenn wir nicht in Gefahr sind, daran zu erkranken.