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Es ist nur eine Grippe.

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Es könnte das Paradies sein.
Wir haben bestes Wetter, es ist zwar noch kalt, aber man kann es draußen in leichter Winterkleidung aushalten. Ein Tuch über den Mund trage ich trotzdem, manchmal auch eine chirurgische Gesichtsmaske. Beinahe täglich werden die Anforderungen im öffentlichen Raum verändert.
Seit vorgestern darf unseren Compound kein Ortsfremder mehr betreten. Das bedeutet, dass wir keinen Besuch empfangen können. Wollen wir uns mit anderen Menschen umgeben, müssen wir in eines der spärlichen noch geöffneten Restaurants oder Cafe´s gehen.
Seit mindestens vorgestern ist es aber ebenfalls nicht mehr erlaubt, zu mehr Personen als zu dritt an einem Tisch zu sitzen. Die Situation ist skurril, wenn man sich auf zwei Tische verteilen muss, obwohl man nur zu viert ist. Immerhin war man so nett, uns leere Teller zum Verteilen der Gerichte zu bringen. In China ist es ja üblich, sich mehrere Gerichte bringen zu lassen, von denen alle sich mit Stäbchen nehmen, was sie essen wollen.

Lange schon werden die Verkehrswege im Haus desinfiziert (Fahrstühle, Treppenhäuser etc.). Seit gestern sind in Ganzkörper-Overalls eingepackte Leute auch auf unserem Parkplatz unterwegs und spritzen alles ab, was Viren befallen können. Die Wachleute tragen schon seit einer Woche Staubschutzbrillen, weil angeblich das Virus auch über die Bindehaut übertragen wird. Das ist zwar überhaupt nicht gesichert, ebensowenig wie das Tragen von Gesichtsmasken eine Ansteckung sicher verhindern kann, aber wenn es die Leute beruhigt… Auch Plüschanzüge sollen helfen können;-))
BAERCHEN

Regelmäßig Händewaschen, Abstand halten und sich nicht anniesen lassen soll am wirkungsvollsten sein. Letztlich ist es nur eine Grippe.
Hinweise der Bundeszentrale für Gesundheit zum Coronavirus
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Ich war noch in den Hutongs unterwegs gewesen, aber gestern kam niemand mehr ohne Anwohner-Ausweis in die Sträßchen hinein.
Die U-Bahn fährt noch immer wie gewohnt, aber auch in der Hauptverkehrszeit sind die Waggons weitgehend leer.
Metro-Sanyuanqiao

Und ratet, welche Werbung gerade in den Waggons angebracht ist. Logisch, Desinfektionsmittel.
Metro-dettol-disinfectant

So sieht der U-Bahnhof Tian´AnMen Ost tagsüber aus, an dem sonst täglich zigtausend Leute ein- oder aussteigen.
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Der Verbotene Platz scheint jetzt wirklich verboten, denn es waren nur Soldaten zu sehen, als ich gestern vor dem Tor des Himmlischen Friedens stand. Um dorthin zu kommen, muss man mit Ausweis durch eine Kontrolle. Hier sind oftmals 3 oder 4 Schlangen geöffnet, denn täglich kommen bis zu 80.000 Personen zur Besichtigung.

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Mit mir waren gestern vielleicht 5 Privatpersonen um die Mittagszeit dort.
Alle tragen Masken in einer oder anderer Form.
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Der östlich der Verbotenen Stadt gelegene HuiHeYuan-Park war wie auch der JingShan Park im Norden verwaist. Die Kartenschalter sind nur mit einer Person besetzt, einzelne Jogger wichen mir schon von weitem aus; insgesamt kann man die Parks in diesen Tagen gut genießen, wenngleich es auch etwas langweilig ist.
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JingshanYuan

Die Paläste im Park sind jedenfalls nicht offen.
HuiHeYuan-Tor

Damit man den Ausgang findet. Wer weiß, ob wir nicht auch noch exportiert werden.
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Zum Glück ist noch ein wenig Normalität übrig geblieben.
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Da die meisten Restaurants kein Publikum mehr in ihre Räume lassen, sind auf den Gehsteigen Tische aufgebaut, an denen man sich Mittagessen zum Mitnehmen kaufen kann. In der Straße südlich des Trommelturms.
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Hier sieht man auch schön, dass der Hutong links bewacht wird.
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Paket- und Nahrungsboten haben Hochkonjunktur.
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Auch bei uns dürfen Pakete nicht mehr an die Haustür, geschweige denn an die Wohnungstür gebracht werden. Daher hat man dort, wo sonst Autos den Compound verlassen, eine Paketstation eingerichtet, wo die Pakete abgeholt werden können.
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Das war bis jetzt alles wahr, soweit ich es beurteilen kann. Nur noch ein bisschen fake-news von meinem Ausflug an die Verbotene Stadt:
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Immer wieder Hutongs

Hutongs haben es uns allen angetan. Die kleinen Gassen, in denen die meisten Häuser keine sanitären Enrichtungen haben außer vielleicht einen Wasserhahn, ziehen einen magisch an. Wie auch nicht, geben sie uns doch einen Einblick in das Leben von vor 50 Jahren oder mehr. Sicher haben auch hier Smartphones Einzug gehalten, aber wichtig ist etwas anderes. Zusammenleben.
Zuletzt habe ich die Hutongs nordöstlich des Himmelstempels „entdeckt“. Wenn man so mit dem Fahrrad hier herumfährt, kann man sich durchaus verfahren. Man findet immer auch wieder heraus, denn das Gebiet, das zwischen 20- und mehrstöckigen Häusern liegt, ist nicht riesig, und die Himmelsrichtung verliert man durch den zumeist rechtwinkligen Straßenaufbau auch nicht so leicht.
Im Stadtentwicklungsmuseum kann man erahnen, wie viele dieser niedrigen Bauten es im Innenstadtbereich noch gibt. Viele werden abgerissen und originalgetreu wieder aufgebaut. Der orangerote Teil ist die Verbotene Stadt, das Zentrum Beijings.
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Man muss sich wundern, wie viele Autos in diesen schmalen Gassen noch Platz finden. Ich würde jedenfalls nicht gerne hier einparken müssen. Man ist mit einem elektroberiebenem Dreirad meist besser bedient.
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Hier ein Bild aus dem WuDaoYing-Hutong von vor zwei Jahren.
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Die Leute hier machen es sich schon ganz nett. Überall gibt es kleine Gärten, Sitzecken oder Taubenställe.
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Die Farbe Grau muss man allerdings mögen.
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Ein anderer Hutong, den viele gar nicht kennen, liegt unweit der Deutschen Schule hinter der Amerikanischen Botschaft. An einem See gelegen, wo man für 40 RMB einen Platz zum Angeln mieten kann, liegt ein zur westlichen Lebensart krass gegenteiliger Wohnort. Teile davon werden schon seit einiger Zeit abgerissen. Es ist nur noch eine Frage von einigen Jahren, bis es das hier nicht mehr geben wird.
Abrisshaus hutong

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Wie gesagt, ein großer Teil des Lebens findet draußen statt.
Friseur

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Hutong an der DSP

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Die Menschen sind in der Regel freundlich und versuchen auch schon mal, ihren Unmut über die Stadtverwaltung oder die Regierung mit uns zu teilen. Leider komme ich mangels Sprachfertigkeiten nicht in tiefere Gesprächsgewässer. Hier wurde mir Opa gezeigt, der grade beim Essen einer Suppe mit Plastikschürze beschäftigt war.
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BeiHai-See

Es ist doch immer so, dass man das Naheliegendste nicht sieht. Daher waren wir erst einmal im Park um den BeiHaiHu, den mitten im Stadtzentrum nördlich der Verbotenen Stadt liegenden See.
Am Wochenende ist es immer voll, aber ich finde, gerade deswegen so schön. Es ist laut, weil es so viele Performer gibt. Hier wird getanzt, dort gesungen. Saxofonspieler treffen sich und tauschen Töne aus. Oma wird im Rollstuhl und Schlafanzug am Ufer entlang kutschiert und die Kinder werden auf den Hackenporsches hinterhergezogen.
Es gibt eine Insel, auf dem eine buddhistische Stupa steht.
Bai Ta-Pagode
Von oben kann man prima kucken.
Bai Ta Selfie
Diese Insel ist entstanden, als Kublai Khan damals einen See an dieser Stelle für sinnvoll erachtete. Der Aushub ist das Fundament für diese architektonische Highlight. Muss man sich mal vorstellen, wie viele Menschen dafür verpflichtet worden sind, denn alles musste mit Teelöffeln geschaufelt werden.
Sonne
Heute kann man hier wirklich seine Freude haben. Für Halbwüchsige ist das nicht wirklich was, wie wir am uns begleitenden JanIngmar feststellen mussten. Diese Altersklasse ist auch bei Chinesen nicht wirklich oft vertreten. Ich nehme an, die haben auch keine Zeit wegen der ganzen Hausaufgaben.
Postkarte
Die lieben Kleinen müssen mit und dürfen Boot fahren. Oder werden rumgetragen.
Bai Ta
Geldschein
Danach kann man am benachbarten HouhaiSee fein was essen, trinken und Seh-Mann sein. Hat mich sehr an die Alster erinnert. Nur dass es fast nie regnet.
Am Houhai See
Wir sind an das nördliche Ende vom Houhai gewandert, weil es dort einen Drachenbootruderclub gibt, wo man angeblich Paddelboote mieten kann. Man bekommt aber den Eindruck, sie wollen gar nicht so gerne mehr Kunden. Als Familie sollen wir eine Jahresgebühr von 2000 Kuai (knapp 300 EUR) zahlen und dürfen dann für 10 EUR/person ein Boot mieten. Pro Stunde versteht sich. Vielleicht finden wir im Olympia-Park eine günstigere Lösung.
Angeln könnten wir, auch umsonst. Das tun nämlich ganz viele Leute am Ufer, obwohl Verbotsschilder das streng verbieten.
Baggerinsel

BonBon #10

Wieder eine Ansammlung von Bildern, die in letzter Zeit bei meinen Spaziergängen entstanden sind.
„Ich greif mir jetzt das Feuerzeug , brenn alles nieder und dann verschwinden wir.“
Fluchtversuch

Am Stand daneben sind sie noch nicht soweit. Immerhin ist schon das schwarze Schaf gefunden, das den Kühltruhenschlüssel besorgen soll.
Im Ernst: Das ist eine besondere Art Huhn, das sogar schwarze Innereien hat. Sehr gut für Muskelaufbau, sagt man.
Schwarzes Schaf

Gestern war der schönste Regenbogen zu sehen, den ich je zu Gesicht bekommen habe.
Regenbogen Beijing
Regenbogen Beijing

Schulbeginn:
Schulweg

Schulschluss:
Schule ist aus

Hausaufgaben im Hutong:
Hausaufgaben

Hutongtoiletten:
Klo
Klo

Wer an der U-Bahnstation LiangMaQiao vorbeikommt, hat diesen Geige spielenden Blinden schon gesehen. Und hoffentlich auch Geld gegeben.
Chinesische Geige

Die Kunstharzspender beim Bambusfahrradbau-Workshop.
Kunstharzspender

Radfahren.
Radfahren macht Spaß

Das ist kein „echtes“ Motorrad, weshalb die Batterien von dem Bild eines Motors verdeckt werden. Hübsch gemacht.
E-Bike

Wer bekommt dieses Bild nach der Hochzeit?
Wer bekommt das Bild?

Außerirdische haben hier ihre Nahrung abgelegt. Oder was auch immer.
Worms from outer space

So, das waren aber viele diesmal. Macht richtig müde
Müde

Jetzt erstmal ausruhen.
Alles erledigt

Boo! Bamboo!

In der letzten Woche fand die Projektwoche an der Schule statt. Wochen vorher schon hat jeder Schüler 3 mögliche Projekte gewählt, von denen eines schließlich ausgewählt wurde.
Alle sollten Bezug zum Gastland China haben. Bei Basketball z.B. kann der nur hergestellt werden, indem man behauptet, das sei der beliebteste Sport in China (was stimmt) und die Teilnehmer mit chinesischen Spielern gemeinsam antreten. Andere Schüler lernen MahJiang zu spielen oder Scherenschnitte schneiden. Alles in allem vibriert die Schule vor Energie und die meisten Kinder sind voll dabei.
JanIngmar kam in das Chinesisch-kochen-Projekt – wir hoffen darauf, mal bekocht zu werden. Martje wanderte in den Hutongs und Museen herum und versuchte mehr über das Leben in den Hutongs zu erfahren. Solveigh schließlich kam in das Bambusfahrrad-Projekt. Ihr „altes“ Fahrrad ist ihr sowieso zu klein geworden. Es steht übrigens für kleines Geld zum Verkauf…
Im Langjia-Hutong in der Nähe des Trommelturms hat ein Fahrradverrückter seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und bringt vornehmlich am Wochenende Menschen bei, wie man aus Bambusstangen einen Fahrradrahmen zusammenbaut und schließlich zum funktionstüchtigen Rad komplettiert. Claudio kann nicht wirklich davon leben, so dass er in der Hauptsache Englisch lehrt. In den letzten 2 Jahren hat er mit seinem Team etwa 270 Fahrräder zum Leben erweckt – keines davon gleicht dem anderen. Falls jemand interessiert ist, auch ein Fahrrad bei ihm zu bauen: BamBooBikeBeijing
Bambus ist ein erstaunliches Material: die Stabilität bei kleinem Gewicht macht es nicht nur für Frühstücksbretter und Ess-Stäbchen ideal, im südlichen China sind ganze Baugerüste selbst an Hochhäusern aus Bamboo, Teppiche können daraus hergestellt werden und essen kann man es auch noch!
Fünf Kinder können sich ein individuell gestaltetes Fahrrad bauen und sägen, schmirgeln, bohren, wickeln und kleben 4 Tage lang.
Aber zunächst muss man einen Sack mit Bambusstangen haben.
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Die Räder werden auf die jeweilige Körpergröße ausgerechnet und an einem Wandgestell wird die Rahmengeometrie aufgetragen, damit alles schön rechtwinklig zueinander ist.
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Schon Tage vorher hat Solveigh sich überlegt und in Photoshop gemalt, welche Farbe ihr Rad bekommen soll (außer Bambusbraun).
Fahrrad
So sieht es am Ende aus:
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Dann werden die Teile zugesägt, angeschrägt oder mit Rundungen versehen, auf dem Justiergerüst angesetzt und mit Kunstharz, Glasfaser und schließlich Karbonfasern zusammengefügt. Das Lenklager und die Gabel, das Sattelrohr sowie die Ausfall-Enden (da, wo das Hinterrad schließlich eingesetzt wird) ist aus Metall.
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Am letzten Tag findet zwischen 2 und 4 Uhr die Präsentation der Projekte statt. Die Endmontage nimmt allerdings so viel Zeit in Anspruch, dass wir als Konvoi erst um 14:30 von der Werkstatt losfahren können. Die Räder werden an der Schule mit größtem Interesse begutachtet und ich glaube, es wird in nächster Zeit einige BambooBike-Mechaniker mehr geben.
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Mit 2000 Kuai für den Workshop und 700 für die Fahrradteile (zusammen knapp 400€) ist das jetzt kein ganz billiges Vergnügen, aber ein Fahrrad selber gebaut zu haben, hat die Kinder total stolz gemacht.
An drei Tagen keulten die Kinder tatsächlich acht Stunden und mussten daran erinnert werden, dass man mittags am Besten etwas Essbares zu sich nimmt.
3/5 der Ergebnisse:
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