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Myanmar #1, Yangon

Stell dir ein Land vor, in dem…

…die Bewohner, obwohl meist arm, riesige Felsbrocken, Buddha-Figuren und tausende von Tempeln mit Blattgold überziehen, so dass die Schichten teilweise mehrere Zentimeter dick werden.
…die meisten Männer, Frauen und Kinder in Röcken herumlaufen.
…die Bewohner Nüsse kauen, die das Zahnfleisch schädigen und die Zähne und Spucke rot machen.
…die Eisenbahn für 500 km 27 Stunden braucht (und für die letzten 80 km nach Kalaw 8 Stunden).
…barfuß Fußball gespielt wird, auf Asphalt!
…ein Fremder nicht argwöhnisch begutachtet, sondern neugierig und mit einem Lachen begrüßt wird.
…die meisten Menschen sich Holzpulver mit Wasser vermengt ins Gesicht schmieren und es schön finden.
…vor 50 Jahren der Linksverkehr auf rechts umgestellt wurde, aber trotzdem 90 Prozent aller Autos und LKW das Steuer noch auf der rechten Seite haben.
…vor sechs Jahren eine SIM-Karte noch umgerechnet 2.500 USD kostete und in dem wir 2018 weniger als einen Dollar dafür bezahlen mussten.
…in dem erst vor drei Jahren Internet über Funk (Smartphones) eingerichtet wurde und in dem wir fast überall schnelles Internet (4G) nutzen konnten.
…in dem muslimische Teile der Bevölkerung (Rohinya) verfolgt werden, weswegen viele Leute hier nicht Urlaub machen.

Dieses Land ist Myanmar. Als ich mit meiner damaligen Freundin vor 33 Jahren für eine Woche dort war, hieß es noch Burma. Längere Visa waren nicht erhältlich und der Weg, den man bereisen durfte, war streng festgelegt. Wir waren zwei von 1000 Touristen pro Monat.
shwedagonmoon

Meine Erinnerungen an die Reise damals besteht aus einem langen Aufstieg zur Shwedagon-Pagode, einer Bootsfahrt auf dem Irrawaddy, einer furchtbaren Busfahrt, einer Zugfahrt, einer nicht bis zum Ende beigewohnten Marionettenaufführung und dem herrlichen Sonnenuntergang auf einer der Pagoden in der Ebene Bagans. Das Frühstück bestand aus Kuchen und Tee mit Kondensmilch. Das meiste davon haben wir auch auf dieser Reise gemacht und es war für mich genauso magisch wie in längst vergangenen Zeiten.

Eingereist sind wir über Yangon, das früher Rangoon hieß. Die Engländer hatten hier lange ihre Finger drin und viele Bauten sehen noch so aus wie zu Königin Victorias Zeiten. Zum großen Teil genau so, ohne dass die Häuser viel Renovierung erfahren hätten. Auch ohne dass ich je in Kuba gewesen bin, erinnert mich Yangon an Bilder von dort. Dieselben leuchtenden Farben, das Licht am Abend, das Heruntergekommene.
yangon_houses

yangon_monks>

Die Stadt war lange Jahre Hauptstadt des Landes, bis die Militärregierung ein Dorf im Norden zum neuen Regierungssitz erklärte. So ähnlich wie Bonn in der damaligen BRD. Yangon ist aber noch immer die größte Stadt in Myanmar, gefolgt von Mandalay.

Kipling
Die größte Attraktion ist wohl die Shwedagon-Pagode, die gerade eingerüstet war, denn alle 3 Jahre wird sie neu mit Gold beklebt. Wir luden unsere Sachen im Hotel ab und gingen zu Fuß den Berg hinauf, um rechtzeitig zum Sonnenuntergang da zu sein. Bis 22 Uhr kann man dort herumlaufen. Birmesen haben freien Eintritt, Ausländer zahlen etwa 10 USD. Das ist auch anderswo gängige Praxis und m.E. völlig in Ordnung.
Eingang_Shwedagon

Das Gelände besteht nicht nur aus der Shwedagon. Rings herum sind weitere Pagoden angeordnet. Man weiß überhaupt nicht, wo man hinschauen soll.
Pano_Shwedagon_1

Am Fuß der Pagode werden Vögel verkauft, die oben freigelassen werden können. Hoffentlich.
Birds2

Dies ist die Sule-Pagode mit dem Independance-Platz:
yangon_sule pagoda_platz

Das mit den Namen Myanmars verhält sich übrigens folgendermaßen: Die Engländer nannten das Land nach dem hauptsächlich vertretenen Volksstamm (einer von 135) Burma. Da der Engländer Bööörma sagt, machten die Deutschen Birma daraus. Neuerdings soll der Name natürlich auch alle anderen Volksstämme repräsentieren, daher heißt es jetzt Myanmar nach einer alten Bezeichnung in früherer Besiedelung.[Wikipedia]

Unsere erste Tour am folgenden Tag war das Abfahren der Circle Line. Die Bahn braucht 2,5 Stunden für den gesamten Ring um die Stadt.
Eine Bahnstrecke, die mit Hilfe der Japaner erneuert werden sollte. Da es dann vermutlich keine superbilligen Tickets (200 Kyat=12 Cent), keine offenen Fenster und Türen, kein spontanes Auf- oder Abspringen mehr geben wird, haben die Yangoner sich dagegen entschieden. Transportiert werden z.B. Säcke mit Recyclingflaschen und an jeder Bahnstation steigt jemand zu, der bis zur nächsten Station Essen verkauft.
gleise

circle line

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Entlang der Gleise wird das abgearbeitet, was mit der Bahn angeliefert wird.
recyclingmüll

recyclingmüll2

circle line_SMQ_SQ

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circle line_gleise2

circle line_gleise_jungs

circle line_chitchat

Auch wenn JanIngmars Gesicht etwas anderes ausdrückt, war es doch total interessant.
circle line_JSMIQ

Jeden Morgen laufen Mönche mit Bettelschalen von Haus zu Haus und lassen sich Essen hineinlöffeln. Man kann ihnen praktisch nicht nicht begegnen, denn sie sind Teil der Gesellschaft. Jede Familie gibt wenigstens ein Kind für ein paar Monate ins Kloster. Sie müssen dafür mindestens 8 Jahre alt sein. Sie lernen dort die Sprache, in denen buddhistische Schriften verfasst sind. Ich glaub, die heißt Buddhistanisch.
yangon - youngmonks2

yangon - youngmonks

In der Nacht war ich mit JanIngmar noch unterwegs. Aus der einen Straße tönte es laut, das war sozusagen ein Gottesdienst für Buddhisten. Gottesdienst ist ja nicht richtig, denn Götter haben die Buddhisten ja nicht. Jedenfalls waren da Lamas (so heißen die Priester, wenn ich nicht ganz falsch liege) von fern angereist, um hier zu sprechen. Alle paar Meter war ein Lautsprecher und Flachbildschirme mit dem, was nur Weitsichtige am Ende der Straße sehen konnten.
yangon - strassenkirche

Noch ein paar Straßen weiter war abgesperrt. Bindfäden und Kreide markieren das Spielfeld. Fußballer kämpfen um mit Klebeband verstärkte Bälle. Oben schon erwähnt, barfuß. Einer hatte Sportschuhe an, aber der war in der Verlierermannschaft.
yangon - fussball2

yangon - fussball

Überhaupt sind sie hier auch fußballverrückt. Besonders ManU und Chelsea-Trikots sind vertreten. Hier ist der traditionelle Fußball der Birmesen in seiner modernen Form (Plastik statt Peddigrohr) zu sehen, mit dem sich die Feuerwehrleute in der Mittagspause geschmeidig halten.
yangon_fussball

Die Frauenfußballcompetition wurde gerade vorbereitet.
womensleague - superpower

Mehr Impressionen aus Yangon:
Yangon_Straße
Taschenmacher:
Yangon_Schneider

Von dem myanmarischen Essen waren wir nicht so begeistert. Dies indische Essen war mehr nach unserem Gaumen.
yangon_market_streetfood

Mit Visa kann man eher nicht bezahlen.
Visa2

Die Nacht kommt plötzlich. Zwischen 6 Uhr und 6:15 wird es dunkel. 6:30 pm auf dem Markt:
yangon_market_pomelo

Wir werden oft angesprochen. Wir verstehen oft einander kaum, aber das macht eigentlich nichts.
yangon_market_highfive

Ich kann nicht sagen, ob das Unabhängigkeitsmonument jeden Abend per Hand eingeschaltet werden muss, aber denkbar wäre es.
yangon_independance

Lass die Fantasie spielen.
yangon_in the cage

yangon_gitter_boy

Die Friseure werben außen mit „Western Hairstyle“ auf Plakaten.
yangon_friseur

Abendschule für den Computer:
yangon_elearning

Blau.
yangon_blau dixi

Werbung im Zentrum Yangons. Der Gecko ist echt, der Rest ist Plakat:
werbung_gecko

Auch hier wurde Visa nicht akzeptiert.
Visa

Wir fanden aber fast überall ATM (Automatic Teller Machines), aus denen wir je Zahlvorgang 300.000 Kyat=170 € (Tschat gesprochen) per Visa oder MasterCard abheben konnten. Ob ec-Karten auch funktionieren, weiß ich nicht. Soll aber so sein.

Und nie vergessen:
yangon_eversmile