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Normalität

Seit über 2 Monaten sind wir jetzt schon in Deutschland und vereint mit unseren Kindern, Eltern und Freunden.
Am Anfang waren wir seehr zurückhaltend damit, Leute zu treffen, vor allem Ältere. Das ist zwar schon weniger geworden, aber trotzdem schwingt es bei jeder Begegnung mit. Gleichwohl habe ich oft vergessen, eine Maske mitzunehmen, so dass ich wieder umkehren musste, um sie zu holen.
Ich schrieb ja schon, dass wir unser Auto, das ein Jahr in der Garage gestanden hatte, angemeldet haben. Das kam so:
Wir fuhren auf dem Rad mit den Papieren zur KFZ-Zulassungsstelle. Dort war nix los. Securityguards hinderten uns am Zutritt. „Haben Sie einen Termin?“ Da wussten wir gar nichts von. Wie lange es denn dauern würde, bis man einen bekäme. „3 bis 4 Wochen etwa.“ Oh, wir müssen doch aber mobil sein. „Da kann man nichts machen.“
Als wir bedrüppelt wegfahren wollten, kam die Security-Frau hinter uns her und wies auf das Häuschen der Schildermacherei. „Dort könnte man Ihnen helfen, schneller an eine Zulassung zu kommen.“ – Tatsächlich stand im Fenster ein handgeschriebenes Schild: Wir machen für Sie KFZ-Anmeldungen und Abmeldungen.
Für 30 Euro bekamen wir für den nächsten Tag einen Termin zur Abholung unserer Papiere. Kein Anstehen, kein Absabbeln mit Beamten.
Steffi fährt manchmal mit dem Auto zur Arbeit.
Benz
Leider hat der Benz uns zweimal im Stich gelassen. Daher kauften wir uns einen Zweitwagen, einen Subaru Legacy Outback. Das ist ein Auto, das moderner ist als alles, was ich bisher gefahren habe. Aber auch schon 16 Jahre alt. Da der Wagen beim Händler stand, ließen wir den die Zulassung erledigen. Das dauerte 5 Tage.
Als ich vor einer Woche ein neues Motorrad kaufte, war der nächste erreichbare Termin einen Monat entfernt. Aber die Schilderfrau half mir auch hier. Am folgenden Tag hatte ich das Nummernschild. Nur war der Preis für ihren Service inzwischen um 10 Euro gestiegen.
K1100RS

Nun könnte man denken, wir wären verrückt geworden oder wenigstens neureich. Aber der Subaru hat 4.700 gekostet, die BMW K1100RS habe ich bei eBay-Kleinanzeigen für 1.300 bekommen, so dass wir für insgesamt 16.000 Euro (den Benz hatten wir im letzten Sommer für 10.000 bekommen) 3 Fahrzeuge auf dem Hof stehen haben. Das finde ich nicht richtig teuer. Ein bisschen schönreden muss ich mir das natürlich schon, denn so viel Geld haben wir noch nie für unsere Mobilität ausgegeben.
Das Straßenbild in Deutschland erleben wir zumindest im Sommer als anders als in den Vorjahren. Viele Oldtimer und eBikes sind auf den Straßen. Und weniger Schrottkarren.
Inzwischen habe ich unsere Fahrräder auf Vordermann gebracht, auch mein fast 40 Jahre altes Rennrad fährt wieder wie in meiner Jugendzeit. Wie aber die meisten Leute in Deutschland haben wir zu viel von allem. Was uns durchaus Respekt, wenn nicht gar Angst abnötigt ist die Tatsache, dass wir nächste Woche unser Hab und Gut aus China geliefert bekommen. Das haben wir eigentlich in den vergangenen Wochen kaum vermisst. Nun sieht unsere Wohnung aber auch nicht so leer aus wie auf dem letzten Bild, das ich in Peking gemacht habe, also frage ich mich schon manchmal, wohin denn der ganze Kram hin soll. Zum Glück nehmen die Kinder einen erheblichen Teil in ihre neuen Behausungen mit. Martje ist ja bereits in eine WG umgezogen, die nicht weit weg von uns ist und Solveigh wird nach Brandenburg ziehen, wo soie ein Freiwilliges Soziales Jahr macht. Jan Ingmar macht auch ein FSJ, er lässt sich aber noch etwas Zeit mit der neuen Wohnung und bleibt im Hotel Papa. Am liebsten hätte er ein Zimmer in Hamburg, wenn sich nur was günstiges finden ließe.
leere wohnung

Ich glaub, ich melde schon mal den Sperrmüllwagen an. Wir werden sicher was wegschmeißen müssen.

Zu Hause

Wir sind in Deutschland angekommen! Wie das kam:
Der Flug von Shanghai aus war dann leider nix. Uns wurde gesagt, es wäre höchst unwahrscheinlich, dass man uns nicht in Quarantäne stecken würde, also versuchte ich am Tag nach dem Test den Flug umzubuchen. War ganz unkompliziert, vielleicht bekommen wir sogar Geld zurück. Jetzt hatten wir einen Flug direkt von Peking nach Kopenhagen.
Mit der Dänischen Staatsbahn und der DB kann man am Abend noch weiter bis zu unserem nächstgelegenen Bahnhof Elmshorn fahren. Von Beijing aus buchte ich bereits die Tickets für die Bahn. Die dänische Zollbeamtin wollte denn auch belegbar wissen, wie wir aus Kopenhagen weiterreisen würden.

Der Samstag galt also der Vorbereitung des Umzugs. Am nächsten Tag um 9:20 stand der Vorarbeiter mit Namen Kilo in der Tür und hielt einen Stapel Aufkleber mit der Aufschrift „STAY“ hoch. Alles, was er beklebte, sollte nicht mitgenommen werden.
stay

Ich glaube, das klappte auch ganz gut. Nur eine abgebaute Sisal-Lampe, die zum Hängen zu hässlich war, wurde fälschlicherweise eingepackt.
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voller lkw

Zwischendurch saßen wir zum Mittag noch auf der Parkbank an der nächstgelegenen Kreuzung und fragten uns, warum wir das nicht schon viel früher und öfter gemacht haben, denn was man an Menschen dort sieht, ist das Gegenteil von langweilig.
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Garantiert nicht vermissen werde ich die unfreundlichen Guards am Tor zu unserem Compound und ihre Widerwilligkeit, uns hineinzulassen, wenn wir nicht unsere ChuRuZheng, unsere Zugangskarte vorgezeigt hatten.
Ausgangsknopf

Nach sieben Stunden war die Bude leer, so dass wir duschen konnten, uns mit den Leuten von der Wandergruppe treffen und einen letzten schönen Abend verlebten. Denkt euch nichts bei der Fahne, es ist der am wenigsten nationale deutsch-norwegisch-chinesische Haufen, den man sich in China denken kann. Wir werden euch ziemlich vermissen!
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Die letzten Eindrücke von Peking waren so:
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Eine Mitreisende.
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AIRCHINA

Die ersten Eindrücke von Dänemark waren so:
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Nein, das ist kein Leihfahrrad-Haufen, sondern eine Abstellmöglichkeit für Commuter.
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Die ersten Eindrücke von Deutschland waren so:
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nebel

Von unserem ersten Spaziergang:
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krueckau

Alle Wiesen sind schön grün.
wiese

Inzwischen haben wir unser Auto angemeldet (gemacht), das ist noch mal eine andere Geschichte und es geht langsam in Richtung normales Leben.
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Sie machen zwar schon Führerschein, aber fahren dürfen sie nicht. Die hier, die darf alleine:
SQ Benz

Coronatest

Wir versuchen seit heute aus Peking zu fliehen. Da es sein kann, dass in wenigen Tagen gar keiner mehr aus der Stadt hinaus darf, wollen wir so schnell wie möglich nach Shanghai, wo unser Abflughafen liegt.
Damit man raus darf, muss man jetzt schon einen negativen Covid19-Test nachweisen. Zum Glück geht das relativ unkompliziert. Beim Sanfine-Hospital angerufen, 20 min später am provisorischen Registrierungstisch einen Code gescannt und ein Formular ausgefüllt. Dann 10 minuten warten und schließlich ein Wattestäbchen-Abstrich machen lassen.
test-covid19-draußen

Steffi hatte vor 4 Wochen schon einen machen lassen müssen, der war richtig schmerzhaft, da sie mit einem Holzspatel an der Schleimhaut gekratzt hatten.
test-covid19

Dies war nur wie eine leichte Berührung, dann wurde uns gesagt, das Ergebnis bekämen wir spätestens 72 h später als email zugeschickt.
Jetzt sollen sich nur die Bestimmungen nicht so schnell ändern, dann können wir Dienstag schon in SH sein. Sonntag kommen die Umzugsleute.

Masken

Bringt es etwas oder ist es sinnlos? Fakt ist, ohne eine Maske wird man schief angekuckt. Es ist fast genauso, wie als Steffi in Teheran ohne Kopftuch aus dem Haus ging, da wurde sie auch entgeistert angeschaut. Wir waren in Beijing schon beinahe auf dem Weg in die Normalität, als dieser neue Fall im Markt in FengTai auftauchte. Seitdem werden wieder keine Paketboten auf unser Grundstück gelassen, Fieber wird erneut mit mehr Enthusiasmus gemessen und alle wirken weniger entspannt. Seit heute bleiben auch wieder alle Schüler brav zu Hause, und die online-Beschulung wird wieder in vollem Umfang aufgenommen.
Dass unser Flug und der Weg nach Hause auch erschwert wird, ist ja selbstverständlich. Wir müssen frühestens eine Woche vor Abflug einen Covid-19-Test machen lassen, dessen Ergebnis nach 48 h vorliegen soll. Damit könnten wir dann hoffentlich nach Shanghai reisen und dort unseren Flieger nehmen.
Nach all dem frustrierenden Zeug hab ich wenigstens ein paar schöne Bilder zur Maskenpflicht.
Propaganda sagt einem, was zu tun ist:
maskenposter

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hutongboy

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Ticketschalter Cosplay

sunglasses

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Mini Sanlunche

Wie man damit Motorrad fahren kann, ist mir schleierhaft.
helmet

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Straßenfeger in der Dongsi-Straße.
Straßenfeger

Dies ist noch aus Zeiten vor Corona, als man Masken trug, weil die Luft so schlimm verschmutzt war. Das gibt es jetzt eher selten.
Maske

Das ist auch so eine Vor-Corona-Maske, die die Kälte vom Gesicht abhielt.
Bärchen-Maske

Mit Style auf der Kreuzung.
Maske

Manche nehmen es ganz ernst.
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Ein freundliches Lächeln macht ja so viel aus.
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VW-Maske

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Ist die nicht toll?
Maske-Schwan

Vermummung kann auch Fashion sein.
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In Sanlitun auf der US-Rakete.
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Der Chairman macht auch mit (ist natürlich photogeshopped)
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Und wir sowieso:
maskenkuss

Fotoprojekt: Face Matters

Am letzten Wochenende nahmen wir an einem Fotoprojekt teil.
Mo Lang und Jay haben ein Fotostudio mit noch zwei anderen Fotografen. Seit 2-3 jahren machen sie Portraits von Leuten, die Bock darauf haben, anschließend ihre Ausdrucke zu Kunst zu verarbeiten. Inzwischen haben sich mehr als 170 Menschen dafür gefunden.
„Alles geht“ ist die Devise.
Unsere Ergebnisse:
SQ-Art

JU-Art

Und hier ist noch mal eine Art Prospekt für die, die es interessiert. Wer Lust hat, selber daran teilzunehmen, soll sich bei Jay melden.
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Die Termine sind immer am Sonntag nachmittags. Hier das Plakat mit dem QR-Code für WeChat:
Face matters

Leere Stadt

Gaanz langsam scheint die Stadt wieder etwas zu beleben. Ich glaube, auch die Beijinger haben keine Lust mehr, die meiste Zeit in der Bude zu verbringen. Im PageOne-Buchladen:
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Von unserem Dach aus scheint die Welt in Ordnung, wenn man von den Masken absieht.
Tischtennis

Man könnte denken, es sei alles fast wieder beim Alten. Aber Samstags sieht es jedoch sonst hier viel voller aus.
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Im 798, dem Kunstviertel waren denn auch noch nicht viele Leute zu sehen. Was soll man hier auch, da nahezu alle Gallerien geschlossen sind. Touristen gibt es auch nicht mehr viele.
Die Straßenfegerin wartet darauf, dass jemand kommt und was auf den Boden schmeißt. Die Reinigung der Straßen scheint jedenfalls gesichert, auch wenn die anderen Arbeitenden gehalten sind, noch weiter zu Hause zu bleiben.
straßenfegerin

Die chinesischen Schulen, so hört man, werden ihren Betrieb wohl nicht vor April wieder aufnehmen. Die Deutsche Schule ist wie die anderen internationalen Schulen mind. bis zum 16. 3. geschlossen. Wir haben daher den Deutschlandaufenthalt unserer Kinder verlängert.
Wenn sie Mitte März wieder einreisen , werden sie wahrscheinlich nicht in Quarantäne müssen. Die Erziehungsbehörde besteht nach derzeitigem Stand aber darauf, dass sie 14 Tage die Schule nicht betreten dürfen. Die Schule ist da weiter gefragt, die Online-Beschulung weiterzuführen, bis alle wieder da sind.

Ich hatte es schon einmal geschrieben, dass die Menschen mit den gesichertsten Arbeitsplätzen die Paketboten sind. Sie haben auch noch weitgehend freie Fahrt.
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Da die Wohngebiete abgesperrt sind, liefert mancher seine Waren über die neu errichteten Wände aus. Man verabredet sich per Telefon und dann wird ein Paket rübergeschmissen.
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Wasserträger ist auch ein krisensicherer Job.
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Wie gesagt, im Kunstviertel habe ich es noch nie so leer gesehen. Vor dem Goethe-Institut allerdings, neben dem ein neues staatliches Museum frisch gebaut wird, ist reichlich Platz für sportliche Aktivitäten.
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Das neu enstehende Museum wird für 5 Jahre eine umfangreiche Picasso-Sammlung zeigen. Mein Freund Heyou soll dort als Assistent des Kurators anfangen. Ich hoffe, die Eröffnung noch miterleben zu dürfen. Im Moment sind die Fertigstellungsarbeiten nämlich auf Eis gelegt.
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dinos

Für die chinesische Wirtschaft ist dieser Stillstand eine Riesenscheißekacke. Am meisten tun mir die ganzen kleinen Geschäfte leid, die jetzt schon zwei Monate geschlossen haben müssen. In Hongkong höre ich, wird pro Person 10.000 HKD in bar ausgegeben, damit die Menschen nicht untergehen und die Wirtschaft am Laufen halten.
In China wird das sicher nicht passieren, da kann Supermario noch so betteln.
super mario

Mittags im Restaurant.
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Die Menschen kommen manchmal auf komische Gedanken.
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Panorama aus dem 27. Stockwerk

Ein kleines großes Panorama von unserer Dachterasse, damit nicht immer nur was Schlechtes über Beijing berichtet wird. Heute ist die Sicht gut und Smog fast nicht vorhanden.
Klick macht groß auf flickr.
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Links der organische erleuchtete Humpen in der Ferne ist das WangJingSoho, entworfen von Zaha Hadid (R.I.P.)
Die nahegelegenen Gebäude sind irgendwelche Bürogebäude und ein Hotel (ich nenne es das Vier-Kronen-Hotel).
Die hell beleuchtete Kreuzung ist die SanYuan-Brücke. Dort fahren wir mit dem Fahrrad entlang, um zur Schule zu kommen.
Rechter Hand liegt die Gegend um die Deutsche Schule, die ja nun immerhin für ihre Lehrer wieder geöffnet ist. Ein leichter Bogen links neben dem Hochhaus mit dem dreiecckigen erleuchteten Deckel markiert das Dach des Kempinski-Hotels (ca. 2/3 von links), das der Schule fast gegenüber liegt. Die Schule wird leider verdeckt.
Daran schließt sich rechts der Central Business District (CBD) an.
Fast ganz rechts im Bild kann man die „Unterhose“, das CCTV-Gebäude von Rem Kolhaas und links davon das z.Zt. höchste Gebäude Beijings, das ZhongGuoZun sehen.
Enjoy!